• Herzlich Willkommen!

    Nach der Schließung von inDiablo.de wurden die Inhalte und eure Accounts in dieses Forum konvertiert. Ihr könnt euch hier mit eurem alten Account weiterhin einloggen, müsst euch dafür allerdings über die "Passwort vergessen" Funktion ein neues Passwort setzen lassen.

    Solltet ihr keinen Zugriff mehr auf die mit eurem Account verknüpfte Emailadresse haben, so könnt ihr euch unter Angabe eures Accountnamens, eurer alten Emailadresse sowie eurer gewünschten neuen Emailadresse an einen Administrator wenden.

Ich denke, also bin ich [Fortsetzungsroman]

Sooo...

Samstag!

Es folgen drei Kapitelchen, die hoffentlich Gefallen finden werden, und gleich eine angekündigte Ankündigung.

ANKÜNDIGUNG

...ich bin jetzt eine Woche WEG. D.h., Verbesserungsvorschläge bis heute Abend werde ich noch beachten, Dank für Lob aussprechen, danach wundert euch nicht. Und ich komme erst Sonntags zurück, also müsst ihr einen Tag länger warten.

Dafür bekommt ihr mehr.

Das große Tristram - Special wartet auf euch!

Fünf Kapitel voller Spannung, Action, Blut und Leichen!

Ihr dürft gespannt sein...

Yawgmoth
 
Kapitel 20 – Holzkopf Tonschwert

Was soll ich sagen? Nach ungefähr zehn kleinen bis mittleren Monstergruppen (große sind es wirklich wert, sich daran zu erinnern – mitsamt Todesgefahr und wichtigen Gegenständen, ja ja...) sind wir nun endlich wieder im Tageslicht angelangt.
Nicht, dass mir Dunkelheit etwas ausmachen würde – aber dem Meister anscheinend schon, zu erkennen an seiner wachsenden Nervosität, als sich das düstere Gewölbe doch etwas länger hingezogen hat, als von Kaschya angekündigt.
Jetzt redet sie schon wieder kein Wort mehr mit ihm, und er schmollt auch, weil er denkt (das weiß ich, weil er es auch laut gesagt hat), dass sie ihn ungerecht behandelt, er ist ja „auch nur ein Mensch“.
Sie hingegen findet es lächerlich, dass er sich manchmal „kindisch“ aufführt.
Ich auch, aber wer fragt mich denn?
Wenigstens hatte er etwas zum Spielen, der Kleine, hehe. Das Fähnchen erzeugt einen mächtigen Fluch, der dafür sorgt, dass Verfluchte sehr viel empfindlicher werden gegenüber jeglicher Art von physischem Schaden (Kratzer, Schläge, Schwerter, und Tod).
Das Ding flattert am Stab des Meisters, bereit für den Einsatz gegen unsere Feinde.
Kaschya hätte sich angeboten, den Fluch selbst zu sprechen, damit der Meister sich mit den Skeletten beschäftigen kann.
Er hingegen hat abgelehnt, weil „der Heerführer immer die besten Waffen hat“, er „damit schon klarkommt“ und außerdem „nur ein richtig guter Totenbeschwörer wie ich das Ding überhaupt als wichtig erkennen konnte“
Er hats gefunden, er darfs behalten. Seufz...wie kindisch, genau.

Soweit, so gut. Das Bergmassiv liegt also hinter uns, wir haben einen Fluch, eine Jägerin, einen kindischen Meister und vier Skelette. Der Golem ist genervt, aber da kann ich jetzt wenig dagegen machen. Ich überlege sowieso schon die ganze Zeit, was ich unternehmen könnte, aber soweit fällt mir nichts ein, außer, den Meister so lange nicht mehr zu gehorchen, dass er entweder in Tränen ausbricht oder einen Weg findet, mich loszuwerden – ich weiß nicht, was schlimmer wäre – dann könnte ich es bei Kaschya versuchen (unwahrscheinlich!) oder ich könnte viel Zeit und Energie darauf verwenden, endlich Sprechen zu lernen.
Zeit hat eine dumme Maschine genug, nämlich dann, wenn die schlauen Menschen schlafen. Wird es vielleicht bald Nacht oder was?
Nicht, dass ich ungeduldig wäre, NEIN!

Es ist nur so, dass es mich stört, wenn alle denken, dass ich dumm bin. Nur stört.
Wo ist bloß dieser Baum?

Egal. Wir folgen einfach dem Trampelpfad, der aber schon recht alt zu sein scheint, und an manchen Stellen muss man den Weg mehr erahnen als dass man ihn sehen kann. Nicht mein Problem, allerdings...
Und schon nach einem Weilchen treffen wir wieder auf Monster. Kleine fliegende Viecher, die mit ihren ledrigen Flügeln aber ganz schön heftig schlagen müssen, um überhaupt schweben zu können. Ein langer Schwanz erschwert die Sache noch zusätzlich. Ich denke nicht, dass eine solch misslungene Art von Dämonen irgendein Problem darstellt...

...

Wir sind wieder auf dem Weg. Was ist denn aus den fliegenden Flatterern geworden? Ich blicke zurück und sehe eine gewaltige organische Masse, relativ willkürlich auf dem Boden verteilt, aber sie könnte mal eine runde und recht hohe Form gehabt haben. Alles ist voller Dämonenkadavern, und ein Staubhaufen zeigt mir, dass die Dinger doch gereicht haben, um ein Skelett zu besiegen.

„Normalerweise sind die Faulkrähen ja eher eine Plage für Bauern...“

Gibt Kaschya zu bemerken. Wohl meint sie die Gegner; ich speichere es ab.

„Aber dass die so schnell aus ihren verdammten Nestern kommen, ist das normal?“

Aha, der Meister verrät mir, was da so geplättet am Boden liegt. Wie interessant – ein Nest? Na und?

„Ganz sicher nicht! Aber was ist heutzutage schon normal – wahrscheinlich noch am ehesten, dass im Sekundentakt neue Generationen geboren werden, heranwachsen und dann doch an deinen Skeletten sterben...“

Es ist ein mühsames Stück Arbeit, meine furchtbaren Gedächtnislücken zusammenzustückeln! Zum Glück zeigt sich Kaschya kooperativ, ohne ihr Bewusstsein. Das unförmige, birnenförmige etwas, das nun zerstört ist, ist ein ganz normales Faulkrähennest, bloß, dass dort höchst schnell neue „Krähen“ heranwachsen, um zu kämpfen. Fall gelöst.

Der monotone Grashorizont wird durch einen Schatten unterbrochen – etwas zur rechten unserer Gehrichtung. Ich fürchte, meine werten Begleiter haben es nicht bemerkt, weil sie gerade in eine interessante Diskussion über das Paarungsverhalten von Faulkrähen verstrickt sind.
Ich gehe einfach in Richtung des Schattens, sonst wird das nichts...

„Hey, wo willst du denn hin? Komm gefälligst her und bleib in meiner Nähe! Schau, Kaschya, er tut es schon wieder!“

„Ich schätze mal, er hat dein ‚auf zum Inifuss – Baum‘ von vorher einfach zu wörtlich genommen – schau doch mal, was dahinten ist!“

„Ein Stein wie der von vorher?“

„Manchmal sagst du Sachen, die mich an deiner Intelligenz zweifeln lassen, General – das ist doch der heilige Baum, den wir seit Ewigkeiten suchen! Alle anderen verdammten Gestrüppe sind viel kleiner, weil diese Ausgeburten der Hölle nichts am Leben lassen, was größer ist als ein Hund!“

„Und warum steht der dann noch? Jetzt seh ichs auch...“

„Magie natürlich.“

Tolle Erklärung, Kaschya! Das beantwortet alle meine offenen Fragen, vielen dank.
Wenn ich für jedes Rätsel um die Magie, das mir in meinem kurzem Lebe...in meiner kurzen Existenz begegnet ist, einen Handschlag bekommen würde, hätte ich keine Arme mehr. Aber warum sollte man auch das Unerklärliche erklären?
Weil man eine an“geborene“ Neugier hat?

„Du, Kaschya, der Baum ist aber nicht der einzige Schatten dahinten – und die anderen Schatten bewegen sich auch noch...“

Oh du höhere Gerechtigkeit, schon wieder ein Kampf! Dieses Land ist so was von Dämonen verseucht, man könnte mit ihnen diese nicht existenten Trampelpfade pflastern!

Natürlich muss man sie erst umbringen.

Ich ramme meine Schwerthand in den Bauch eines riesigen Ungeheuers, locker zweimal so groß wie ich, ein verunstaltetes Gesicht zwischen zwei Schultern, die Arme, dich wie Baumstümpfe halten, genauso breit wie hoch, bedeckt mit verfilztem Fell.
Diese verdammten Erinnerungsprünge! Wenigstens kann man sich darauf verlassen, dass mich meine Kampfpersönlichkeit im Stich lässt, wenn ich nicht mehr denken kann. Andererseits ist sie auch der Grund für die Lapsen!

Ich sollte nicht so lange denken! Als ich wieder etwas sehe, liegt das tote Vieh auf mir drauf, ich bin nicht rechtzeitig weggekommen, als es umfiel.
Runter, du Ding! Mit viel Schieben, Drehen und Aufwand schaffe ich es, mich freizubekommen. Vor mir tobt ein Kampf.
Ich – werde – nicht – denken.
Ich laufe auf eines der Monster zu. Sie sind wahnsinnig schnell! Aber ich bin schneller, gerade so. Warum ist dieses hier so schnell? Es ist hinter dem Meister her, der um sein Leben rennt.
Die Skelette verlassen ihren jeweiligen Kampfplatz, um dem Meister zu folgen. Sie zumindest können Befehle nicht frei interpretieren; wenn man ihnen sagt, sie sollen in seiner Nähe bleiben, dann tun sie es auch.
Eine der Bestien springt heran und zerschmettert das Skelett, das sich mit dem Verschwinden am längsten Zeit gelassen hat. Noch mehr Ärger!
Aber zumindest habe ich das laufende Monster eingeholt. Ich springe auf seinen Rücken, suche den lächerlich kleinen Kopf.
Meine Klinge findet ihr Ziel, ich falle zeitgleich mit dem Gegner. Der noch im Tod ausgestreckte Arm verfehlt seine Beute, den Meister, nur um eine Fußlänge. Ihn wirft es zu Boden.
Neue Feinde kommen von hinten, ich schätze, grob sechs Stück.
Die Details verschwimmen.
Eine riesige Hand, die meinen Kopf packt.
Mein Arm tief in den Eingeweiden eines Feindes.
Der Große mit der anderen Fellfarbe steht vor mir.

Ist der wohl wieder einer ihrer Helden? Ein besonderer Heerführer der dämonischen Armeen? Ein ehemaliges Alpha – Tier?

Ich beende meinen Gedankengang zusammengesunken am Fuße des Inifuss – Baumes. Eines meiner Beine fehlt glatt, mein Arm wäre gebrochen, hätte ich Knochen.
Wie ein Berserker reißen die brutalen Tiere unsere Skelettreihen auf. Ein Skelett fällt, ein neues entsteht, zwei fallen.
Ich muss unbedingt wieder mitkämpfen.
Aber meine Sinne schwinden...

NEIN! Ich rappele mich auf und falle sofort wieder hin, mein Bein fehlt ja.
Ich muss neuen Ton sammeln...nur noch ein Skelett steht vor dem Meister.
Mindestens zehn Pfeile ragen aus dem Bauch einer Bestie, aber Kaschya ist nicht zu sehen. Das getroffene Tier zerquetscht den Schädel eines Skeletts, nicht im Mindesten von den Pfeilen gestört.
Ich lege mich flach auf den Boden. Nicht ablenken lassen – mehr Erde, mehr Erde...
Langsam wächst mein Bein nach. Ich darf nicht zulassen, dass ich wieder weggewirbelt werde wie vorher! Die Gegner sind auf lebendes Fleisch aus, sie beginnen, die Skelette einfach aus dem Weg zu werfen. Der Meister kann sich vor Anstrengung kaum noch auf den Beinen halten.
Ich nehme an Masse zu. Ein neues Gefühl, das ich bisher noch nicht kannte, erfüllt mich!
Vor dem Meister landet ein Monster, ein normales.
Er hat nicht mehr genug Kraft, um auszuweichen und erwartet mit geschlossenen Augen sein Ende.
Ich war so kurz davor...nein, nein, verdammt!
Die Brust des Feindes explodiert in einer Wolke aus Blut. Wie eine Brücke ohne Fundament fällt er als Fleischhaufen zusammen.
Kaschya muss herausgefunden haben, wie Blutrabes Bogen funktioniert!
Diese Ablenkung war genug.
Ich bin auf dreifache Lebensgröße angewachsen und überrage sogar die Untiere an Höhe. Schon wieder läuft ein Monster auf den Meister zu...
Ich packe ihn mit einer gewaltigen Pranke an der riesigen Schulter.
Mein breites, langes Schwert zerschneidet ihn mit Leichtigkeit in zwei Hälften.

