XanKriegor
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Kaum einer hat noch damit gerechnet, obschon die Hoffnung stets vorhanden war. Und gerade jetzt, in einer Phase, in der mit dem Endspurt der BL, dem Rückspiel der Bayern in Madrid und dem darauffolgenden Finale schon genug Historisches passieren könnte, melde ich mich zurück mit einem Thread, der schon nahe an der Todesgrenze war. In Menschenjahre umgerechnet, wäre er wohl 93 Jahre alt, doch hier ist nun der Bypass, der das Unausweichliche noch einmal ein paar Jahre hinauszögern soll.
Es ist ein besonderer Film, auf den ich jetzt eingehen werde. Zunächst einmal sollten alle Action-, Horror- und Thrillerfans sofort aufhören, diesen Post zu lesen. Es könnten sonst einige lang verloren geglaubte Gefühle angesprochen werden, die die letzten Jahre über sorgfältig unter Blut, Gedärmen, abgetrennten Gliedmaßen und Killerspielen vergraben lagen. Im Prinzip sollte jeder gehen, der keine Frau ist, denn jetzt wird es, was Gefühle und Tränen angeht, wirklich extrem happig, einige werden an die maximale Belastbarkeit ihres Körpers gehen müssen, ich könnte mir sogar vorstellen, dass selbst Frauen ernsthafte emotionale Probleme bekommen könnten. Und das, obwohl sie ja von Natur aus den Tränen, dem Kitsch und echten Gefühlen weitaus näher stehen als Männer, die Jäger und Sammler unserer Gesellschaft.
Man kann es dem ausschweifenden Prolog eventuell schon entnehmen, es handelt sich um ein Drama. Der Film heißt "Perfect Sense" und wurde 2011 in Großbritannien, Schweden, Dänemark und Irland produziert. Ein idiotischer deutscher Untertitel wie beispielsweise "Nur eine scharfe Sense ist eine perfekte Sense" wurde uns glücklicherweise erspart.
Regisseur dieses Tränenkonglomerats ist David Mackenzie, ein bisher noch recht unbekannter Regisseur. Er hat zwar schon einige Filme gemacht, die waren aber eher Low-Budget-Produktionen und auch alle von Stil und Story her etwas eigen. Mir scheint, dass der Kollege Mackenzie sich wohl als Kunstfilmer auffasst, der über dem Niveau des sonstigen Hollywood-Einerleis schwebt. Einen Großteil seiner Filme halte ich für nicht wirklich sehenswert, dieser hier ist nun aber der erste, der mir wirklich gefallen hat.
Für das Drehbuch ist Kim Fupz Aakeson verantwortlich, ein Däne, der zwar schon einiges geschrieben hat, trotzdem aber nicht wirklich bekannt ist. Doch auch ihm ist es anzurechnen, dass aus "Perfect Sense" ein so gutes Werk geworden ist.
Der Film bietet zunächst einmal eine sehr spannende Geschichte.
Es hat sich eine Seuche ausgebreitet, die den Menschen seiner Sinne beraubt. Und dies meine ich wortwörtlich. Zunächst verliert man den Geruchs-, dann den Geschmackssinn und so weiter.
Es gab bereits hunderte von Milliarden von solchen Katastrophenfilmen. Dies ist nun so ziemlich der erste, der mit dieser Konstellation der verlorenen Sinne daherkommt. Und ich stelle es mir schlimmer vor, taub und blind mit Milionen anderer Menschen durch die Straßen zu taumeln, anstatt - wie in diesem Genre sonst eher üblich - einfach zu sterben.
Dies ist aber nicht das einzig Besondere an der Geschichte. Sie wird nämlich zum Zweiten aus der Sicht von zwei Leuten erzählt, einem Koch und einer Epidemiologin. Diese beiden begegnen sich, als die Seuche gerade ausbricht und verlieben sich ineinander.
Es wird also parallel zum Katastrophenszenario eine Liebesgeschichte erzählt.
Man kann nichts anderes sagen, als dass die Story gut gelungen ist. Der Blickwinkel der zwei Menschen sorgt dafür, dass man ein solches Weltuntergangsszenario in einem viel kleineren Rahmen erlebt als in vielen anderen Filmen. Außerdem spielt der Film sehr gut mit einer Art manisch-depressiven Attitüde. Es gibt leidenschaftliche Bettszenen mitsamt Liebesschwüren in allen Formen und Farben, die dann sofort von Chaos gefolgt werden, wenn ein Großteil der Menschen das Gehör verliert und auf den Straßen Panik ausbricht. So entwickelt sich ein stetiges Auf und Ab, auch wenn man sagen muss, dass die Liebesgeschichte an und für sich nichts besonderes ist und so verläuft wie in hunderten Filmen davor. Aber zusammen mit der bedrückenden - und wie ich finde hervorragenden - Rahmenhandlung ergibt sich ein sehr stimmiges Bild. Die Handlung ist auf jeden Fall sehr gut gelungen, besonders der neue Aspekt der verlorenen Sinne hat mich fasziniert und macht auch die Atmosphäre so besonders.
