Fanazealord schrieb:
alle glücklich und zufrieden?
Das Buch der Unruhe als Nacht- und Morgenlektüre neben meinem Bett liegend, der sich dem Ende zuneigenden Zigarettenstange wehmütig nachblickend, das zweite Glas Sekt trinkend möchte ich dir diese Frage mit einem schlichten "NEINNNNN!!!" beantworten.
"Wieso?", werdet ihr Fragen. Oder auch nicht.
Nunja, die letzten drei Wochen waren so treibend, dass sie meiner Lebensphilosophie geradezu im Wege standen: das Prinzip der Trägheit, anyone?
Maturareise - dein schön ist mein schön. Ich reise eben mit. Weil es alle tun. Weil es die sozialen Beziehungen pflegt, ihr wisst, die - wenn auch nur spärlich vorhandene - klasseninterne ...Kommunikation. Oder so.
Ich war bereits im Flugzeug ein wenig angetrunken. Man musste ja Abschied feiern. Eine Woche ist die Welt. Für meine Freundin und mich. Irgendwie. Eine Woche. Was ist das schon? Nicht mehr als sieben Tage. Ein Tag vergeht rasant - am frühen Nachmittag aufstehen. Essen. Fernsehen. Internet. Die Sonne geht unter? Es werde Nacht! JA! Naja, ihr wisst schon. Der übliche Tag. Was sind da schon sieben Stück davon? Ein Hauch von Nichts. Wäre dieses Nichts doch nicht so überaus Bedeutungsschwanger.
Man geht einfach nicht schlafen, wenn man frisch um halb 7 Morgens in Tunesien bei 25 Grad ankommt. Die Angestellten begrüßen uns mit großer Geste - Getränke und Applaus inklusive. Applaus für wen? Für uns, abgefucktes Pack, Sportfreaks und -trinker. Aber bitte. In den Getränken war zumindest Alkohol. Applaus für das abgefuckte Angestelltenpack! *clapyourhandssayyeah!*
Das Zimmer suchend bestand in mir nur ein Wille - den Strand besichtigen und im Meer baden gehen. Die letzten Wochen haben dieses Bedürfnis heraufbeschworen. Erzwungen haben sie es! Trister Schulalltag? Adee! *dumusstniemehrindieschulegehenduwirstdaslichtdeineslebensvordirsehensing*
Es war erfrischend. Nach mehr als sechs Stunden Hinreise und drei Stunden Warten ein wenig mit geselligen KompanInnen (Man versteht sich ja auch mit Mädchen gut und möchte nach Schwarzer´schem Befinden keine Möglichkeit auslassen, ein gepflegtes "-Innen" zu "subfixen" (Kinder- und Kinderinnen, wtf?)) im Salzwasser zu planschen und zu scherzen. Nach Scherzen war uns auch zu Mute. Was ich danach konkret gemacht habe? Fragt mich nicht. Ich weiß es nicht mehr. Der Abend ist allerdings etwas klarer. Er glich den vielen Abenden zuvor und wird den - nicht mehr so einsamen - Abenden danach gleichen. Daraus zu resümieren erscheint nicht schwer. Nicht schwer. Wir haben getrunken. Und wie. Wie die Bären. Die Drinks waren zwar entweder komplett beschissen oder lediglich mit einem Hauch von Scheiße behaftet. Hat man allerdings genug davon getrunken, konnte man einen rauschähnlichen Zustand erahnen. In diesem Zustand der Schwere, die zugleich erfüllt war mit Leichtigkeit, vermochten wir es, knappe 50 Stunden ohne Schlaf zu verharren. Ich. Mein Mitstreiter, passionierter Partygänger und aktive Faulheit in Person, hielt länger durch. Siehe erstes Prädikat. Ich musste kapitulieren. Kapitulieren vor der unsäglichen Müdigkeit, die mich tagelang nicht schlafen ließ, kapitulieren vor der unübersichtlichen Menge an Zucker, die wohl ausschlaggebende Ursache für meine aktive Apathie war, kapitulieren vor den Gegebenheiten der Gesellschaft - dem Leistungsdruck, der Maschine Mensch. Das geht zu weit - ich schlief ein. Mit dem sanften Raunen der Vögel. Oder war es das Zwitschern? Zwitscherten sie, um bei den Vogelschlampen anzubandeln, oder weil sie mir das Schlafengehen in fürher Morgenstund neidig waren? Wollten sie mich bei aller Macht wach halten? Es gelang ihnen, es wird ihnen gelingen. Aber in rührseligen Minuten, in Minuten der völligen Melancholie erklingen diese hohen Töne in anmutiger Pracht, so als würden sie mich in den Schlaf wiegen. So als würden sie mich in den Schlaf wiegen. Das schafften sie auch diesmal wieder, obwohl sie mir den langersehnten Schlaf neidig waren. Neid - eine Todsünde. Ich fröhne aber auch der Völlerei in kleinem Ausmaße. Wer bin ich zu urteilen? Nichts. Ich werde weich. Weicher. Ich biege mich. Besser: mein Körper biegt sich. Im anfänglichem Stadium zuckt er noch. Er zuckt. Warum zuckt der Körper beim Einschlafen? Ich durfte es schon etliche Male beobachten. Er zuckt einfach. Auch sie zuckt! Warum? Diese Frage stellte ich mir. Ich war aber bereits zu müde, um sie zu beantworten. Haben die Schlafforscher das schon herausgefunden? Ich schätze schon. Das ist bestimmt keine schwierige Frage. Einfach in der Stellung, simpel zu beantworten. Sicher so etwas wie: Weil der Körper sich wehrt zu schlafen!