Ich kann das Gefühl, das mich erfüllt hat, jetzt genau beschreiben. Dieser Inifuss – Baum ist ein wahrer Hort der Magie, denn Magie ist immer die Erklärung für das Unerklärliche.
Das Gefühl heißt Macht.

Der Große versucht sich zu retten, nachdem ich alle seiner Brüder getötet habe.

Mit nur drei Schritten bin ich bei ihm. Mein linker Arm findet seinen linken. Mein rechter Arm ...
ist ein Schwert. Ich lasse es zerfließen, mache eine Hand daraus und packe ihn am anderen Ende.
Ich ziehe und grinse dabei böse, weil es mir Spass macht, den Wächter des Baumes zu töten, richtigen Spass.

Einer seiner Arme reißt ab und versprüht Blut über die Landschaft.
Fast flehentlich sieht er jetzt zu mir auf, der Narr! Er hätte sich nie mit mir anlegen sollen.
Mit seinem eigenen Arm schlage ich so lange auf ihn ein, bis nur noch eine undefinierbare Masse übrig ist.

Gerade rechtzeitig! Ich fühle, wie ich zu schrumpfen beginne. Moment! Ich will diese Macht behalten! Ich kann damit mehr anstellen, als jemand so beschränktes wie der Meister! Ich...

...liege am Boden.

„Mein Gott, was hat dein Golem bloß angerichtet! Warum hat er das vorher noch nie gemacht?“

„Kaschya, das ist mir so neu wie dir. Ich habs dir gesagt, er ist echt unheimlich!“

„Und diese Brutalität ... kann das arme Tier etwas für die dämonischen Kräfte, die auf die Welt losgelassen wurden? Wenn er ihn hätte ziehen lassen, dann wäre er befreit worden, sobald wir Andariel getötet haben... oh Gott...ich erinnere mich wieder an die Geschichten von Baumkopf Holzfaust, dem Wächter des Inifuss – Baumes...“

Die Macht ist verschwunden, und mit zitternden Beinen stehe ich langsam wieder auf, während Kaschya Tränen über das Gesicht rinnen. Was habe ich vorher zum Krieg herausgefunden? Krieg ist nichts schönes und edles, Krieg tut allen weh, die daran teilnehmen, und trifft immer die Unschuldigen...
Warum nur habe ich dazu beigetragen, dass noch mehr Unschuldige leiden müssen?

Die Macht ist weg und macht einem neuen Gefühl Platz...
Scham.



















































Kapitel 21 – Reflexionen

Ich kann immer noch kaum fassen, was die Magie des Inifuss – Baumes mit mir angerichtet hat. Mordlust und Machtstreben als selbst erlebte Emotionen waren mir immer fremd. Und am meisten schockt mich, dass ich auch nur in Erwägung ziehen konnte, mich über den Meister hinwegzusetzen. Welche versteckten Kanäle meines Denkens hat diese furchtbare Kraft namens Magie nur in mir erweckt? Der Gedanke, dass jene Grausamkeit und Bösartigkeit immer noch in mir schlummern könnten, bringt mir tiefe Übelkeit.
Überhaupt – es gibt genug Bereiche meiner Selbst, die mir gänzlich fremd sind, und das darf nicht so sein!
Was genau geschieht zum Beispiel, wenn meine Kampfpersönlichkeit die Kontrolle übernimmt?
Ich muss dieses Mysterium lösen, sonst stelle ich eine Gefahr für mich und alle dar.

Einerlei. Dadurch, dass ich derart viel Erde aufgesaugt habe, magiegetränkte Erde, die den ganzen Schlamassel erst verursacht hat, ist ein riesiger Krater mit dem Inifuss – Baum im Zentrum entstanden, dessen Wurzelwerk nunmehr freiliegt. Darin klettert der Meister gerade herum. Kaschya dagegen hält schon eine ganze Weile ihren Bogen auf mich gerichtet, die Sehne gespannt, der Pfeil glühend.
Ich habe mich noch nicht bewegt, aber jetzt drehe ich den Kopf, um den Meister voll ins Blickfeld zu bekommen.

„Halt, du Drecksklumpen! Wenn du dich auch nur ein Haarbreit bewegst, dann ist dein Kopf verdammt noch mal Geschichte!“

Ich schätze, Kaschya ist ein wenig nervös, nicht dass ich es ihr verdenken könnte...ich wäre wohl auch nervös, wenn zum Beispiel der Meister auf einmal seine Körpergröße verdoppelt hätte und angefangen, Kaschya zu verprügeln.
Also verhalte ich mich ruhig und betrachte das erste Mal den Inifuss – Baum genauer. Blattlos, knorrig, die Rinde geschwärzt und die Äste wie flehend in den Himmel gestreckt, gebietet er ein trauriges Bild. Und doch wohnt ihm eine stille Würde inne, eine Erhabenheit, die die Gefährlichkeit seiner Magie Lügen straft. In einer toten Welt, die von Dämonen zerfetzt wurde und die die Mächte des Bösen immer mehr an den endgültigen Abgrund herantreiben, stellt er einen einsamen Pol des Lebens und der Hoffnung dar, welche, wie ich aus eigener Erfahrung weiß, trügerisch sein kann. Missbrauchen wir die Mächte und Mittel, die uns im Kampf gegen das Dunkel zur Verfügung stehen, dann enden wir selbst auf der Seite des Dunklen. Jede Waffe ist zweischneidig, und die gewaltige Kraft der Magie ist immer eher gegen dich gerichtet als gegen deine Feinde.
Diese wichtige Lektion ist es, die ich aus meinen Erfahrungen mit der Magie ziehen muss, eine bittere, aber auch bitter notwendige.



























Kapitel 22 – Der Weg nach Tristram

„Kaschya, ich hab was gefunden!“

Ja, ja...der Meister übertreibt mal wieder. Wer was gefunden hat, ist ein Skelett – aber egal. Endlich ist Kaschyas Aufmerksamkeit einmal abgelenkt und ich kann aufstehen. Mir können natürlich keine Muskeln einschlafen, aber langsam wurde mir langweilig.
Triumphierend hält der Meister ein kleines Holzkästchen in die Höhe.

„Das muss es sein! Es war genau in der Mitte unter dem Stamm!“

Kaschya läuft zu ihm, ich gehe hinterher.
Wir stehen in einem Kreis um das Kästchen. Mit großer Geste stößt der Meister den Deckel auf.
Darin liegt eine Schriftrolle aus vergilbtem Pergament, aber ohne Risse und Eselsohren, in perfektem Zustand.

„Sie ist es wirklich! Die Inifuss – Schriftrolle mit der Gebrauchsanweisung für den Teleportkreis!“

„Nicht so schnell, du Held, wie oft denn noch! Wir können gar nicht wissen, was darauf steht, weil kaum einer die alte Runensprache entziffern kann. Akara wird wissen, was hier steht.“

Ich sage nichts, weil ich nicht sprechen kann.

„Gut, gut. Hol den Golem und wir machen uns sofort auf dem Weg.“

Kaschya dreht sich um zu der Stelle, wo ich gesessen bin. Sie sieht mich natürlich nicht – ich stehe genau neben ihr.
Ich tippe ihr auf die Schulter. Sie zuckt zusammen.

„Was machst du denn hier? Ich hab dir gesagt, du sollst dich nicht rühren! Verdammt noch mal!“

„Kaschya, Kaschya...ich habs dir gesagt, mit dem Ding stimmt was nicht...“

„Von wegen, General, das liegt nur an deinen ungenauen Anweisungen! Und jetzt los, wir haben schon viel zu lange gebraucht! Wir sind die einzige Hoffnung für Deckard Cain!“

Oh, über dem ganzen Trubel der letzten Zeit hätte ich doch fast unsere Mission vergessen – Schande über mich. Natürlich müssen wir noch den Armen befreien, der, von Dämonen entführt, in Tristram schmachtet...

„Jetzt zieh schon dein Stadtportalbuch raus, General, wir können es uns nicht leisten, zu trödeln!“

„Kaschya, beruhig dich doch...der Wegpunkt ist nur hundert Schritte weg von hier, ich hab genau aufgepasst...“

„Interessiert mich nicht! Benutz dein verdammtes Buch und beeil dich!“

„Kaschya, die Dinger sind teuer...ich geh schon mal voraus, los, Skelette....“

Und ohne auf Kaschyas Antwort zu warten, die mit offenem Mund dasteht, rennt der Meister vom Inifuss – Baum weg.
Die Anführerin der Jägerinnen sieht aus, als würde sie gleich explodieren, als sie ihm schnaubend nachrennt.
Ich hinterher.
Tatsächlich erreichen wir in Kürze den Wegpunkt, aber ich gebe zu, das ist wirklich furchtbar egoistisch vom Meister – was, wenn diese kurze Zeit genau die ist, die wir zu spät kommen, um Deckard zu retten?
Kaschya für ihren Teil sagt ihm genau das, aber der Meister ist nicht aus der Ruhe zu bringen und verweist wieder auf seine Führerrolle.

„Wir sind sofort da, Kaschya, jetzt reg dich doch mal ab! Wir brauchen eh ein Stadtportal, um den Wegpunkt zu aktivieren, so schlagen wir zwei Fliegen mit einer Klappe, ist doch logisch.“

„Wenn es nicht zu lange dauern würde, würde ich dich zur Schnecke machen! Jetzt beeil dich!

In aller Seelenruhe packt der Meister das Buch mit den losen Blättern aus und liest bedächtig den Spruch vor. Langsam geht es aber wirklich zu weit.
Endlich öffnet sich das blaue Portal. Der Meister kopiert noch die Runen des Wegpunktes, während Kaschya durch das Portal rennt und dabei die Inifuss – Schriftrolle mitnimmt.
Kaum sind wir hindurch, sehen wir Akara. Sie hat Ringe unter den Augen, und unsere Begleiterin steht neben ihr und redet auf sie ein.

„Hallo General...wie ich sehe, war der erste Teil der Mission erfolgreich. Ich bete, dass wir noch rechtzeitig waren, um Deckard zu retten...“

Ist Akaras Bemerkung in einer Redepause von Kaschya, die sich über die „Faulheit“ und „Nachlässigkeit“ des Meisters ausgelassen hat – und sie ist noch nicht am Ende.

„Akara, wir haben keine Zeit für lange Reden. Am besten übersetzt du diese Schriftrolle so schnell wie möglich und wir machen uns auf den Weg!“

„Schon gut, Kaschya – die Übersetzung ist ja schon fertig. Die Reihenfolge, in der ihr die Obelisken berühren müsst, habe ich hier aufgeschrieben...“

„Danke, tschüss, jetzt komm endlich, du Held!“

Und schon rennt Kaschya zum Wegpunkt im Lager der Jägerinnen, spricht die Formel für das Feld der Steine und ist verschwunden.
Der Meister steht dümmlich da und grinst Akara an.

„Ich verstehe Kaschyas Eile nicht ganz, Akara...du kannst mir doch sicher noch diese Wegpunktlokalisierung übersetzen?“

„Kaschya hat vollkommen recht, und das solltest du einsehen! Jetzt folge ihr schnell, alleine kann sie Deckard nicht befreien! Ich erledige das für dich!“

Der Meister ist ganz offensichtlich überrascht von Akaras plötzlicher Feindseligkeit. Unrecht hat sie ja nicht...
Ich denke nicht, dass Akara in den letzten eineinhalb Tagen, seit sie uns das letzte Mal gesehen hat, geschlafen hat, sie hat wohl auch dauernd auf unsere Rückkehr gewartet und wird jetzt einen trödelnden Meister sicher gar nicht gerne sehen...
Ohne ein Wort zu sagen, geht der Meister, etwas betreten, auf den Wegpunkt zu. Akara sitzt sicher auf glühenden Kohlen, sie ist furchtbar unruhig, weil er immer noch nicht bemerkt hat, wie ernst die ganze Sache doch ist! Ich renne schleunigst an ihm vorbei, um ihn zu zwingen, auch schneller zu gehen.
Tatsächlich folgt er mir ohne Kommentar, juhu.

