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Die Taverne "Zum lachenden Eber" - ein Nachruf

Kora erschien - wie so oft - aus der leeren Luft mitten im Zimmer.
Die Frau begrüßte sie mit einer herzlichen Umarmung.

  "Falls Du Dein Bett suchst - das ist belegt..."

Kora warf einen Blick auf Shar'Tel, die sich an ihrer Tasse festhielt.

  "Dein Beruhigungstee? Gib mir auch einen..."

Die Heilerin holte leise lachend eine weitere Tasse.

  "Kannst Du mir erklären, was die beiden haben? Daß der Junge vollkommen verrückt nach ihr ist, muß jeder Blinde sehen."

Die Amazon zuckte zusammen.
Die Heilerin zog eine Augenbraue hoch.

  "Ich hätte es nichtmal bemerkt, sie bewegt sich ausgesprochen sicher... So ist sie seine Waffe?"

Kora zog die Schultern hoch.

  "Zu Anfang war es vielleicht das... aber Du hast Recht, er liebt sie."

Die Heilerin nickte.

  "Und sie?"

Wieder zog Kora ihre Schultern hoch.
Eine hilflose Geste.

  "Sie teilt sein Zimmer, aber ..."
 
Shar'Tel führte den von Koramin begonnenen Satz fort:

  "...aber ich liebe ihn nicht.
Ich habe es versucht, aber es geht nicht. Unsere Ansichten und Ziele sind zu verschieden."

Dann schwieg sie und starrte ihre Tasse an.

  Ich möchte doch nur jemanden haben, an dem ich mich anlehnen kann, wenn ich selbst nicht mehr weiter komme.
 
Kora schüttelte sen Kopf.

  "Du kennst seine Absichten und Ziele nicht - bis auf das eine, das Du teilen dürftest. Du kennst nur seinen Schmerz. Er braucht jemanden, der ihn hier festhält und ein bischen Trost gibt. Es ist nicht seine Schuld, was sein Vater ist, auch wenn er das denkt."

Sie ging zu Shar'Tel und legte den Arm um die Amazon.

  "Ich hatte gehofft, daß Du ihn davon überzeugen würdest, daß er kein Monster ist. Du könntest es - wenn Du es wollen würdest."

Sie wandte sich ab.
Kurz wandte sie sich noch an ihre Pflegemutter.

  "Wenn Eran auftauchen sollte, er soll es mir nicht übel nehmen, aber irgendjemand muss sich um Kyprioth kümmern."
 Was wird aus dem Spiel des Mannes im Schatten, wenn der Spielleiter sich selber aus dem Spiel nimmt? Er ist nicht der Einzige, der Figuren anderer Farbe für sich beanspruchen kann, aber der Einzige, der weiß, welche Figuren stehenbleiben müssen, damit ein gewisses Gleichgewicht gewahrt wird. Und welche fallen müssen...
 
Shar'Tel war aufgesprungen, als Koramin die Treppe erreicht hatte und hielt sie am Arm fest.

  "Nein, warte.
Ich werde mich um ihn kümmern.
Endschuldigt. Ich war in letzter Zeit ein wenig egoistisch."
 
Kora schüttelte den Kopf.

  "Das ist es nicht, er hat Dir Angst gemacht, nichtwahr?"

Sie wartete nicht auf eine Antwort.

  "Er hat mehr Angst vor sich selber - oder dem, was er befürchtet sein zu können, weil er Yngvars Sohn ist - als Du je vor ihm haben wirst."

Shar'Tel wußte, daß Kora keinen Kommentar erwartete.
Sie betrat das Zimmer.
Es war nicht groß, zwei einfache Betten, ein Tisch und ein Schrank sowie zwei Stühle bildeten außer dem kleinen Öfchen in der Ecke die einzige Einrichtung.
Kyprioth hatte die Lampe brennen lassen, und so konnte Shar'Tel die Wärme der Flamme von Tisch spüren.

Der Necromancer schien zu schlafen.
Leise trat die Amazon ein und machte sich erst einmal daran, das Feuer anzufachen.
Es war kalt in dem Zimmer.
Als sie isch schließlich vorsichtig auf die Bettkante setzte, griff Kyprioth nach ihrer Hand und vergrub sein Gesicht darin.
 
Sie hob mit ihrer Hand sein Kinn an, sodass er ihr in die Augen blicken konnte. Mit ihrer Linken griff sie sein rechtes Handgelenk und und legte seine Hand auf ihre Brust. Deutlich spührte er ihr Herz schlagen und auch, dass alle fünf Takte einmal heftiger schulg.
Sie hingegen genoss die heilende Wirkung des Händeauflegens. Denn ein seelischer Knoten an dieser Stelle drohte ihr die Luft zum Atmen zu nehmen.
 
