Coil lag auf dem harten, unbequemen Bett der Taverne in seinem Zimmer und dachte nach. Im angetrunkenen Zustand fiel ihm das leichter. Deshalb war er nun auch das erste Mal seit über fünf Jahren wieder über ein Glas Wein hinaus.
Er hatte sein Verhalten von zuvor gründlich analysiert und war zu dem Schluss gekommen, dass er sich zu diesem Zeitpunkt nicht unter Kontrolle gehabt hatte. Die Trunkenheit, die die Begegnung mit diesem Yawgmoth hervorgerufen und seine innersten Instinkte geweckt hatte, war verloschen. Nüchtern betrachtet blieb ihm nichts anderes übrig, als sich selbst als Narren zu bezeichnen. Die Kontrolle zu verlieren bedeutete, alles zu verlieren. Er musste sie zurückerlangen. Irgendwie.
Er sollte gehen. Das wäre besser. Irgendwohin. Sonst würde vielleicht noch etwas geschehen, wovon er zuvor nicht einmal zu träumen gewagt hatte.
Ein erstickter Schrei war von Unten zu vernehmen.
Coil schob seine Gedanken beiseite, schwang in einer eleganten Bewegung die Beine aus dem Bett und ging gemächlichen Schrittes aus dem Zimmer. Vielleicht fand unten ja etwas statt, was ihn von seiner Grübelei ablenken konnte. Zwar würde auch Yawgmoth noch dort sein, doch das kümmerte ihn im Moment wenig. Er würde seine Nachricht erhalten haben. Er hoffte es inständig.
Über das Treppengeländer warf er einen Blick hinunter in den Schankraum.
Zuerst sah er viel dunkles Blut. Verdammt viel Blut. Es breitete sich in kleinen Wellen weiter über den Holzboden aus, versank teilweise in den Zwischenräumen der Holzbohlen, streifte Stuhlbeine und Schuhe. Der „Verursacher“ dieses Missgeschicks saß an der Theke und ließ gerade einen Dolch unter seiner Kleidung verschwinden.
Dass der Typ, der sein Opfer geworden war, überhaupt noch mehr oder weniger aufrecht stand, war ein kleines Wunder. Auch ohne das Blut war er keine Schönheit. Groß, dünn, schlampig gekleidet und vor Schmutz (und jetzt auch Blut) triefend.
Nur wenige beachteten ihn überhaupt.
Coil ging die Treppe hinunter und setzte sich, umsichtig einen Platz zwischen sich und dem Typen freilassend, der offensichtlich gerade den Neuankömmling so kaltblütig umgelegt hatte, an den Tresen. Wer allerdings so töten konnte, wie Coil sich aus den Gegebenheiten zusammenreimte, hatte zumindest seine Beachtung verdient. Er hob sich das Lob für später auf.
Der Geruch von Blut stieg ihm in die Nase, und er verzog angewidert das Gesicht, bestellte sich einen Absinth und leerte ihn in zwei großen Zügen. Danach ging es ihm besser und sah er sich noch einmal um.
Jemand, offensichtlich ein Gehilfe des Wirts, machte sich gerade daran, die Blutspuren zu beseitigen, die der Fremde hinterlassen hatte. Er selbst lag, immer noch in gekrümmter Haltung und leise wimmernd, auf dem Fußboden.
An einem Tisch in einer Ecke sah er Yawgmoth und Lith. Ersterer hatte sich nur kurz an dem Spektakel geweidet und dann schnell wieder seinem Gegenüber zugewandt. Coil schien er nicht gesehen zu haben. Vielleicht war das auch ganz gut so.
Sich wieder seinem Getränk widmend erschien auf Coils Gesicht ein mildes Lächeln. Er würde noch ein wenig bleiben. Zumindest, solange sich keine Gefahr anbahnte.