Aber auch die beste Story kann nicht fruchten, wenn die Hauptdarsteller schlecht sind. Zum Glück sind hier zwei sehr gute Schauspieler an Bord, namentlich Ewan McGregor und Eva Green, die die männliche beziehungsweise weibliche Hauptrolle spielen. Beide sind die absolut zentralen Figuren des Films, die restlichen Schauspieler sind von nicht allzu großer Bedeutung. Und wie die beiden Hauptakteure ihre Rollen stemmen, ist wirklich brillant. Beide spielen sehr stark auf und erzeugen jederzeit ein Gefühl der Authentizität und lassen den Zuschauer mitfiebern und -fühlen. Den Nebendarstellern kommen zwar nur recht unwichtige Parts zu, trotzdem ist die schauspielerische Leistung überall und immer stimmig.
Wie eingangs erwähnt, handelt es sich bei "Perfect Sense" um ein Drama. Wer also nun weltuntergangsgeil ist und brennende Menschen sehen will, wird enttäuscht. Auch wenn dies das Setting der Handlung ist, liegt der Fokus eindeutig auf der Liebelei zwischen den beiden Protagonisten.
Die Geschichte wird dabei recht emotional erzählt und es sind auch einige rührselige Momente dabei. Erfreut hat mich daran wiederum, dass die Balance dabei ziemlich perfekt war. Es war nicht zu kitschig, sondern genauso, dass man es als glaubwürdig ansehen kann.
Leider gab es auch bei diesem Film einen Aspekt, der mir nicht gefallen hat, zumindest teilweise. Die Kamera war in einigen Einstellungen sehr wacklig, beispielsweise beim Fahrradfahren. Das war extrem nervig, weil es nur in den seltensten Fällen zur Atmosphäre des Filmes passte.
Insgesamt gibt es also sehr starke Hauptdarsteller in einer wunderbaren Story zu sehen. Die an und für sich eher seichte Lovestory wird passend ins Katastrophenszenario eingeflochten und bietet einen sehr außergewöhnlichen Blick ins Genre der Weltuntergangsfilme.
"Perfect Sense" ist der Film, der mich in den letzten Monaten am meisten und positivsten überrascht hat.
Das Ende ist ebenfalls gut gelungen und bringt die Handlung zu einem sehr stimmigen Abschluss.
Also eine absolut runde Sache.
8/10
Es ist ein besonderer Film, auf den ich jetzt eingehen werde. Zunächst einmal sollten alle Action-, Horror- und Thrillerfans sofort aufhören, diesen Post zu lesen. Es könnten sonst einige lang verloren geglaubte Gefühle angesprochen werden, die die letzten Jahre über sorgfältig unter Blut, Gedärmen, abgetrennten Gliedmaßen und Killerspielen vergraben lagen. Im Prinzip sollte jeder gehen, der keine Frau ist, denn jetzt wird es, was Gefühle und Tränen angeht, wirklich extrem happig, einige werden an die maximale Belastbarkeit ihres Körpers gehen müssen, ich könnte mir sogar vorstellen, dass selbst Frauen ernsthafte emotionale Probleme bekommen könnten. Und das, obwohl sie ja von Natur aus den Tränen, dem Kitsch und echten Gefühlen weitaus näher stehen als Männer, die Jäger und Sammler unserer Gesellschaft.
Man kann es dem ausschweifenden Prolog eventuell schon entnehmen, es handelt sich um ein Drama. Der Film heißt "Perfect Sense" und wurde 2011 in Großbritannien, Schweden, Dänemark und Irland produziert. Ein idiotischer deutscher Untertitel wie beispielsweise "Nur eine scharfe Sense ist eine perfekte Sense" wurde uns glücklicherweise erspart.
Regisseur dieses Tränenkonglomerats ist David Mackenzie, ein bisher noch recht unbekannter Regisseur. Er hat zwar schon einige Filme gemacht, die waren aber eher Low-Budget-Produktionen und auch alle von Stil und Story her etwas eigen. Mir scheint, dass der Kollege Mackenzie sich wohl als Kunstfilmer auffasst, der über dem Niveau des sonstigen Hollywood-Einerleis schwebt. Einen Großteil seiner Filme halte ich für nicht wirklich sehenswert, dieser hier ist nun aber der erste, der mir wirklich gefallen hat.