Kyprioth richtete sich auf und zog Shar'Tel in seine Arme.
Er vergrub sein Gesicht in ihrem Haar und hielt sie sanft an sich gedrückt, während eine Hand beruhigend über ihren Kopf streichelte.

  "Ich dachte ich hätte Dich verloren" flüsterte er.
 
  "Aber jetzt bin ich ja wieder da.
Gerade Du müsstest ja wissen, dass ich allerlei unalltägliche Situationen ganz gut meistern kann.
Ich war nur erschrocken, als ich gesehen habe, wie du allmählig ich deinen Ängsten versinkst. Ich wollte da nicht mit reingezogen werden, also bin ich dir aus dem Weg gegangen. Das war ein Fehler. Aber jetzt bin ich ja da um dich da rauszuholen.

Kyprioth, lebe!

Lebe mit mir!"
 
Kyprioths Gedanken wanderten.
Alleine - wenn Shar'Tel so von ihm abrestoßen gewesen wäre, dann hätte das bedeutet, daß er Recht hatte.
Er war wie sein Vater, in gewisser Weise.
Dann wäre es besser gewesen, die anderen von seiner Gegenwart und Beeinflussung fernzuhalten.
Es wäre schwierig gewesen, sich vor Kora zu verstecken - sie kannte ihn zu gut.
Aber wahrscheinlich hätte er es geschafft.

So...
Die Frau in seinen Armen war für ihn das Wunderbarste, was ihm je begegnet war.
So sehr, daß er vergessen konnte, was ihn bedrückte.
Und er wünschte sich nichts mehr, als daß sie das auch so empfand.

  "Gut. Können wir jetzt zurückgehen und ein angemessenes Abendessen von Yngvar fordern?"

Kora stand in der Tür.

  "Du hattest mich gebeten, für Dich den klaren Kopf zu behalten. Insofern: Keiner erwartet von euch, daß ihr euch beim offiziellen Abendessen blicken lasst, aber wir müssen zurück. Leute, ein paar Tage, dann haben Leharas und Neeraj alles zusammen, und wir können uns absetzen. Eran wird glücklich sein, wenn wir wieder wo sind, wo wir nicht mehr aufpassen müssen, das wir nicht aus der Rolle fallen..."

Kyprioth hob bedauernd den Kopf.

  "Abkürzung?"

Kora nickte.
Sie wartete, bis die beiden vor ihr standen und ihre Mäntel angezogen hatten, dann packte sie beide.
Übelkeit griff nach dem Magen der Amazon, als Bilder sich mit kurzer Verzögerung abwechselten, da die Umgebung ständig wechselte.
Aber so dauerte es nur ein paar Minuten, bis sie in Kyprioths Zimmer standen.
Kora nickte den beiden zu, das Gesicht grau vor Erschöpfung.

  "Ich bestelle euch was zu essen..."

Damit verließ sie das Zimmer.
 
Shar'Tel wischte sich die Benommenheit aus den Augen.

  "Sie hätte mich wenigstens warnen können. Ich hab mich gerade gewundert, was da so zieht.
Wo sind wir? In unserem Zimmer? Wäre es nicht sinnvoller gewesen, von draußen zu kommen?

Wie auch immer. Ich glaub ich braucherstmal ein bisschen, bevor ich wieder was essen kann."
 
Kyprioth lachte.

  "Grobe Schätzung so 1 - 1 1/2 Stunden, bis Kora zufrieden ist mit dem, was die Küche so hergibt. Die Köche werden bis dahin am Durchdrehen sein, und das ganze Haus wird die Augen verdrehen über die kleine Primadonna. Normalzustand. Alle sind zufrieden."

Er legte einen Arm um Shar'Tel und führte sie zum Bett.

  "Setz Dich erstmal etwas. Ich hätte Dich warnen sollen - sie hätte Dich warnen sollen, sie ist es, die noch klar denken kann..."
 
  "Na wenigstens einer, der hier noch normal denken kann. Dann weiß ich ja wen ich fragen muss, wenn ich die Funktion, die die Krümmung meiner Schwertklinge beschreibt, rekonstruieren möchte."

Kyprioth schaute sie mit ungläubigen Augen an.