Am Feld der Steine angekommen, erwartet uns ein Schlachtfeld. Ich stehe in einer Masse aus Kadavern von toten blauen Dämonen, alles ist von ihrem Blut befleckt.
Dem Meister fällt nur Ekel dazu ein, was er laut bekundet, mir fällt ein, dass Kaschya gerade um ihr Leben kämpft. Also renne ich in eine weitere Masse aus Gegnern, die allerdings noch leben, und helfe ihr, die mit dem Rücken an einen Stein Pfeil um Pfeil den Angreifern entgegenschickt. Offensichtlich haben sie uns hier erwartet!
Aber der geballten Kraft von vier Skeletten und einem Golem sind sie nicht gewachsen.

„Das wurde aber auch Zeit! Was denkst du dir eigentlich, herumzutrödeln und mich hier fast verrecken zu lassen?“

„Kaschya, er tut mir Leid, aber ich bin doch auch nur ein Mensch! Diese ganze Aufregung und das Kämpfen und Alles, das macht mich langsam fertig! Ich hab schon seit Tagen nicht mehr geschlafen, und dass ich dauernd Angst haben muss, macht die Sache auch nicht gerade leichter!“

Der Meister ist wohl auch ganz schön fertig. War ich unfair, wenn ich ihn gedanklich kritisiert habe? Auch nur ein Mensch, wohl wahr...
Auch Kaschyas Gesichtsausdruck wird nach dem Ausdruck des Meisters milder, dem jetzt sogar Tränen über das Gesicht laufen.

„Schon gut, schon gut, General. Ich bin genauso kaputt wie du. Aber wir dürfen nicht vergessen, dass der Ausgang des Krieges gegen das Böse auf unseren Schultern ruht! Gerade jetzt dürfen wir uns keine Schwäche erlauben!“

„Kaschya, du hast recht...aber ich bringe uns alle in Gefahr, wenn ich nicht bald etwas Ruhe bekomme! Ich habe vollkommen vergessen, dass ich mit diesem tollen Fluch unseren letzten Kampf viel leichter hätte machen können...ich darf mir keine Fehler erlauben, ich darf nicht, darf nicht...“

Er murmelt weiter vor sich hin, wobei – er hat recht. Aber ins Gesicht sagen würde ich es ihm nicht.
Kaschya muss wohl ähnliches denken, denn sie legt ihm den Arm um die Schultern.

„Ich bin mir sicher, dass die große Verantwortung, die dir aufgelegt wurde, dich nur härter machen wird. In nur einer Stunde haben wir Deckard gerettet, und dann kannst du so lange schlafen, wie du willst. Nur bis dahin gibst du dein Bestes, und dann kann uns überhaupt nichts passieren.“

Ob dem übergroßen Ego des Meisters so eine Salbung gut tut? Jedenfalls hebt es sein Selbstbewusstsein. Der Starken spielend, wirft er Kaschyas Arm ab und erhebt sich während er seine Tränen fortwischt.

„Du hast vollkommen Recht. Diese Sache ziehen wir jetzt durch. Alle! Mitkommen, aber fix! Deckard wartet nicht mehr lange!“

Und wir rennen beinahe in Richtung der Obelisken. Gegnerhorden, die unseren Weg kreuzen, werden überrannt, eine geradezu unheimliche Energie hat den Meister erfüllt, und das bekommen alle in der Gruppe zu spüren.

Wir sind am Steinfünfeck angekommen. Der Meister flitzt zwischen den Steinen hin und her, die Inifuss – Rolle in der Linken, die Rechte berührt die Steine.

„Ring, Querstrich, Doppelstrich...“

Das sind die Symbole auf den Steinen. Jeder berührte Obelisk leuchtet, die Inifuss – Schriftrolle auch.
Fünf Steine glühen in der Sonne.
Welche auf einmal verschwindet. Blitze zucken vom Himmel, in den ersten Stein, den der Meister berührt hat, in den zweiten, den dritten!
Blitze zucken auch zwischen den Steinen hin und her, erst erratisch, dann immer stetiger, bald verbindet ein Netz aus kalter Energie die Obelisken.
Für kurze Zeit ist ein perfektes Pentagramm aus reiner, weißer Energie in den Wolken zu sehen, die aufgezogen sind. Nur eine Spiegelung der gleißenden Helligkeit, die hier am Boden alles verschlingt.

Als meine Augen wieder klar sehen, ist die Silhouette des Meisters ein schwarzes Muster vor dem Hintergrund eines roten Portals, in dem kaputte Häuser und Tierkadaver eine grausige Szenerie abgeben.

Der Weg ins zerstörte Tristram liegt offen.
 
Ich liebe euch :kiss: .

Danke.

Bis in 8 Tagen...

Yawgmoth
 
Na, ihr wart aber geduldig :D - das Warten hat ein Ende!

Tristrams fünf Kapitel liegen vor euch...enjoy!

Yawgmoth
 
Kapitel 23 – Rettung

Wenn man dem Meister glauben kann, liegt furchtbarer Leichengeruch in der Luft. Ich kann wohl froh sein, keine Nase zu besitzen. Blutflecken sind die einzige Dekoration auf graslosem, verbranntem Boden, nur manchmal zeigt sich ein Fleck Grün. Ein Hauch des Todes liegt spürbar über Tristram, in zerstörten Häusern, die einst aus solidem Stein waren, brennen immer noch Flammen, am Leben gehalten von dem Bösen, das hier aus jedem Stein dringt. Rauch durchzieht in dicken Schwaden die Stadt.
Nichts lebt hier mehr, das nicht vom Bösen zerfressen ist wie der Rest der einst stolzen Hauptstadt Khanduras‘...
der letzte Teil war Kaschyas Zitat...
Und doch.
Ein letzter Lebensfunke muss hier noch zu finden sein, sollten unsere Mühen nicht umsonst gewesen sein:
Die unbeugsame Existenz Deckard Cains, der nach Akaras Worten zäher ist als eine Gargantua.
Baumkopf Holzfaust war eine Gargantua. Wenn die Dämonen nicht besonders viel Magie benutzen, wie ich, so steht es gut um Deckard.

Die beiden Menschen schütteln fast zeitgleich die unwillkürliche Starre beim Anblick Tristrams ab, die sie befallen hat, als sie das Portal durchschritten.
Der Meister lacht.

„Von so ein bisschen Gestank und Schmutz lassen wir uns nicht aufhalten, was, Kaschya? Es gibt wichtigeres als sich zu ekeln!“

„Wie recht du hast. Ich wette, Deckard wir auf dem Marktplatz gefangen gehalten.“

„Dann los.“

Und wir gehen. Widerstand ist zu erwarten; ich frage mich...

Einem Skelett steckt ein Pfeil in der Augenhöhle. Das macht ihm zum Glück nichts aus; wenn es Kaschya oder der Meister gewesen wäre, sähe die Sache etwas anders aus, aber dafür gehen ja die Untoten voran. Die Quelle des Pfeils ist ein Bogen, gehalten von fleischlosen Händen: Wie Blutrabe bewiesen hat, beherrschen auch unsere Gegner die Kunst der Nekromantie.
Schon laufen die Schergen des Meister in den Kampf hinein, als aus einer Lücke zwischen zwei Häusern ein kleines Kontingent an Skelettkriegern mit Krummschwertern erscheint.
Und in fensterlosen Fensterlöchern erscheinen weitere Bögen mit angelegten Pfeilen.

Mehr als zwei Dutzend gegen sieben, wie unfair. Aber da gibt es ja Möglichkeiten – man kann ihre Zahl verringern, und...
...meine Hand fängt einen Pfeil auf, der in ihr stecken bleibt, was mir nichts ausmacht, aber was den Meister doch eher gestört hätte...
...man kann verhindern, dass die eigenen Nummern schrumpfen.
Ich wette, auf solche Feinheiten kommt meine Kampfpersönlichkeit nicht, jedenfalls kann ich mich nicht darauf verlassen. Ich konzentriere mich auf meine Aufgabe hier und fange Pfeil um Pfeil der Gegner auf, die auf die beiden Menschen zielen.
Gut, dass Skelette lausige Schützen sind, kein Wunder, ohne Augen...
Kaschya hingegen kann zielen, und mit ein paar strategischen explodierenden Schüssen in die Ecken seines geschwächten Fundamentes bricht das marode Haus samt Skelettbogenschützen in sich zusammen.
Die Gelegenheit für mich, ihre Infanterie zu erledigen!
Wie schaffe ich es, dass sich die Kampfpersönlichkeit nicht einschaltet? Ich denke nach, was ich ja nicht verhindern kann, aber über den Kampf.
Mein Schwert ist ja weg – ich habe es zerfließen lassen, um Baumkopf Holzfaust zu packen – aber ich bin ja nicht waffenlos. Die Qualitäten von zwei Händen nutzend, packe ich die Arme eines Skelettes und reiße sie samt Schwert aus. Gott, diese Dinger sind langsam...
Nicht denken, hauen!
Wenn ihnen der Kopf fehlt, brechen sie zusammen. Hm, wenn ich mit dem stumpfen, schwertlosen Knochen gegen den Kopf des armlosen Skeletts schlage...
Genau! Er springt davon und schlägt den Kopf des Skelettes dahinter auch ab. Das macht Spass!
Vorspringen, dem nächsten Gegner ein Bein stellen...abrollen, packen, herumschwingen, auf Kopfhöhe!
Ha! Drei auf einen Streich, so und nicht anders gleicht man zahlenmäßige Unterlegenheit aus.
Dämonen können eben nicht denken, das ist der entscheidende und riesige Vorteil, den wir haben.

Die erste Opposition ist also rasch erstickt, und unsere Untoten haben nur einen von den Ihren verloren, weil Pfeile eben nichts bringen gegen Knochen.
Der Meister hebt einfach einen nahezu intakten Gegner auf, nimmt seinen Kopf, setzt ihn wieder auf den Rumpf, und schickt das Skelett zu unseren eigenen. Das nennt man wohl Resteverwertung...

Wir wagen uns zwischen die Häuser hindurch. Diesmal ist es ein Feuerball, der unser Anführerskelett trifft, und das lässt ihn nicht so kalt wie der Pfeil, haha.
Einer von uns weniger und ein Quartett von bunten Schamanen der Gefallenen gefächert auf dem freien Marktplatz! Aber nur einer von ihnen hat uns bisher entdeckt.
Grund zur Eile, denn noch sehen die Anderen nach außen – niemand hat wohl erwartet, dass wir die Skelette beim Eingangsportal so schnell überwinden, hehe.
Ein Hechtsprung meiner über den halben Platz reißt den mit lächerlichen Tierschädeln behängten Zauberer von den Füßen, sein Schuss geht ins Leere. Ich packe seinen Arm und drehe ihn ganz herum. Das Knacken von Knochen lässt ihn aufstöhnen, dass der wild Feuer spuckenden Stab seinen nächsten Schuss im Rücken eines Zweiten versenkt, wie ich erhofft und worauf ich gezielt hatte, lässt mich grinsen. Ein Kopfstoß bricht das Genick meiner „Waffe“, und als die beiden verbliebenen Beschwörer sich umdrehen, landet seine Leiche ihnen im Gesicht.
Jetzt sind die Skelette eingetroffen und machen kurzen Prozess.

„General, dein Golem macht sich. Ich dachte, der hätte bloß sinnloses Metzeln drauf, aber du hast es wohl geschafft, ihm den Kopf zurechtzurücken!“

„Natürlich, immer doch, Kaschya – ich wusste doch, für Tristram müssen wir ihn voll leistungsfähig machen...“

Angeber! Meine Kampfpersönlichkeit kommt nicht zum Arbeiten, das ist es!
Wütende blaue Dämonen stürmen heran. Das war noch nicht das Ende der Gegner, lange nicht! Tristram ist eine Festung der Gegner, und wird mit Zähnen und Klauen verteidigt!
Aber die stellen ja kein Problem dar. Ich stelle mich den Wogen gelassen entgegen und lasse den ersten Schwerthieb (Schwert? Rostiges Stück Blech!) ruhig über mich ergehen.
Dümmlich glotzt der kleine Gefallene – oder soll man die blaue Art anders nennen? So, wie es hier aussieht, sind das dann Schlächter – seine wirkungslose Waffe an. Seine Kollegen sind alle wie an eine Mauer gerannt stehengeblieben.
Ich grinse den kleinen breit an und richte mich zu meiner vollen Größe auf.
Wie ein Mann (Tier?) drehen sie sich um und fliehen in wilder Panik.
Das sollte es gewesen sein. Ich sehe mich noch ein bisschen um...
Da! Ein Käfig hängt über dem Marktplatz, darin ist eine menschliche Gestalt zu erkennen, in einer grauen Robe, mit weißem Bart, vom Tode gezeichnete Gesichtszüge.
Aber Deckard Cain, wenn er es denn ist, lebt noch, atmet, und seine wachen blauen Augen sehen alles ganz genau, was sich unter ihm abspielt.