Für das Drehbuch ist Kim Fupz Aakeson verantwortlich, ein Däne, der zwar schon einiges geschrieben hat, trotzdem aber nicht wirklich bekannt ist. Doch auch ihm ist es anzurechnen, dass aus "Perfect Sense" ein so gutes Werk geworden ist.
Der Film bietet zunächst einmal eine sehr spannende Geschichte.
Es hat sich eine Seuche ausgebreitet, die den Menschen seiner Sinne beraubt. Und dies meine ich wortwörtlich. Zunächst verliert man den Geruchs-, dann den Geschmackssinn und so weiter.
Es gab bereits hunderte von Milliarden von solchen Katastrophenfilmen. Dies ist nun so ziemlich der erste, der mit dieser Konstellation der verlorenen Sinne daherkommt. Und ich stelle es mir schlimmer vor, taub und blind mit Milionen anderer Menschen durch die Straßen zu taumeln, anstatt - wie in diesem Genre sonst eher üblich - einfach zu sterben.
Dies ist aber nicht das einzig Besondere an der Geschichte. Sie wird nämlich zum Zweiten aus der Sicht von zwei Leuten erzählt, einem Koch und einer Epidemiologin. Diese beiden begegnen sich, als die Seuche gerade ausbricht und verlieben sich ineinander.
Es wird also parallel zum Katastrophenszenario eine Liebesgeschichte erzählt.
Man kann nichts anderes sagen, als dass die Story gut gelungen ist. Der Blickwinkel der zwei Menschen sorgt dafür, dass man ein solches Weltuntergangsszenario in einem viel kleineren Rahmen erlebt als in vielen anderen Filmen. Außerdem spielt der Film sehr gut mit einer Art manisch-depressiven Attitüde. Es gibt leidenschaftliche Bettszenen mitsamt Liebesschwüren in allen Formen und Farben, die dann sofort von Chaos gefolgt werden, wenn ein Großteil der Menschen das Gehör verliert und auf den Straßen Panik ausbricht. So entwickelt sich ein stetiges Auf und Ab, auch wenn man sagen muss, dass die Liebesgeschichte an und für sich nichts besonderes ist und so verläuft wie in hunderten Filmen davor. Aber zusammen mit der bedrückenden - und wie ich finde hervorragenden - Rahmenhandlung ergibt sich ein sehr stimmiges Bild. Die Handlung ist auf jeden Fall sehr gut gelungen, besonders der neue Aspekt der verlorenen Sinne hat mich fasziniert und macht auch die Atmosphäre so besonders.
Aber auch die beste Story kann nicht fruchten, wenn die Hauptdarsteller schlecht sind. Zum Glück sind hier zwei sehr gute Schauspieler an Bord, namentlich Ewan McGregor und Eva Green, die die männliche beziehungsweise weibliche Hauptrolle spielen. Beide sind die absolut zentralen Figuren des Films, die restlichen Schauspieler sind von nicht allzu großer Bedeutung. Und wie die beiden Hauptakteure ihre Rollen stemmen, ist wirklich brillant. Beide spielen sehr stark auf und erzeugen jederzeit ein Gefühl der Authentizität und lassen den Zuschauer mitfiebern und -fühlen. Den Nebendarstellern kommen zwar nur recht unwichtige Parts zu, trotzdem ist die schauspielerische Leistung überall und immer stimmig.
Wie eingangs erwähnt, handelt es sich bei "Perfect Sense" um ein Drama. Wer also nun weltuntergangsgeil ist und brennende Menschen sehen will, wird enttäuscht. Auch wenn dies das Setting der Handlung ist, liegt der Fokus eindeutig auf der Liebelei zwischen den beiden Protagonisten.
Die Geschichte wird dabei recht emotional erzählt und es sind auch einige rührselige Momente dabei. Erfreut hat mich daran wiederum, dass die Balance dabei ziemlich perfekt war. Es war nicht zu kitschig, sondern genauso, dass man es als glaubwürdig ansehen kann.
Leider gab es auch bei diesem Film einen Aspekt, der mir nicht gefallen hat, zumindest teilweise. Die Kamera war in einigen Einstellungen sehr wacklig, beispielsweise beim Fahrradfahren. Das war extrem nervig, weil es nur in den seltensten Fällen zur Atmosphäre des Filmes passte.
Insgesamt gibt es also sehr starke Hauptdarsteller in einer wunderbaren Story zu sehen. Die an und für sich eher seichte Lovestory wird passend ins Katastrophenszenario eingeflochten und bietet einen sehr außergewöhnlichen Blick ins Genre der Weltuntergangsfilme.
"Perfect Sense" ist der Film, der mich in den letzten Monaten am meisten und positivsten überrascht hat.
Das Ende ist ebenfalls gut gelungen und bringt die Handlung zu einem sehr stimmigen Abschluss.
Also eine absolut runde Sache.
8/10