  "Ein Scherz! Du meine Güte, nu lach doch mal.
So miesepetrig wie du sonst immer bist, da wird man ja ganz depri."
 
Kyprioth lachte.
Er lachte nicht über den Schwerz, sondern über Shar'Tels Gesichtsausdruck, der schwer zu beschreiben war.
Und die Art, wie sie versuchte, ihn aufzumuntern.
Einfach einmalig.
Er legte seine Arme um die Amazon, zog sie an sich und hielt sie fest.

  "Es tut mir ja sehr leid, aber ich kann Dich heute leider nicht mehr loslassen. Wirst wohl so essen müssen. Wenn Kora damit fertig ist, das Haus auf den Kopf zu stellen..."
 
Jetzt fing auch Shar'Tel an zu kichern.

  "Könnte vielleicht etwas umständlich werden, aber nein halt. Das könnte so gar ein Vorteil für mich sein. Du weißt: ich bin blind. Das heißt ich muss mich beim Essen immer tierisch zusammen reißen. Gerade dann, wenn so viele Personen zugucken."

Sie atmete noch einmal tief durch.

  "Dann lass uns mal raunter gehen und schauen, was die Anderen sich so haben einfallen lassen."
 
Kyprioth schüttelte den Kopf.

  "Kora holt Essen hier her. Sie wird dann Eran durch die Wand holen, und wir vier können uns mal normal verhalten beim Essen. Yngvar würde sich wundern, wenn ich heute auftauche."
 
  "Ja ok, das geht. Ich hatte mich wirklich gewundert. Aber meinst du nicht, dass das auffallen könnte, wenn Kora Nahrung für Vier Personen in diesen Raum bringt, oder bringen lässt, oder wie auch immer sie das anzustellen gedenkt?

Ich mache mir nur Sorgen - ich mache mir in letzter Zeit recht viele Sorgen - mache mir Sorgen ob wie gehört werden können. Was ist wenn die Wände Ohren haben?
Also bildlich gesprochen jetzt.
...Naj vielleicht...
das sind Steinwände, keine Bretter, wie in den Häusern meiner Heimatstadt.
Was mir schon wieder eine neue Frage in den Sinn teibt."

Shar'Tel hielt kurz inne um Luft zu holen und damit Kyprioth die Gelegenheit zu geben den keiner Linie folgenden Wortschwall zu schlucken.

  "Welchen Ort - unabhängig davon, ob ihr ihn mir schon gezeigt habt - nennt ihr...äh...du...nennst du deine Heimat?"
 
Kyprioth senkte den Kopf.

  "Keinen. Dafür hat er in aller Ausführlichkeit gesorgt. Selbst im Hause meines Bruders bin ich nicht mehr wirklich willkommen, und meine Mutter ist tot..."

Er stand auf und ging zu einer wand, klopfte dagegen.

  "Bad. Außenwand. Erans Zimmer. Flur. Der Boden ist Lärm- und Wärmegedämmt mit Strohmatten, die Decke auch. Auf dem Flur steht Leharas und jagt alle weg, die diesem Zimmer zu nahe kommen. Keine Ohren. Und Kora holt genügend Essen, daß doppelt so viele Leute satt werden könnten. Du brauchst Dir keine Sorgen zu machen."
 
Irgendwann später hatte es Koramin geschaft ganze Berge von Köstlichkeiten aufzutischen und alle - das hieß sie, Shar'Tel, Eran und Kyprioth - ließen es sich schmecken.

  Ja so könnte man das Leben fast genießen.

Als alle vor sich hinkauten und es der kriegerin zu ruhig wurde, fragte sie:
  "Ich hatte das Thema zwar schon angesprochen, aber Koras Meinung dazu interessiert mich auch.
Meinst du, Kyprioth, dass es einen Ort auf dieser Welt geben kann, den du zu deiner Heimat erklären kannst?
"
 
Kypriotn, Eran und Kora wechselten einen Blick.
Dann sah der Necromancer wieder auf seinen Teller und schaufelte weiter schweigend Nahrung in sich hinein.
Der Elb sah eine Wand an, möglichst weit von Shar'Tel entfernt.
Kora seufzte, dann beantwortete sie die Frage.

  "Nicht, solange Yngvar lebt."
 
Eran war satt - nein er war mehr als das, er platze gleich.
Sein Blick wanderte von Shar'Tel zu Kyprioth, dann stupste er Kora an.

"Sollten wir denen nicht noch ein wenig Zeit für sich geben?"

Der Elb fuhr sich durch sein langes Haar - blickte Kyprioth an und lächelte.
 
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