„Deckard Cain! Wir sind gekommen, um euch zu retten!“

„Ich bin der General, und das ist Kaschya. Ist alles in Ordnung? Oh...dumme Frage. Golem, hol ihn da runter!“

Ich laufe auf den Pranger zu – denn dazu diente der Käfig wohl, ich möchte nicht wissen, was Deckard seit dem Fall von Tristram alles durchmachen musste – und anders als der Meister beeile ich mich auch, als mich etwas am Rücken trifft und beinahe umwirft. Was...?
Ich schnelle herum und sehe den Schlächter, dem ich so viel Furcht eingeflößt habe, vollkommen tot am Boden liegen – es sieht aus, als hätte er keinen ungebrochenen Knochen mehr im Körper.

Das ertönt ein wildes Geheul, schrill und disharmonisch aus den heiseren Kehlen von mehr Schlächtern, als mir lieb ist, denn die Erzeuger des Misstones quellen gerade aus allen gegenüberliegenden Gassen.
Das Wort, dass alle brüllen, habe ich bereits einmal gehört, realisiere ich. Als meine Kampfpersönlichkeit gerade die Kontrolle hatte, habe ich es das erste Mal gehört – im Kampf gegen den Schlächter, der noch ein tieferes Blau besaß als diese hier, der mich mit Blitzen schockte.

RAKANISHU! – und das war wohl sein Name, ein Held der Schlächter.






















Kapitel 24 – Schlächtergemetzel

Mordlust und Hass glitzern in den Augen sämtlicher Dämonen, als sie sich auf mich stürzen, wobei sie Kaschya und den Meister samt Skeletten völlig ignorieren. Ich war es schließlich, der ihren Helden getötet hat – aber woher wissen sie das? Kann es ihnen jemand gesagt haben? Wer unter einer Horde von Dämonen kann denn bitte denken und hat genügend Macht, eine Schar von Schlächtern, die in Panik geraten sind, wieder zum Kampf zu zwingen?
Jemand, der, um zu motivieren, einen aus ihren Reihen erst einmal grausamst töten muss, damit sie gehorchen?
Jemand, der genügend Kraft besitzt, den toten Körper des Opfers über ein Haus zu schleudern, so dass er mich trifft?
Jemand mit Glatze, einer zerrissenen orangen Jacke aus grobem Tierfell und einem großen, blutigem Loch im Kopf?
Jemand mit dieser Beschreibung, der gerade um eine Häuserecke tritt und den langsamsten Schlächter mit derartiger Wucht tritt, dass dieser noch vor den anderen zum liegen kommt, leider ziemlich tot?
Jemand, der Griswold heißt?

„Oh mein Gott...Griswold, was tust du da?“

Genau, das Letzte weiß ich von Kaschya.
Griswold ist ziemlich sicher ziemlich tot, sonst hätte er kein Loch im Kopf. Ich denke, dass er als Dämon wiederbelebt wurde, um für Andariels Heerscharen eine Art General darzustellen. Und sie hat wohl eine gute Wahl getroffen – seine ohnehin bullige Statur und die daraus folgenden Körperkräfte sind in gewaltigem Maße durch die Kräfte, die ihn zum Diener des Bösen werden ließen, noch gesteigert worden, und er hat wohl auch genau die richtige Statur und das richtige Auftreten, um die ganzen Gefallenen hier einzuschüchtern, und er hat auch die richtige laute Stimme, um alle in Tristram befindlichen Dämonen zu Hilfe zu rufen, denn eine derartige Heerschar, die jetzt wie eine Flut auf uns hereinbricht, habe ich noch nie gesehen, und es scheint, als wären sämtliche Kreaturen der Hölle hier versammelt – sogar ein Kontingent der Ziegenmenschen mit den Hörnern und Stangenwaffen stürmt mit heran.

Und mir wird schon wieder so anders...
Nein! Kaltkrähe war wohl nicht die einzige, die den Fluch des verstärkten Schadens wirken konnte – auch Griswold ist offensichtlich dazu in der Lage, denn sämtliche Symptome des Fluches sind bei mir vorhanden. Statt festzustecken, dringt das Schwert des ersten Schlächters tief in meine Brust und verlässt sie schnell wieder, um noch einmal zuzustechen.
Moment, diesen Schlächter kenne ich! Es ist der selbe, der auch über die Häuser geflogen ist und der einmal schon seine Klinge in mich gesteckt hat.
Tatsächlich stehen weiter zwei Schamanen auf dem Platz und beleben gerade den Getretenen wieder.

Wie sollen wir diesen Kampf nur gewinnen können?

„Das ist überhaupt kein Problem, Leute! Ihr drei Skelette, rennt um die Häuser herum und fallt den Schamanen in den Rücken! Den großen blauen Deppen mit den Stöcken! Golem! Halt die kleinen Blauen auf, so gut, wie es geht! Kaschya, deine Pfeile gegen Griswold! Wenn der Anführer fällt, dann sind sie nichts mehr wert! Letztes Skelett, hilf dem Golem!“

Das ist es, was ich immer vom Meister erwartet habe! Endlich zeigt er die versteckte Kompetenz, die ich bei meinem ersten Kampf bemerkt habe! Der Mensch wächst eben an seinen Herausforderungen.
Der Golem hoffentlich auch. Ich beginne einen wilden Tanz, wobei nicht der Herr führt, sondern die Schwerter, Stöcke, Knüppel und sonstigen zusammengeklaubten Waffen der Schlächter. Ich denke, dass ich noch nie so gut gekämpft habe, so innovativ und so einfallsreich. Ich kann mich endlich voll auf das Kämpfen an sich konzentrieren, was Erinnerungslücken so gut wie ausschließt.

Ein kurzer Speer mit einem geschärften Stein an der Spitze wird von links auf mich zugestoßen, eine schartige Axt kommt von oben. Ich lasse mich nach rechts fallen. Mein Bein schießt vor und reißt den Schlächter mit dem Speer von den Füßen. Die Axt trifft meine Seite; das war kaum zu vermeiden. Aber zu vermeiden ist, dass sie viel Schaden anrichtet. Der Ton, der sowieso schon von Griswolds Fluch geschädigt und verweichlicht ist, fließt einfach auseinander. Der überraschte Schlächter stolpert nach vorne, von seinem Schwung überrascht. Seine Axt steckt jetzt verklebt in mir. Sein Gesicht auch, und das tut seiner Atmung nicht gut. Mit einer leichten Drehung meines Oberkörpers – meine Beine müssen sich ja nicht zwingend mitdrehen, genausowenig der Rest des Körpers – befördere ich seine zappelnde Gestalt zwischen mich und das halbverrostete Krummschwert des nächsten Angreifers. Ich kann es mir nicht leisten, sich über sein „Ups!“ zu amüsieren. Ich verkürze spontan meine Beine, um den Beiden, die sich auf jede Extremität stürzen, das Ziel zu nehmen. Ich verlängere sie wieder, und zwar in aufrechter Position. Wie eine Wippe schnelle ich hoch, die Füße fest in der Erde verankert. Sicher sind weitere Gefallene vor mir.
Genau! Zwei Fäuste, ein Treffer, einmal Streifen. Die Wucht meines auf – die – Beine – Kommens schleudert den Getroffenen in einen seiner Partner – er ist aber nicht anwesend, um das noch zu spüren. Es war der, der seinen Kameraden mit dem Schwert getötet hat.
Jetzt steht neben mir ein Schlächter auf, der mit dem Speer. Zwei liegen vor mir auf dem Boden, sie umklammern aber meine Füße. Der Arm dessen – ein neu Hinzugekommener – den ich gestreift habe, hängt unnatürlich verdreht herab. In der Ferne hat Griswold ein klaffendes Loch im Kopf (wie vorher) und ein klaffendes Loch im Bauch (das ist neu). Aber Kaschya kann wohl nicht immer explodierende Pfeile schießen; der Meister muss sich ja auch anstrengen, wenn er ein neues Skelett beschwört.
Ach ja – das Skelett, das mir hilft. Es hat mit seinem eigenen Knoten Feine schwer zu kämpfen, auch wenn das weniger sind – mit vieren hatte er sich zu beschäftigen, einer ist tot, einer verletzt, aber das Skelett hat auch nur noch ein Bein. Zeit für Zusammenarbeit.
Ich lasse den Ton meiner Füße um die Hände der Schlächter fließen, die sich daran festklammern, als hinge ihr Leben davon ab. Dann lasse ich die Füße fest werden.
Mein Körper wird etwas dünner, als ich neue Füße bilde, die auf den Steinen stehen, die aus den alten geworden sind. Ich springe hoch, als der mit dem gebrochenen Arm einen tiefen Schlag führt.
Und lande auf ihm. Er schreit, als ich ihn packe. Als ich ihn werfe, schreit sein Ziel – der Speerkämpfer.
Beide landen ohnmächtig an der selben Stelle am Boden. Gar nicht übel – dadurch, dass ich sie betäube statt töte, können sie nicht wiederbelebt werden.
Und auf geht es zum Skelett. Es liegt geschlagen da, ein Schlächter mit einem Stein bereit, ihm den Schädel einzuschlagen. Aber den schlage ich weg. Der Verwundete versucht zu laufen – und ich lasse ihn.
Ein Tritt für den letzten Gegner des Skelettes, und ich habe für einen Moment Ruhe.

Das erste Zusammentreffen der Schlacht um Tristram lässt hoffen, aber es ist noch lange nicht vorbei. Gerade jetzt treffen die Ziegendämonen mit den Hörner ein, und ihre Keulen haben eine böse Reichweite. Griswold hat sich wohl verkrochen, aber man kann immer noch seine brüllende Stimme hören, die den Horden Befehle gibt. Kaschya schießt jetzt auf die Schamanen, da die Skelette, die sie bekämpfen sollten, wohl außer Sicht, auf der anderen Seite der Häuserzeilen, Ärger mit ein paar Dämonen bekommen haben, da Griswold ja genau hören konnte, was der Meister rief.
Gerade ducke ich mich unter dem Schwung einer breiten Klinge, als ein einzelnes Skelett zwischen zwei Häusern im hinteren Teil des Marktplatzes hervorbricht und einen der Schamanen sauber köpft.
Leider sind die anderen beiden nicht eben langsam, und unser Knochenkrieger zerplatzt in einem kleinen Splitterhagel aus glühenden Knochen.
Kaum kümmern unsere Gegner sich aber wieder darum, dass der Speerträger von vorhin – er war wohl doch ganz tot – wieder aufsteht, als aus der Leiche des ersten Schamanen ein Skelett emporsteigt.
Jetzt sehe ich den Meister, als ich mich rückwärts rolle, weil mich schon drei der klumpfüßigen Dämonen bedrängen; er scheucht das Skelett mit wilden Gesten in den offenen Eingang eines Hauses, in dem viele kleine Flämmchen brennen, die nie zu erlöschen scheinen.
Was will er damit bezwecken? Oh, das war knapp – aber eine meiner Hände nimmt die Keule doch noch mit.
Idee! Ich packe den Klumpen Ton, der, nunmehr von mir getrennt und leblos, langsam zu Boden fällt. Noch einmal ducken – und er landet genau im Gesicht des Angreifers.
Während er mit einer Hand, gutturale Laute absondernd, seine Augen abwischt, entreiße ich ihm die Stangenwaffe.
Keine Ahnung, wie man mit dem Ding umgeht – aber für ein bisschen herumhauen reicht es. Das stumpfe Ende, das jetzt auf ihn zeigt, findet jedenfalls sofort sein Ziel in dessen Bauch – und weil ich nicht gerade ein Schwächling bin, kommt es auch hinten wieder heraus.
Ein ideales Schild bietet er! Ich schwinge seinen Kadaver hin und her, um die beiden anderen – stop, die drei anderen, die vier anderen! fern zu halten.
Wieder richtet sich mein Blick auf das Kampfgeschehen. Noch immer sind die beiden Beinumklammerer am mit ihren Felshandschellen neutralisiert. Der Speerjunge ist von dem Skelett, das immer noch am Boden liegt – sehr gut! gefällt worden, er muss es übersehen haben. Und bevor er wieder aufstehen kann, wird er kurzerhand selbst ein Skelett. Der Meister keucht schon etwas.

„Kaschya! Einen von den Kleinen weiter hinten!“

Und schon findet Kaschyas Pfeil sein Ziel in der Kehle eines Schlächters, der gerade von zwischen den Häusern heranrückt. Wie viele von denen sind bloß noch in der Stadt?
Dieser fällt um und wird sofort zum Skelett.

„Jetzt! Du aus dem Haus, auf den Schamanen links! Der neue, auf den Schamanen rechts! Macht ihn fertig, aber fix!“

Das also hat er damit bezweckt, ein Skelett warten zu lassen! Plötzlich müssen die Schamanen ihre Aufmerksamkeit aufteilen...