Schöne Vorstellung.
Was ich geträumt habe? Das tangierte mich nur spärlich am nächsten Morgen. Ich war energisch wie immer. Also gar nicht. Aber ich wollte ja irgendwie nichts versäumen, obwohl es mir egal war, was sich so zutrug. Mein Frühstücksgetränk? Gin Tonic. Meine Morgenstimmung? ...Gin Tonic. Mein Tagesablauf? Noch Fragen?
Hey, ich war in Tunesien. Scheiße. Sollte man das nicht auskosten. Sich nicht so verhalten, wie zuhause, nur anderswo? Sollte man? Nicht?
Tunesien. Klein, im Norden von Afrika. Irgendwie nur Slums auf der Busstrecke. Häuser, wie vom Krieg zerstört. Verendete Tiere am Straßenrand. Hitze am Morgen. Sand. Staub. Sand. Staub. Feinstaub.
Feine Hotelanlage, dieses Magic Life. Mit Essen, das so mitteleuropäisch ist, wie nicht im tiefsten Mitteleuropa. Ich war hier zuhause. Mein Essen. Nur entnahm ich es nicht einem Topf, sondern einer Vitrine, mit einem großen, metallernen Behälter darin. Behitzt, damit das Essen ja nicht kalt wird. Spaghetti, Nudeln, Nudel und Reis, Gemüse. Etwas Fleisch und Nudeln. Früchte. Ohja, Früchte. Lebensquell. Vitaminreich und fruchtig, dieses Obst. Achja, Wasser aus den Leitungen durfte man nicht trinken. Nur Wasser aus Flaschen. Irgendwie scheiße. Ich hänge meinen Mund gerne unter einen Wasserhahn und lasse das Wasser nur so hineinfließen. Nur so.
Ach du meine Güte, ich bin abgeschweift. Wohin geht das ganze? Ich führe hier kein Tagebuch. Ich will hier Drama präsentieren. Wir sind im Asyl. Das für einsame Seelen. Ich bin nicht einsam, zumindest nicht oberflächlich betrachtet. Ich habe eine Freundin. Hatte ich nach dem Aufenthalt in Tunesien und eine gewisse Zeit in diesem Land wohl nicht gedacht. Eine Freundin. Einen Menschen, der dir beiseite steht. Der sich dir deiner annimmt, der sich dir ergibt, dir wehrlos gegenüber steht, gerne vor dir kapituliert, mit großer Geste, sich bemüht, nicht vor dir zu weinen, um Stärke zu zeigen. Wo im Weinen doch soviel Stärke liegt. Heiße Tränen.
Nun, ich habe eben mehr als eine Stunde mit ihr telefoniert, bin währenddessen müde geworden. Zu so früher Stunde! Der Sekt zeigt nunmal seine Wirkung. Eine Flasche musste doch echt nicht sein.
Also, vielleicht hab ich euch hier eine Art "Cliffhanger" vorgesetzt, den es heute am späteren Nachmittag aufzulösen gilt. Ist es interessant? Oder redundant? Beides zugleich? Nun, wenn es mich dünkt, werde ich fortsetzen. Mein Mitteilungsbedürfnis kommt nicht von irgendwo und meine gerade eben in akribischer Kleinarbeit verfasste Geschichte hat nur ihre Einleitung erfahren.
Hier geht es noch bei Weitem nicht zur Sache. Nicht annähernd.
Das ist halkyonischer Stil! Ruhe vor dem Sturm. Sturm der Liebe.
Oh! Wie Seifenopern. So kommt mir das alles manchmal vor. Eingeseift. Opernhaft. Theatralisch in der Geste und mild im Gestus. Bitte bald weiterlesen. Oder nicht.