Sehen Sie nun eine weitere Folge von "Mein Leben mit Spike, Frodo und mir"!
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"Ich hab Spike geweckt!" verkündete Frodo während er aus der Dachluke kletterte.
"Wie du das nur immer schaffst?!" seufzte Saturn und nahm einen Schluck Tee aus der Tasse, die er in den Händen hielt.
"Ich hab da eben so meine Mittel..." grinste der Hobbit verschwörerisch.
Unten hörte man Spike grummeln und fluchen, aber Saturn stellte einfach den Ghettoblaster, den er aufs Dach mitgenommen hatte, an und sofort erschallten "Die schönsten Opernchöre". Die waren lauter als ein müder und gewaltvoll geweckter Vampir.
"Ich glaube du bist der einzige Mensch in diesem Haus der klassische Musik in einen Ghettoblaster steckt!" meinte Frodo.
"Ich bin der einzige Mensch in diesem Haus... definitionsgemäss!"
"... und das Spidermankostüm, denkst du, kann da vernachlässigt werden?!"
"Ich bin Alchimist, wir können ALLES vernachlässigen oder annähern wenn wir wollen!" [kleiner Insider
]
Frodo setzte sich neben Saturn und wackelte mit den Zehen.
"Im Herbst sind die Sonnenuntergänge viel schöner!" meinte er.
"Vor allem sind sie viel früher..."
Eine Pause entstand, als Saturn nochmals an seinem Tee nippte.
"Sonnenuntergänge sind äusserst faszinierend! Zum Beispiel würde man auf dem Merkur nicht diese Farben dabei sehen, und es gäbe auch kein Abendrot! Denn das wird durch Staubteilchen in der Atmosphäre gemacht, und der Merkur hat keine Atmosphäre. Auf der Venus dafür sind die Wolken so dick, dass man praktisch garnichts sieht, und dort geht die Sonne auch im Osten unter und im Westen auf!
Aber hier auf der Erde haben wir die Ozonschicht, die den Himmel so blau färbt, und genug kleinsten Staub, der uns das Abendrot beschert!"
Der Ghettoblaster blasterte nun den Mondchor aus Otto Nicolais "Die lustigen Weiber von Windsor" in das Ghetto auf dem Dach, das aus ein paar Spatzen und Saturn und Frodo bestand.
"Und das beste ist: Wenn wir die Sonne untergehen sehen, ist sie eigentlich schon längst unter dem Horizont, aber weil sich die Sonnenstrahlen in der Atmosphäre brechen und so ein wenig geknickt werden, können wir sie immernoch sehen. So wird der Sonnenuntergang quasi noch extra verlängert, damit alle sich genug an seinem Anblick laben können, so wie wir zwei hier oben!"
Der Ghettoblaster machte eine kurze Pause, in der man Spike von unten "Geht die blöde Sonne dann endlich mal unter?!" rufen hören konnte, bevor nun der Chor aus der Zauberflöte einsetzte:
O Isis und Osiris,
welche Wonne!
Die finstere Nacht
erstrahlt der Glanz der Sonne!
"Was siehst du dort?" fragte Frodo.
"Die Wolken über dem Horizont glühen rot. Es ist, als wäre die Welt dahinter zu Ende, und an ihrer statt brennt dort nun ein gigantisches Inferno, ein riesiges Feuer, das aus allem dringt und nichts verzehrt. Sein warmes Glühen dringt durch jedes Lebewesen, und leiht allen Dingen seinen Schein, so dass die Welt wie Gold und Kupfer glänzt! Und inmitten des Infernos steht dort der Messias und hält triumphierend einen Ball aus Feuer empor wie den heiligen Gral.
Und wie wir zwei nach Westen blicken, so ist auch die ganze Aufmerksamkeit jedes Vogels, jedes Baumes, nur dorthin gerichtet, wo sich die Schöpfung selkbst zelebriert, und alle frohlocken und lassen den Ruf erschallen, den wir verlernt haben zu hören!"
Der Ghettoblaster sang nun "Da zu dir der Heiland kam" aus Richard Wagners "Die Meistersinger von Nürnberg"
"Ich bin ganz ergriffen..." flüsterte Frodo.
"Meine Hand ist auch sehr ergriffen!" meinte Saturn. "Du zerquetscht gerade meinen Ringfinger, Frodo!"
Der Hobbit lockerte seinen Griff.
Sie sassen noch so eine Weile. Die Sonne war inzwischen untergegangen, aber der Horizont glühte immernoch wie nicht von dieser Welt.
"Ich habe Hunger!" quengelte Frodo.
"Das ist nichts neues!" seufzte Saturn und rollte mit den Augen. "Komm, wir holen Spike und gehen in die Taverne!"
Der Alchimist unterbrach den Ghettoblaster, der gerade den Schlusschor von "Tannhäuser" abspielte, und half Frodo dann durch die Dachluke zu klettern.
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Heute etwas sentimental, aber nunja, ich wohne im vierten Stock Richtung Westen, den Rest könnt ihr euch denken
Dafür gibt es diesmal kein Moral-von-der-Geschicht-Rad