„Und ... Kaschya!“

Während sich beide Skelette auf denselben Schamanen stürzen – denn das eine Skelett hat ja in eine andere Richtung gesehen als das andere, bezüglich der Beschwörer – findet Kaschyas nächster Pfeil, ein rot glühender, endlich sein Ziel bei dem zweiten der Wiederbeleber. Eines der Skelette überlebt, nachdem sie gemeinsam den letzten zerhackt haben.
Und auf einmal hören die verdammten Viecher mit dem Zurückkommen auf!
Durch den genialen Schachzug des Meisters müssen die Schlächter auf einmal viel vorsichtiger kämpfen.
Tatsächlich sickert auch der Strom aus den anderen Teilen der Stadt nur noch langsam ein und hört dann ganz auf. Jetzt sind etwa ein Dutzend Schlächter auf dem Platz, in der Mitte. Fünf der Bocksdämonen scharen sich um den sechsten, den ich aufgespießt habe. Langsam beginnt dieser, sich von der Keule zu lösen.
Noch ein paar Skelettkrieger schlurfen langsam heran. Griswold ist immer noch versteckt.

Auf unserer Seite stehen ich, im Kampf mit den Hornköpfen. Der Meister und Kaschya, noch unberührt vom Kampfgeschehen an sich. Kaschya schießt auf die Skelettkrieger, die zwar noch etwas länger zum Kommen brauchen, die aber stärker sind als Schlächter. Ein kaputtes, aber sich noch bewegendes Skelett in meiner Nähe.
Der Meister erschafft gerade ein Neues. Das, das den Kampf mit dem Schamanen überlebt hat, beginnt an den ihn umgebenden Schlächtern zu scheitern.
Das neue Skelett ist genau das, was ich brauche! Mit seiner Hilfe kann ich vielleicht meine eigene Gegnergruppe ausschalten!
Aber der Meister ruft es zu sich. Warum tut er das? Ich brauche es jetzt und hier!
Der Meister sagt etwas zu dem Skelett. Seine Stimme ist schwach. Verdammt, warum ...

Die Kugel einer Keule fährt zwischen meine Schultern. Ich erstarre; ich war unaufmerksam. Idiot! Aber Griswolds Fluch ist lange schon abgeklungen, gedankt sei jeder, der es verdient.
Das ist noch lange nicht das Ende! Ich werde nicht wanken noch weichen, um den Meister zu beschützen.
Die nutzlose Waffe des ersten Gegners lasse ich fallen. Die Waffe hingegen, die noch in meinem Rücken steckt, ist alles andere als nutzlos.
Der Dämon grinst böse und versucht sie in meiner „Wunde“ zu drehen.
Was ihm gegen zähen Ton nicht gelingt. Als er sieht, dass ich danach reiche, will er sie herausziehen.
Klappt auch nicht. Ich packe die Holzstange. Zerbreche sie mit etwas Aufwand, weil der Winkel bescheuert ist. Das stachelüberzogenen Ende bleibt stecken, aber mit dem Griff, den er noch in der Hand hält, als gäbe es kein Morgen mehr, wirble ich ihn einfach um.
Für ihn gibt es kein Morgen, das stelle ich sicher.
Hinter ihm stehen aber vier weitere, und sie sehen wütend aus. Seeehr wütend. Ein wahrer Clan von den Hörnerköpfen scheint das zu sein; ein Todes – Clan, nach den tödlichen Dolchen, die aus ihren Blicken schießen zu scheinen.
Trotzig lasse ich meinen Fuß steinhart werden und zertrümmere den Kopf ihres Anführers, der mir den Keulenkopf in der Schulter verpasst hat.
Sie heulen auf! Wie ein Mann stürzen sie sich auf mich. Einer findet nur meine Faust, aber der Rest. Der Rest...
Zwei reißen mich um. Wo ist der Dritte?

Ich schaffe es, das Übel an den Hörnern zu packen und einen weiteren zu töten, während aber die Klauen (warum haben Dämonen immer Klauen?) des Übrigen an meinem Tonfleisch reißen. Mir schwindet...

Und er wird von mir gerissen. Wer steht über mir? Der Meister, der ihn auch an den Hörnern gerissen hat (die sind aber auch wirklich unpraktisch) und seinen Stab jetzt quer über seine Kehle hält, mit beiden Händen gepackt und wie ein Berserker ziehend. Sein Gesicht wird rot, auf seiner Stirn steht Schweiß, aber egal, wie sehr der Dämon sich wehrt und wie viele Kratzer und tiefere Wunden die Klauen zufügen, der Meister lässt nicht locker, bis der Ziegenkopf schlaff wird. Auch dann löst sich sein Todesgriff erst langsam.

Der Meister schnauft.

„Weißt du, es macht keinen Spass, dich zu retten...immer muss ich selber was machen, und diese verdammten Untoten schert das einen Dreck! Wenn die nur ein Fünkchen Hirn hätten...ach, lassen wir das. Kaschya! Sind jetzt endlich alle tot?“












Kapitel 25 – Der Plan

Als ich mühsam aufstehe, bemerkt Kaschya gerade, dass dem so nicht ist.

„In dem Haus da ist immer noch ein Widerstandsnest, und alles voller Bogenschützen. Wir hatten wohl Glück, dass die vorher nicht schießen konnten, aber so ist das ein hübscher Pfeilhagel – mich hats auch schon erwischt...“

Tatsächlich blutet Kaschya aus einer Wunde am Bein und steht an eine Wand gelehnt.

„Da kann man ja was machen.“

Der Meister gibt ihr ein Fläschchen mit roter Flüssigkeit, welches Kaschya trinkt. Ihre Verletzung verschwindet.

„Danke. Irgendwelche genialen taktischen Ideen, wie wir die auch noch erledigen? Wir könnten sie ja auch lassen, aber solange der Platz in der Schusslinie ist, kommen wir nicht an Deckard ran, und ich will die verdammten Dinger bluten sehen!“

„Da hab ich mir schon was überlegt, Kaschya. Du wirst sehen.“

Aha. Er hüllt sich mal wieder in Schweigen, wohl, weil er auf einen großen Auftritt mit seiner tollen Planung hofft. Schön, wenn es funktioniert, aber irgendwann wird es uns um Kopf und Kragen bringen. Wütend kann ich deswegen im Moment nicht sein, weil er mir immerhin gerade die Existenz gerettet hat, was ich für einen überaus feinen Zug halte.
Kaschya gibt jetzt das Fragen nach seinem Plan auf und wechselt das Thema.

„Dann bleib halt der geheimnisvolle Denker, solange dein Plan aufgeht, aber wehe...egal. Warum hast du eigentlich den Golem gerettet?“

„Ach, ich kann ihn doch nicht einfach so kaputtgehen lassen – immerhin war es furchtbar schwierig, ihn zu beschwören...und die Gelegenheit war halt einfach so günstig, weil er die Clanleute so prima abgelenkt hat...“

Na toll. Aber es ist mir recht egal, was sein Motiv war, hauptsache, ich bin noch da. Jetzt bin ich mal gespannt, wie er...

„Dann fangen wir mal mit der Ausführung des Plans an. Golem, du lenkst sie ab...“

Ach du verdammte...

„....und stellst dich auf dem Platz als Ziel dar. Kaschya, dieses Trümmerstück ist eine prima Deckung, ich möchte, dass du sie beschäftigst, allzu leicht sollen sie es nicht haben mit unserer mobilen Zielscheibe. Die Skelette kommen mit, bis auf eines, das bei dir bleibt, falls sie noch irgendwo Bodentruppen haben sollten.
Also los, ihr zwei!“

Zwei? Wo ist denn das vierte Skelett? Halt. Er hat eines vorher während dem Kampf weggeschickt, also ist das wohl woanders. Hat das was mit dem Plan zu tun, oder hat er es nur vergessen?
Ich muss es einmal versuchen. Ich greife seine Schulter, als er davongeht.

„He? Was willst du? Du solltest längst auf dem Weg sein!“

Ich zeige auf die drei Skelette, die in der Nähe sind, hebe vier Finger und mache ein dummes Gesicht.

„Ach so, das...keine Sorge, das vierte ist sicher aufgehoben, und nicht nur das...was für ein komisches Ding, wirklich...“

Das Letzte murmelt er zu sich, als er sich wieder zum Gehen wendet, ich höre es aber trotzdem. Was für eine Gratwanderung ich bloß vollziehen muss! Wenn ich nicht aufpasse, dann denkt er, ich wäre eine Gefahr für ihn, weil ich zu selbstständig bin. Wenn ich aber zu wenig tue, dann merkt er nie, dass ich intelligent bin, und bringt mich auch wieder dauernd in gefährliche Situationen. Wie jetzt.
Ich seufze und mache mich auf den Weg in den Schussbereich der Knochen – Bogenschützen.














Kapitel 26 – Aufräumarbeiten

Pfeile zischen um mich herum, und mehr als ein Dutzend stecken bereits im tönernen Fleisch. Kaschya macht ihre Sache prima, aber mittlerweile haben die Skelette angefangen, auch auf sie zu schießen, sobald sie sich zeigt, was sie vorsichtiger macht, und mich verwundbarer, weil ich dann eben einziges Ziel bin.
Aber die Hälfte des Platzes habe ich bereits in kurzen Etappen von laufen – stehen bleiben – Haken schlagen – laufen und so weiter bewältigt. Was ich wohl mache, wenn ich das Haus erreicht habe, in dem die Schützen stehen? Griswold ist ziemlich sicher noch am Leben, weil die Skelette allein nie auf die Idee kämen, ein anderes als das offensichtliche Ziel anzugreifen. Gegen ihn kann ich nicht gewinnen.
Mein Tanz geht weiter. Hoffentlich beeilt sich der Meister – denn die Pfeile beginnen langsam wirklich zu stören...

Da strömt eine kleine Gruppe von Skelettkriegern aus der zerstörten Tür des Hauses. Ich erinnere mich nicht, gegen irgendwelche Untoten gekämpft zu haben, also muss das die Gruppe sein, die ich ursprünglich beobachtet und dann aus den Augen verloren habe. Griswold muss seine Fußtruppen zurückgezogen haben, als der Kampf der Schlächter hoffnungslos wurde.
Mist, Mist, gegen diese Bagage werde ich sicher verlieren, da ich auch schon von den Pfeilen geschwächt bin. Jetzt muss aber...

„JETZT!“

...der Plan des Meisters in Aktion treten. Na also, das war eben seine Stimme.

Und zwei der Skelette in der lockeren Reihe vor mir tanzen plötzlich aus derselben. Ihre Schwerter zur Seite schwingend, enthaupten sie ihre Nachbarn. Das Grüppchen löst sich in Chaos auf.
Ich sehe meine Chance gekommen. Auch ich greife in den Kampf ein.
Von oben beginnen nach einem Moment der Verwirrung wieder Pfeile zu hageln. Sie erledigen eines der falschen Gegner – Skelette. Aber auch zwei der echten Gegner; wie ich bereits anmerkte, können Untote recht miserabel zielen.

In der ganzen Aufregung bemerkt keiner der Gegner, dass der Meister um die Ecke des besetzten Hauses schleicht und mit zwei Skeletten in den Türrahmen eindringt.

Mir wird bewusst, wie der Plan des Meister aufgebaut ist: ein meisterlicher, sicher. Geschickt hat er die Dummheit von Untoten ausgenutzt, um das Skelett, das er weggeschickt hat, in die Ränge der Gegner einzuschleußen. Es hat genau das Selbe gemacht, wie diese auch, und sich mit ihnen zurückgezogen. Und jetzt hat es seine Identität im richtigen Augenblick offenbart, um die gehirnlosen Feinde völlig zu überfordern.
Moment mal. Das Skelett? Haben sich nicht gerade zwei der Gegner gleichzeitig als Verbündete erwiesen?
Tatsächlich, mit dem Skelett bei Kaschya – das jetzt auch mitmischt – und den beiden, die der Meister bei seiner
„Eingreiftruppe“ hat, sind insgesamt fünf Skelette gleichzeitig existent.
Das war sicher eine Anstrengung für den Meister, wie er bereits vorher gesagt hat – „Mehr als vier schaffe ich nicht“ – sind schon vier nicht einfach, und dann noch ein fünftes, außerdem mich retten, einen Kampf befehligen, die ganze Zeit seinen neuen Fluch benutzen, und das in einem ziemlich kaputten Zustand, worüber er sich vor dem Kampf beklagt hat – mein Respekt wächst immer mehr. Offensichtlich kann er, trotz aller Fehler, tatsächlich etwas.
Jetzt ist der Widerstand hier gebrochen. Wie sieht es in dem Haus aus?
Da erscheint Griswold im obersten Fenster. Mit dem Rücken zu uns wehrt er nur durch Faustschläge ein Trio Skelette ab – ich kann das alles genau sehen, da das „obere Fenster“ nur ein Rahmen ist, weil das ganze Stockwerk dachlos und halbhoch ist – moment. Ein Trio? Doch nicht sechs Skelette...
Nein, das, das Kaschya begleitet hat, ist zu Staub zerfallen. Aber die Bogenschützen schießen schon lange nicht mehr, sollte das es schon gewesen sein?
Das letzte der drei im Fenster wird von Griswolds Bärenkraft zu Staub zerschmettert, ein neues, das gerade seinen Kopf über die Mauer hebt, hat gar keine Gelegenheit zum Aufstehen. Jetzt sehe ich den Meister – er steht alleine da, und ist ziemlich am Boden. Trotzig funkelt er Griswold an, der langsam mit ausgebreiteten Armen auf ihn zugeht. Nein, das kann doch nicht alles umsonst gewesen sein!

„Das ist für Tristram, du Mistkerl!“

Schreit Kaschya, und ihr Pfeil durchbohrt Griswold Hals, wo er explodiert.













Kapitel 27 – Deckard Cain

Der letzte Widerstand ist nun also gebrochen und Tristram endlich frei von Monstern und sonstigem Gewürm. Der Meister hat mit Griswolds Kleidung eine „Tolle neue Rüstung“ gefunden – besser als der Stofflumpen von vorher ist sie sicherlich. Und ja, endlich können wir Deckard Cain, den letzten Weisen der Horadrim befreien.

„Golem! Steh nicht dumm rum, sondern hol ihn da runter!“

Ja, die Stimme meines Herren ... gut, er hat es sich verdient, etwas/sehr ruppig zu sein. Die Schnur, die den Käfig, in dem Deckard schon dauernd mit klaren, wachen Augen zugesehen hat, hält, ist gerade lang genug, um ihn hoch zu halten. Ich klettere also (gut, dass Ton, wenn nötig, auch klebt) den Pfahl nach oben, der leicht schief in der Erde steckt, und biege die rostigen Gitterstäbe des schaukelnden Gefängnisses auseinander.
Cain bleibt regungslos, aber ich kann es ihm nicht verdenken, wer weiß, wie lang er schon hier drin war...seine graue Robe zumindest ist furchtbar schmutzig, auch der Käfigboden, aber trotzdem hat der Mann nichts von seiner Würde verloren. Mit erhobenem Kopf sieht er mir in die Augen, und hinter seinen schimmert eine tiefe Weisheit, die ich in dieser Form noch nicht einmal bei Akara gesehen habe, und gleichzeitig ein schelmisches Funkeln ungetrübter Freude; auch das ist verständlich.
Ich muss ihn auf jeden Fall nach unten tragen, aber er hat es nicht verdient, wie ein Kleinkind hervorgezogen zu werden. Ich muss ihm seine Würde lassen; wie sähe es aus, wenn er, ungebrochen von sämtlichen dämonischen Foltern, dann durch mich wie ein hilfloser alter Mann erschiene?

„Jetzt mach mal hin, der alte Mann ist sicher völlig fertig! Wir haben nicht den ganzen Tag Zeit!“

Ja, der Meister hat Deckards Augen noch nicht gesehen...
Ich lege fragend den Kopf schief.
Deckard lächelt schelmisch.

„Mein Freund, ihr braucht euch um mich nicht zu sorgen, im Gegenteil, ich bin froh über die Gelegenheit, die mir euer irdener Recke bietet, die steifen Glieder zu strecken...“

Dies ruft er mit fester Stimme dem Meister zu, lächelt mich abermals an und steht ohne ein Schwanken auf.

„Du musst mich wohl tragen, Golem, aber ich bin mir sicher, dass meine gebrechliche Statur für dich keinen Aufwand darstellt!“

Stimmt. Und weil er so nett zu mir ist (der Meister hat nie auch nur angedeutet, dass es ihn kümmern könnte, ob ich irgendetwas möchte) nicke ich ihm zu, grinse zurück und trage ihn so vorsichtig wie möglich auf den Boden. Dabei merke ich eines: hinter dieser Fassade des Greises verbirgt sich eine innere – und äußere! Kraft, die ihresgleichen sucht. Ein beeindruckender Mensch, und, wie Akara bereits anmerkte, nach einer Woche in Gefangenschaft so lebendig zu sein – zäh wie eine Gargantua!
Mit dem Stab, den Deckard Cain bei sich hat, der aus Holz ist, das so alt sein muss, dass es schon die Konsistenz von Stein angenommen hat (allem Anschein nach) könnte er einen solchen Berg von Monster wahrscheinlich mit der linken Hand besiegen.
Aber jetzt ist Deckard auf dem Boden, und die beiden Menschen sind an der Reihe, in von beiden Seiten seines halb mit grauem Haar bewachsenen Kopfes mit Gerede einzudecken.

„Deckard Cain, unser Aller Hoffnung! Habt ihr die Gefangenschaft gut überstanden? Ihr müsst uns zurück in unser Lager begleiten, dort wird man für eure Erholung sorgen!“

„Cain, geht sofort ins Lager der Jägerinnen, ich wette, hier halten euch keine zehn Bären mehr...wir kommen nach, sobald wir uns noch ein wenig umgesehen haben...“

Ich brauche nicht einmal die Stimmen zu unterscheiden, um herauszufinden, dass die letzte Stimme die des Meisters war.
Jetzt redet Kaschya auf den Meister ein, dass er ein Egoist ist, und Deckard redet auf Kaschya ein, dass er sofort ins Lager gehen wird, und ich halte den Mund, weil ich nichts anderes kann.
Oder? Ich trete zwischen die Redenden und bringe sie so zum Schweigen. Deckard lächelt wieder hintergründig.

„Wenn es euer Wunsch ist, eure Belohnung hier zu finden, dann tut es, Totenbeschwörer. Ich finde meinen Weg.“

Deckard verschwindet in der blauen Wolke eines Stadtportals, er braucht wohl keine Schriftrollen.
 
:kiss:
wär sowieso nicht früher wieder an nen Pc gekommen :p
immer noch ne super story :top:
 
Wird sich hoffentlich auch nicht so bald ändern :p .

...heute schreib ich Teil 1 fertig :eek: !

Yawgmoth


EDIT: Done. Wow, was für ein Fight.
 
Bin ein wenig spät - aber es ist immer noch Samstag :D .

Ratet mal, was als nächstes kommt...

Yawgmoth
 
Kapitel 28 – Eskapaden

Ich frage mich dann doch, was der Meister hier will? Kaschya jedenfalls lässt sich mit einem „Hey, ganz ruhig, wir haben es geschafft! Entspann dich, ich möchte doch nur sehen, ob sich hier was von Wert finden lässt – und das werden wir noch brauchen können...“ überzeugen.
Aha. Dann sehen wir uns eben nach etwas von Wert um...

In den Häusern liegen oft noch Goldstücke in kleinen Häufchen herum, mitten unter den Flammen, die nicht erlöschen. Die Flammen sind wohl nicht heiß genug, um das Gold zu schmelzen.
Sie sind auch nicht heiß genug, um mich zu verbrennen – aber nachdem der Meister mich FÜNFMAL in die Glut geschickt hat, um die runden Kastanien aus dem Feuer zu holen, bin ich fast zu Porzellan gebrannt. Ich hoffe, dass wir jetzt endlich das letzte Haus haben...

„Ok, das wars hier...schauen wir doch mal, ob die Skelette was gefunden haben...“

Puh.
Die Skelette haben die Leichen der Gegner untersucht und alles, was man noch tragen kann, auf einen Haufen geworfen.
Skelette haben eine sehr weite Definition von „tragbar“ stellt sich heraus...

„Müll, Quatsch, rostig...oh, brauchbar...das vielleicht...kaputt, verbogen...“

Der Meister murmelt vor sich hin, während er die Gegenstände durchsortiert. Kaschya fühlt sich sichtlich unwohl, aber sie lässt es geschehen.

„So, das hätten wir. Schau mal!“

Was der Meister auf einem weit kleineren Stapel als vorher gesammelt hat, besteht aus Stiefeln aus Metallgliedern, welchen aus hartem Leder, einem Gürtel aus Leder, einer viel zu kleinen Rüstung aus Leder, einer Kappe aus Leder...oh, ein Schwert in gutem Zustand (aus Metall), und Handschuhe mit Nieten.

„Na super. Und was machen wir damit?“

Fragt Kaschya den Meister, der ihr antwortet, dass manche „dieser Dinger“ besser sind als das, was er bereits anhat, und die Metallschuhe und der Gürtel hätten sogar eine gewisse Aura des magischen, aber genau wisse er das nicht. Während er das sagt, wechselt er seine alten, löchrigen Handschuhe, die so aussehen, als hätte sie als letztes ein Gefallener getragen (sie sind nämlich einmal zu klein gewesen) mit denen aus Leder – Leder mit Nieten, eben. Die Kettenstiefel zieht er nicht an, mit der Bemerkung, dass „man diesem magischem Zeug nicht trauen kann, wenn man nicht weiß, was es macht.“

Da pflichte ich ihm zu!

„Na gut, bist du fertig? Wir haben noch was zu erledigen...zum Beispiel will ich aus dieser Dämonenhöhle raus!“

„Beruhig dich, Kaschya, wir waren in der Ecke dahinten noch nicht...“

„Nein, mir langts! Mach ein Stadtportal auf, und weg sind wir!“

Denn Deckards Portal hat sich schon geschlossen. Vorsicht? Oder halten seine einfach nicht so lange? Egal.

„Das ist doch kein Grund, eine Schriftrolle zu verschwenden...gehen wir doch einfach zu Fuß, ist doch nicht weit...“

„Ich bring dich um! Ich will, dass wir hier verschwinden!“

„Da vorne ist noch das rote Portal...gleich sind wir hier raus!“

Der Meister kichert und rennt in Richtung unseres Ankunftpunktes davon. Kaschya folgt ihm, zähneknirschend.
Kaum sind wir alle im Feld der Steine angekommen, packt unsere Jägerin den Meister, der grinsend wartet, am Hals und schüttelt ihn.

„Was sollte denn das gerade? Was kostet es dich denn bitte, so einen kleinen Zauberspruch herzunehmen? Kannst du nicht EINMAL an jemand anderen als dich denken?“

Ich habe die Arme voller Ausrüstung, also kann ich gerade nichts tun. Wobei ich Kaschya voll zustimme...wenn der Meister denkt, er hat wieder etwas ganz gut gemacht, dann dreht er völlig durch, hab ich schon gemerkt...

„Kaschya...“, er hustet, „das ist doch nicht so schlimm...wir sind wirklich gleich im Lager zurück, ich hab mir doch den Weg gemerkt...“

Die Frau lässt ihn los, schnaubend. Der Meister zittert leicht. Offensichtlich hat er überhaupt nicht daran gedacht, dass Kaschya es gar nicht lustig findet, wenn er mit ihr dumme Spielchen spielt...
Dann gehen wir halt. Kann ja nicht schaden...im Lager sind sicher alle beim Jubeln, soll er doch erst mal zur Ruhe kommen, bevor ihn wieder alle feiern...
Moment, wir sind doch von rechts gekommen?
Sollte der Meister eine Abkürzung kennen? Wie denn, wir sind doch vom Wegpunkt aus in gerader Linie zum Obeliskenkreis gegangen...oder hat er einfach die Orientierung verloren? Mir ist die Topographie des Felds der Steine wie eine Karte ins Gedächtnis gebrannt, und der Wegpunkt ist südöstlich von unserer Position, 314 Schritte nach Süden, 237 nach Osten...
Nach ein paar Minuten hat auch Kaschya gemerkt, dass wir auf dem Holzweg sind.

„Hey, du Held! Hast du noch nicht gemerkt, dass wir hier vollkommen falsch sind?“

„Das stimmt schon, Kaschya...“

„Verdammt, jetzt langts aber! Du verdammter Sturkopf, gib doch wenigstens zu, dass du dich geirrt hast! Wenn du nicht sofort ein verdammtes Stadtportal aufmachst, dann prügle ich den Folianten aus dir raus!“

Au, jetzt ist sie aber verdammt wütend...
Der Meister erbleicht leicht.

„Kaschya, erinnerst du dich nicht an die Hausruine, an der wir gleich neben dem Wegpunkt vorbei gekommen sind? Die ist doch grad da vorne, siehst du sie?“

Das ist sie aber nicht; falsche Ausrichtung, und die andere war ein Stockwerk höher.
Aber der Meister rennt darauf zu, um die kleine Steinmauer herum, und...

„Hey, wo ist der Wegpunkt?“

„Ich hab es dir gesagt! Jetzt benutz dein dummes Stadtbuch, oder willst du, dass ich wirklich wütend werde?“

„Hier ist nur ein Buch...Golem, nimm es mit, und Kaschya? Du hast Recht. Tut mir Leid...ich bin wohl noch etwas mitgenommen nach dem Kampf.“

Oho? Ganz andere Töne von unserem Egoisten?
Aber als er mir das Buch gibt, merke ich, warum er sich recht geistesabwesend entschuldigt hat...das Glitzern in seinen Augen und die Vorsicht, mit der er den schimmligen, alten Folianten behandelt, sagt mir, dass er denkt, gerade einen ganz großen Schatz gefunden zu haben. Mal sehen, was daraus wird – aber ich hoffe, dass er sich seine Dummheiten in Zukunft spart...

Auf dem Rückweg habe ich endlich Zeit, einmal nachzudenken über mich, und meine Art zu kämpfen. Es ist wie ein Zwang von mir, mich selbst in Frage zu stellen...
Das Schwert stört mich zum Beispiel. Es ist sicher nicht übel – aber doch beschränkt, immerhin kann ich mit meiner rechten Hand als Schwert nur bedingt zum Beispiel zupacken, oder abwehren. Ein Schild wäre praktisch, aber dann kann ich gar nicht mehr greifen, ohne meine Hände komplett zurückzuformen. Oder...
Ich forme ich meine Finger so um, dass ich sie zwar noch bewegen kann – aber jetzt haben sie Fingernägel, lange Fingernägel, spitz und scharf und hart. In der Tat erinnern sie mich an Dämonenklauen, von denen ich auch die Inspiration zog. Sie können durchbohren und zerreißen, gleichzeitig packen und abwehren.

Ich tippe dem Meister auf die Schulter. Er schaut mich böse an. Bis er die Klauen sieht.

„Oh! Eine neue Idee? Warum das denn?“

Wie soll ich ihm das jetzt erklären? Ich forme meine Hände und greife leere Luft. Dann forme ich eine Hand zum Schwert, versuche es noch einmal – es klappt nur mit einer Hand, das Schwert kommt dem Gesicht des Meisters gefährlich nahe.
Dann forme ich die Klauen, packe mit ihnen problemlos zu, und halte sie vor meinen Kopf, imaginäre Hiebe blockend.
Der Meister nickt.

„Du hast Recht, die Klauen sind besser. Kommt mir gerade recht, ich fühle mich so inspiriert...“

Er hält seinen Stab über die Klauen; er glüht, und die äußerliche Form der Klauen wird zu ihrer Natur – fest und hart wie Stein, beweglich, als wieder flüssiger Stein aus der Erde fährt und sie zu tödlichen Waffen schmiedet.
Ein berauschendes Gefühl der Macht erfüllt mich, wie das letzte Mal, als meine Kampfkraft verbessert wurde.

Fast kommt es mir so vor, als würde es mich einengen – seltsam. Ist Macht nicht immer gut?














































Kapitel 29 – Der schimmlige Foliant

Wir sind zurück. Das Stadtportal hat sich geöffnet, und sämtliche Einwohner des Lagers haben gejubelt. Akara, die gerade dabei war, sich mit Cain zu unterhalten, als das blaue Feuer erschien. Charsi, die Schmiedin. Ein Mann mit öligem Grinsen, den ich bis jetzt noch nicht bemerkt hatte. Warriv, der Händler, den ich in unserer ersten Nacht hier gesehen hatte, als er sich am Feuer wärmte, und vorher, er ist der Mann in der blauen Kleidung, der den Kopf geschüttelt hat, als Kaschya den Meister heruntergeputzt hat; bis auf diese Gelegenheit ist er immer bei den Karren seiner Karawane geblieben. Alle Jägerinnin, die noch leben, bis auf die wenigen, die Wach halten. Gejubelt haben sie und den Meister gefeiert, als ob die Rettung Deckards bereits den Sieg über das Böse selbst bedeutet hätte...

Wer weiß? Vielleicht genau das.
Der Weise der Horadrim hat wieder tiefgründig gelächelt und fallen gelassen, dass „unsere beiden Helden“ General und Kaschya (die sich leicht übergangen gefühlt hat, nach ihrem säuerlichen Gesichtsausdruck) jetzt sicher erst einmal Ruhe bräuchten.
Der Meister hat sich bei ihm bedankt und ist sofort zu seinem Zelt gegangen, den schimmligen Folianten umklammernd.
Kaschja hat sich noch mit ihrer Truppe unterhalten und sich dann ebenfalls schlafen gelegt.

Nur, der Meister schläft nicht! Er liegt auf seinem Bett und liest schon seit drei Stunden, einundzwanzig Minuten und fünf...sechs...sieben Sekunden in dem Buch, mittlerweile beim flackernden Schein einer Kerze, die ich ihm holen musste.

„Und so geschah es, dass die Gräfin, die einst im verjüngenden Blut von hundert Junfrauen badete, lebendig begraben wurde. Und ihr Schloss, das so viele Gräueltaten gesehen hatte, zerfiel zu Ruine. Nur noch ein einziger Turm überragt die unterirdischen Verlise in der gottverlassenen Wildnis wie ein Monument der Bösen.
Man glaubt, dass das Vermögen der Gräfin unter dem Klerus aufgeteilt wurde, doch Viele sagen, das Meiste sei nie gefunden worden...“


Bei diesen Worten springt der Meister auf, die betreffende Stelle auf der vergilbten Seite mit dem Finger andeutend.

„Ich wusste es! Das verdammte Ding ist Gold wert!“

Er liest weiter.

„...nie gefunden worden und noch bei den verrottenden Schädeln begraben, die stummes Zeugnis von der Unmenschlichkeit der menschlichen Kreatur ablegen.“

Mit glänzenden Augen legt sich der Meister endlich zur Ruhe.

„Ich muss diesen Turm finden...“

Mit einem Lächeln auf den Lippen ist er sofort eingeschlafen.

Die Nacht verbringe ich damit, mir eine kleine Leiter zu organisieren, die ja so spät niemand braucht, und die Löcher im Zeltdach mit Ton zu stopfen, den ich ja immer dabei habe. Sieht zwar ziemlich komisch aus, aber wenn es wieder anfängt zu regnen, was es zum Glück heute nicht tut, wird der Meister wenigstens nicht nass.
Die Leiter bringe ich wieder zurück; von weitem sieht das Zelt aus, als wäre ein Knall – Elixier in einer nahen Schlammgrube explodiert. Diese seltsamen Flaschen mit orangener Flüssigkeit, die man auf irgendetwas werfen kann, was daraufhin in die Luft geht, hat Akara zu verkaufen.
Nur kauft sie Keiner, weil niemand so weit werfen kann, wie ihm lieb wäre. Magie ist einfach nur gefährlich, nichts anderes.
Am Morgen (Morgen? Die Sonne steht hoch am Himmel, und die Jägerinnen führen gerade ihre Wachablösung durch, die nach der Hauptmahlzeit in der Tagesmitte stattfindet...aber der Meister WAR erschöpft) steht eben jener auf. Das heißt, er springt von seiner Strohmatratze auf, wirft sich ein paar Kleidungsstücke über und rennt nach draußen, wo er stehen bleibt, von der Sonne geblendet.

„Ah, verdammt, was soll denn das, ist schon Mittag? Wer hat denn die verdammten Löcher im Zelt zugemacht, was soll mich denn aufwecken, wenn nicht die Sonne?“

Undank ist der Welten Lohn. Aber ich weiß, dass der Meister seinen Schlaf verdient hat. Zum Glück bemerkt er nicht, wer wohl für das Stopfen der Löcher gesorgt haben muss; das hätte seltsame Fragen aufgeworfen, die ich, stumm wie ich bin, sowieso nicht hätte beantworten können.
Deckard Cain sitzt munter auf einer Bank vor der niedergebrannten Feuerstelle und sonnt sich.

„Guten Morgen, General! Habt Ihr gut geschlafen? Es ist so ein schöner Tag heute, man könnte fast meinen, die Welt wäre noch in Ordnung...“

„Gut geschlafen? Na ja. Ich wollte eigentlich viel früher aufstehen, aber irgendein Vollidiot hat meinen natürlichen Wecker abgestellt!“

Deckard schaut erst das Zelt mit den Erdklumpen an, dann mich, dann spricht er wieder den Meister an.

„Ich wäre diesem ‚Vollidioten‘ dankbar...es wird nicht mehr hineinregnen, und ein wenig Schlaf zusätzlich wird Euch sicher gutgetan haben!“

Der Meister ist anscheinend in Eile; er beginnt, an Deckard vorbeizugehen.

„Das ist alles schön und gut, aber ich muss noch etwas erledigen, wenn Ihr mich entschuldigen würdet...“

„Aber, aber, mein Retter! Es besteht doch kein Grund zur Eile! Setzt Euch, und lasst uns reden...“

Der Meister schaut mehr oder weniger verzweifelt in alle Richtungen, aber Niemand scheint ihm zu helfen.

„Na gut. Was wollt Ihr von mir wissen?“

„Wissen möchte ich gar nichts, danken möchte ich Euch! Immerhin wart Ihr es, der mich aus diesem stinkenden Käfig befreit habt, wobei ich Euere schlagkräftige Hilfe nicht vergessen möchte zu erwähnen!“

Bei diesen Worten schaut er mich wieder einmal mit einem dieser wissenden Blicke an. Wenn man Jemand Weisen nennen kann, dann ihn!
Er redet weiter.

„Aber mehr noch als meine Dankbarkeit dürfte Euch ein kleines Zeichen ihrer erfreuen: ich habe mitbekommen, dass einige Euerer Beutestücke gewisse magische Qualitäten besitzen. Diese herauszufinden bedarf üblicherweise eine Schriftrolle der Identifikation, deren Magie weithin bekannt, aber selten verstanden ist...“

„Tut mir Leid, Euch unterbrechen zu müssen...aber worauf wollt Ihr hinaus?“

Der Meister ist wie üblich ein Muster an Höflichkeit. Deckard ist es egal, er macht einfach weiter.

„Ich wage herauszustellen, dass ich einer der Wenigen bin, die die Kunst der Magie noch in ihren Grundzügen kennen und beherrschen, und da solche Schriftrollen in der Herstellung nicht gerade preiswert sind, wäre ich mit Freuden bereit, Euch zu helfen, die magischen Attribute Euerer Gegenstände herauszufinden. Als kleine Gegenleistung für meine Rettung.“

Der Meister scheint erst einmal leicht geschockt ob der Tatsache, dass es Jemand gibt, der noch mehr reden kann als er selbst.
Dann erinnert er sich, was er eigentlich wollte; ich weiß aber noch nicht, was es ist.

„Das wäre fein, Cain. Selbstverständlich war es kein Problem für mich, Euch zu retten, und ihr müsst Euch nicht unbedingt erkenntlich zeigen, aber doch, wenn Ihr es gerne tut, wie Ihr sagtet, dann wäre ich Euch durchaus verbunden, wenn ihr es tun würdet! Sicher habt Ihr schon bemerkt, wo die Sachen liegen, die ich aus Tristram mitgebracht hab, während Ihr dabei seid, muss ich schleunigst was nachfragen. Danke im Voraus.“

Hat er anfangs noch versucht, so gewählt zu reden wie der Weise, ist er am Schluss dann doch etwas abgerutscht...na ja. Eben so, wie er jetzt von der Bank abrutscht, Deckard noch einmal zunickt und zu Akaras Zelt trabt.
Ich stehe relativ baff da. Warum bloß hat der Meister so eine Hektik? Soll er doch froh sein, dass der erste Stress einmal vorbei ist!
Deckard schaut zu mir hoch, der ich noch stehe.

„Du hast keine einfache Aufgabe, mein Freund, aber ich sehe für dich noch eine große Zukunft an der Seite deines Meisters. Oft sind es die kleinen Leute, die etwas in der Welt bewegen, wenn sie nur an der richtigen Stelle sind. An ebensoeiner befindest du dich im Moment. Vermagst du es, deine Bürde zu tragen, wirst du es schaffen, an seiner Seite das Übel aus Sanktuario zu tilgen. Er hat großes Potential, aber ich spüre es, ohne einen Freund an seiner Seite, der ihm ab und zu den Kopf zurechtrückt...“

Hier lacht Deckard still in sich hinein.

„...wird er scheitern. Bleib standhaft.
Und jetzt los, ich denke, du bist genauso neugierig wie ich, was ihn so aufgescheucht hat!“

Ich bemerke, dass ich mit offenem Mund und weit geöffneten Augen dastehe. Kann es wirklich sein, dass es einen Menschen hier gibt, der erkannt hat, was ich bin?

Ich renne hinter dem Meister her. Bleib standhaft. Oh ja!










































Kapitel 30 – Das größere Bild

„Akara, guten Morgen, weißt du was über irgendeinen Turm oder so?“

Das bekomme ich vom Meister noch mit, als ich endlich angekommen bin, wo er hinwollte: bei Akaras Zelt. Zum Glück für mich hat sie sich Zeit gelassen mit dem Auftauchen, da habe ich nichts verpasst.

„Nun mal langsam, General! Welcher Turm denn? Worum geht es? Ich bin ja noch gar nicht dazu gekommen, dir zu danken, weil du Deckard geholfen hast!“

Der Meister unterbricht sie, höflich und nett wie er ist.

„Schon gut, war doch kein Problem. Aber der Turm! Es muss eine Ruine sein, darunter eine Art Keller, aber ich hab keine Ahnung wo! Ist wichtig!“

Akara ist leicht irritiert.

„Einen Turm kenne ich schon...der schwarze Turm, nennen wir ihn...nur eine Ruine, da hast du Recht, aber da unten in den Kellern, einstürzende Mauern ist nicht das Einzige, worauf du aufpassen musst...man erzählt sich da so Sachen...“

„Aha. Ja dann. Wo ist das Ding?“

Akara stutzt. Der Meister ist aber auch hartnäckig heute!

„Können wir das wann anders besprechen? Ich wollte eigentlich mit dir reden, wie es denn so weitergehen soll...nur die Rettung von Deckard hat ja nicht alle Probleme per se beseitigt, und außerdem: Möchtest du keine Belohnung haben? Ich habe mir extra etwas ausgedacht!“

Der Meister scheint genervt, dass Alle seine kostbare Zeit verschwenden.

„Na gut, Akara...wenn das so wichtig ist...kannst du mir vorher nicht noch sagen, wo der Turm ist?“

Aber mittlerweile ist Deckard dazugetreten; nur ich habe ihn bemerkt, jetzt bemerken ihn auch die Anderen, weil er auf sich aufmerksam macht:

„Guten Morgen, Akara! General, Ihr habt wohl gedacht, es dauert länger, magische Gegenstände zu identifizieren? Ich habe sie schon hier und bereit!“

„Guten Morgen, Deckard. Gut, dass Ihr hier seid. Ich wollte eben unseren weiteren Weg mit unserem Helden besprechen.“

Wirft Akara dazwischen. Deckard legt die Stiefel aus Metall und den Gürtel aus Kettengliedern vorsichtig auf den Boden und fängt an zu reden.

„Ich kann mir bereits denken, worum es geht. Andariel, eines der vier geringeren Übel, und trotzdem gefährlicher als alles Andere, dem man hier in Sanktuario üblicherweise begegnet, ist bekanntermaßen für alle Probleme hier in Khanduras verantwortlich. Ihre dämonischen Kräfte haben den Geist eines Großteils der Jägerinnen verwirrt, und ihre höllischen Heerscharen verheeren, wie es schon im Namen steckt, Dörfer und Felder, Städte wie Tristram und Siedlungen wie diese hier. Nur, dass diese Siedlung hier noch ausgehalten hat; nicht zuletzt Euerer wackeren Schutztruppe und ihrer stets einsatzbereiten Anführerin zu verdanken.
Fakt ist, gegen diesen Zustand muss Alles getan werden, was in unseren Kräften steht, und Jeder von uns wird seinen Teil dazu beitragen müssen, manche einen geringeren, manche einen so wichtigen, dass ihr Name noch lange im Gedächtnis der Menschen bleiben wird – so sie denn Erfolg haben.
Demzufolge können wir uns glücklich schätzen, dass die Mächte des Guten uns einen Helden wie diesen hier...“

und damit deutet er auf den Meister; aber in seiner ausholenden Geste fühle auch ich mich mit einbezogen, was mir schmeichelt. Deckard steigt ständig in meiner Achtung.

„...schenkten, und die Rettung dieser meiner bescheidenen Seele ging ihm derart leicht von der Hand, dass ich voller Hoffnung bin, was den Ausgang des viel größeren Kampfes gegen die Ausgeburt der Hölle selbst angeht.“

Der Meister spricht in Deckards Pause hinein.

„Gut, dass ist viel Gerede, und viel Lob, wofür ich danke. Aber im Grunde läuft es doch auf das Selbe hinaus: Ich bin der, der für euch den Karren aus dem Dreck ziehen soll. Hab ich das richtig formuliert?“

Ohne eine Antwort zu erwarten, fährt er fort.

„Selbstverständlich bin ich gerne bereit, mich dieser Aufgabe zu stellen, und keine ‚Heerscharen der Hölle‘ werden mich davon abhalten, den Jägerinnen zu helfen, ihren angestammten Platz zurückzugewinnen. Denn, wie ich schon weiß, ist Andariel ist mit ihren Gehilfen durch ein höllisches Portal in den Katakomben des Klosters eingefallen, hat die eine Hälfte der Schwestern umgebracht, die andere auf ihre Seite gezogen, und nur ein paar Glückliche sind entkommen. So kann das nicht sein, und dagegen wird etwas gemacht, dafür stehe ich.“

Gut gesprochen! Aber ob er sich damit nicht leicht übernimmt? Deckard antwortet ihm.

„Nun, ihr seht, hier komme ich ins Spiel. Das Ganze, so bedauerlich es auch ist, was den Jägerinnen hier zugestoßen ist, ist nämlich nur ein Teil des Bedrängnisses, in dem diese Welt steckt. Denn seht: ich fürchte, Diablo, der Herr des Schreckens selbst, wandelt wieder auf Erden, und tragischerweise ist ihm der Held, der ihn ursprünglich unter Tristram vom Angesicht der Welt verbannte, sein neuer Avatar geworden!“

Geschocktes Schweigen breitet sich aus. Was meint Deckard damit?

Deckard fährt fort.

„Um ein Problem zu verstehen, ist es wichtig, zu erkennen, wie es entstand. Unser spezielles Bedrängnis entstand in jener Nacht, als ein anderes endete.
Der Held, der von fern kam, um Diablos Schreckensherrschaft vor einem Jahr zu zerstören, hatte Erfolg in seinem Plan. Der Herr des Schreckens wurde vernichtet, und das Böse war für kurze Zeit von der Welt verschwunden.
Aber dafür war ein furchtbarer Preis zu zahlen. Der Held hatte schreckliche Dinge erlebt in seinem Kampf gegen die Heerscharen von Dämonen, und seine Erfahrungen sollten ihn für immer verändern.
Äußeres Zeichen allein war eine kreisrunde Wunde von blutroter Farbe auf seiner Stirn, erlitten im Gefecht gegen das große Übel selbst.
Monatelang geschah nichts, was uns den Sieg verübeln konnte. Der Held wurde in großen Ehren gefeiert, und wohnte im schönsten Haus in Tristram, in dessen Katakomben sein gewaltiger Verdienst geschah.
Jedoch, in dieser Zeit wurden einige Veränderungen an ihm sichtbar. Er hörte Stimmen, wurde gewalttätig und unberechenbar.
Dann, als sich sein Sieg über Diablo das erste Mal jährte, geschah es. Ein Fest wurde ausgerichtet zur Feier seiner. Jeder vergnügte sich mit den feinsten Speisen.
Der Held aber verschwand mitten unter den Feierlichkeiten, als niemand es bemerkte.
Bis auf mich. Ich suchte und fand ihn; er hatte eine dunkle Kutte angezogen, und ging langsam, mit nichts am Leibe außer seiner Kleidung, auf das verlassene Stadttor zu, weil selbst die Wachen feierten.
Ich wolle ihn aufhalten. Aber auf meine Fragen, was er bezwecke, erhielt ich wenig Antwort.
Nur einen Satz wiederholte er wie ein Mantra:

‚Meine Brüder warten im Osten.‘

Dann ging er, ich konnte nichts dagegen tun.
Drei Tage später fielen die höllischen Heerscharen in Tristram ein; das war vor einer Woche. Ich wurde gefangengenommen, jeder andere getötet oder in die Dienste des Bösen genommen, oder beides.
Von Tristram aus breitete sich das Unheil aus. Portale in die Hölle selbst öffneten sich, Scharen von Ungetier strömten heraus. Die friedliche Tierwelt von Khanduras wurde wahnsinnig, von Geistern besessen.
Das Kloster der Jägerinnen wurde von Andariel verheert.
Und dieses Ereignis folgte, so habe ich von Akara erfahren, auf ein anderes.
Ein dunkler Wanderer, sein Gesicht in der Kapuze einer braunen Kutte verborgen, durchquerte die Klosterpforte, das Tor zum Osten, nach Lut Gholein, der Wüstenstadt.
Seine Beschreibung trifft genau auf die des Helden, in der Nacht, als er Tristram verließ.“

Eisiges Schweigen breitet sich aus.
Der Meister bekommt einen fragenden Gesichtsausdruck; bevor er etwas sagen kann, redet Deckard weiter.

„Meine Befürchtung und eine passende Erklärung für all jene Ereignisse ist folgende:
Nach dem Verlust seines fleischlichen Avatars in Sanktuario durch den Helden hat Diablos Geist von eben jenem Helden Besitz ergriffen.
Als er eine Gelegenheit sah, sich wieder mit den anderen beiden großen Übeln Mephisto und Baal zusammenzutun und eine erneute Herrschaft des Schreckens zu errichten, handelte Diablo, der den Helden durch Andeutungen und Träume führt.
Er macht sich in diesem Moment auf den Weg nach Lut Gholein, wo in der Nähe, in der Wüste der Ort liegt, wo Baal, der zweite der drei Übel, gefangen ist.
Sollte es ihm gelingen, Baal zu befreien, wäre der Sieg gegen das Böse in weite Ferne gerückt. Der dunkle Wanderer muss aufgehalten werden!“

Der Meister scheint zutiefst schockiert.

„Was kann ich tun? Ich werde helfen.“

Akara redet das erste Mal.

„Der Wanderer ist nach Osten verschwunden, durch das Kloster, als es noch nicht von Andariel besetzt worden war. Ihr müsst ihm folgen, und um das zu schaffen, muss Andariel fallen. Es ist Euere Aufgabe, dafür zu sorgen, dass der Weg nach Osten frei wird. Baal darf nicht befreit werden! Es liegt an Euch.“

Der Meister schluckt.

„Ich bin bereit.“
 
Nettes Update, wenn auch ein wenig kurz, ich habe sonst nichts auszusetzen

just my 2 cents

scir
 
Kurz?

Na, im Vergleich zu Tristram vielleicht :D - das war aber ne Ausnahme, ein Special eben.

Nicht gierig werden :D - aber Danke!

Yawgmoth
 
Gefällt mir sehr gut die Geschichte :)

Wie lange gedenkst du das zu schreiben?
Baal? ;)
 
-Jalux- schrieb:
Gefällt mir sehr gut die Geschichte :)

Danke.

Wie lange gedenkst du das zu schreiben?
Baal? ;)

Selbstgeständig!
Ich bin vor zwei Tagen mit Andy fertig geworden. Das erste Kapitel von Akt 2 steht schon. Dauert noch ein Weilchen, bis ihr so weit seid mit dem Lesen :D ...aber wir wollen ja nichts überstürzen. Sonst wäre ich so unter Druck zu schreiben, und ich hasse Druck :zzz: ...

Yawgmoth
 
So war ja ne Zeit nicht da. Hab die letzten 10 kapitel durchgelesen. Ich weiß nicht ob dich dran erinnerst, dass ich dir den einen Abend "Der Richter und sein Henker" lesen musste und du sagtest, dein Vater meinte es wäre gut, aber das hier ist doch um einiges besser meiner Meinung nach (Omfg was für ein bandwurmsatz :D ). Ein :top: für dich ;)

so long
miragee
 
Miragee schrieb:
So war ja ne Zeit nicht da. Hab die letzten 10 kapitel durchgelesen. Ich weiß nicht ob dich dran erinnerst, dass ich dir den einen Abend "Der Richter und sein Henker" lesen musste und du sagtest, dein Vater meinte es wäre gut, aber das hier ist doch um einiges besser meiner Meinung nach (Omfg was für ein bandwurmsatz :D ). Ein :top: für dich ;)

so long
miragee

Und ein :kiss: für dich, Miragee!

Ich erinnere mich, btw. Hab das Buch aber immer noch nicht gelesen ;) .

Yawgmoth
 
Zurück
Oben