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[Story] Saqqara

*Auch_schon_gesehen_* :rolleyes:


Jaja, Ifrah und Menrad sind wie die zwei Königskinder... ach was, ein blöder Vergleich :D

Habe das schon richtig gesehen - keine Liebe, vielleicht bald echte Sympathie und aus der Situation heraus ein gut nachvollziehbares Verlangen ;)

Sehr schön, der fast unnahbare Fürst, uraltes Selbstbewußtsein, eine Selbstsicherheit, die ihresgleichen sucht, die weiß, wo ihr Platz ist in der Welt.

Menrad hat ja einiges zu gegenwärtigen. Es gelingt ihm ganz gut, aber ich denke da kommt noch einiges mehr.

Was doch Kleidung ausmacht? Ifrah erfährt dies am eigenen Leib. Sie benutzt selbst diesen Trick um sich von den zärtlichen Gedanken an ihre Tochter zu lösen.

So, jetzt muss ich aber schliessen, obwohl noch viel zu sagen wäre,. RL ruft mit lauter Stimme :) und das Lesen hat wieder mal eine vergnügliche halbe Stunde gedauert.

:hy:

DV


Edit: :eek: Der 400.ste Post - Respekt meine liebe Reeba :)
 
Danke @Dame Venusia und alle anderen :)

Zum neuen Kapitel muss ich unbedingt hinzufügen, dass bedeutende Teile davon nicht allein meine Idee waren. An dieser Stelle nochmals ein dickes Danke an meinen einen Betaleser Stalker_Juist, der maßgeblich an der Entstehung von 'Saqqara' mitbeteiligt ist. Ich bin wirklich überglücklich, ihn und Dingior als B.leser zu haben.


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XXVII. Die vergessenen Völker






Frühnebel lag über Kurast.
Im Südosten der Stadt stand ein Mann auf einem niedrigen Hügel. Hier fehlten die Waldhänge, die Kurast einschlossen – ein Stück flaches Land, von weit verstreuten Salbäumen bedeckt, gab den Blick auf das ferne Häusermeer frei.
Nicht vollständig still war es ringsum, doch die hellgraue Decke des Nebels dämpfte jeden Laut, auch das nie verstummende Klanggemenge eines lagernden Heeres.
Die Welt zeigte sich unwirklich im Grau. Man sah noch schlechter, als man hörte.
Menrad ließ einen letzten, langen Blick über das freie Feld vor der Stadt gehen. Nichts regte sich zwischen seinem Standort und der schattigen Linie zu erahnender Häuser. Auch wenn Kurast mit den Angreifern rechnete, waren sie durch den Nebel vermutlich kaum zu sehen. Er sog die vergängliche Kühle des Morgens ein, angespannt, doch in der Anspannung eigenartig froh.
Kurast war eine gefährliche, klare Herausforderung und der unerwartete Zusammenhalt des Kriegszuges ein starkes Rückgrat für jeden rastlosen Geist. Des Paladins Brust berührte seinen Harnisch, als er sich straffte, beide Stiefel fest im Sand, hier, ein Stück über den Häuptern des Heeres.
Er wandte den Kopf, als ein Anführer der Pundarkrieger zu ihm hinaufstieg. Die Männer grüßten einander, verzichtend auf höfliche Umständlichkeiten. Sie hatten sich in den vergangenen Wochen ohne viele Worte schätzen gelernt.
Gesten und Gesichter dieser Menschen würden Menrad auf ewig fremd bleiben, aber sie waren ausdauernde Krieger, erstklassige Soldaten, verlässlich in all ihrer Wildheit. Absichtlichen Ungehorsam sah man selten. Aberglaube und Unbeherrschtheit, bei einigen zu irrsinniger Gewalt gesteigert, waren ihre Schwächen.
Ihre gleichzeitige feine Schärfe im Kampf und ihre plötzliche Raserei, ihre Leidenschaft, die seltsame Züge annehmen konnte wie offenen Sanftmut oder lähmende Trauer, ließen ihm ihre dunklen Gesichter zu Masken werden, hinter die er nur selten zu blicken verstand.
„Kein Zeichen drüben?“ Der Angekommene folgte Menrads Blicken in den Nebel.
„Alles sieht ruhig aus, Amal“, entgegnete der Paladin. Erstaunt und dankbar nahm er den Kupferbecher mit Tee an, den der junge Mann mit dem bubenhaften Gesicht ihm reichte. Amal erinnerte ihn sehr an Basruth, und das Äußere täuschte. Er war einer der gefährlichsten Kämpfer an der Seite des Fürsten.
Tee. Im Lager – ganz gleich, ob sie im nächsten Augenblick angegriffen würden – schwelten kleine Feuer, Teefeuer, wie Menrad sie nannte. Immer kochen sie Tee.
„Mögen unsere Verbündeten bald eintreffen“, sagte der Pundarkrieger. „Sonst werden wir, sollte Kurast unser Lager attackieren, oder auch bei einem eigenen Angriff, in starke Bedrängnis geraten. Der Tag stimmt.“
„Zweifelt Ihr daran, dass sie kommen?“ Menrad spürte einen Schauder der Ungewissheit. Sie verließen sich auf einige wenige Menschen. Auf die Worte eines einzigen Mannes.
Doch die Zweifel hielten nur kurz an.
Es war mit Sicherheit keine Sympathie, und falls Respekt, dann nur ein höchst widerwilliger, aber etwas ließ Menrad wissen: Der Nekromant wird Wort halten. Sie werden kommen.
„Ihr zweifelt nicht?“ kam die erstaunte Gegenfrage.
„Nein.“
Der Pundarkrieger behielt offenkundig für sich, was er dazu dachte, und sah mit wieder gestrafften Zügen in den Nebel. „Seltsames Schicksal“, bemerkte er noch, bevor er wartend verstummte, „das uns von einem Pakhrajünger abhängig macht.“
Das Heer blieb ruhig, nur einzelne, vorsichtige Hauptleute stellten ihre Krieger neu zusammen, hießen sie wachsam sein.
Kaum ein Vogel schreckte die Späher einmal. Die Welt blieb trüb und still.
Nichts, nichts.
Das Warten war mühsam, und das Verstreichen der Zeit nur an einer blassen Sonne erkennbar, die langsam über den Horizont gekrochen kam und den Nebel bald auflösen würde.
Dann hörte Menrad es.
Es kam erst als ein leises Erzittern im Boden, kaum schon ein Geräusch, und verdichtete sich mit dem Umwenden der Wachsamsten in die Ahnung ferner Bewegung, vielleicht Stimmen, vielleicht Aberhunderte von Füßen, und als der gesamte Kriegszug in den Nebel hinter sich sah, rollte die erste Trommel. Ihr folgte eine zweite, leiser. Dann mehrere, ein ganzes Gespräch dumpfer und hellerer Schläge.
Menrad, der sich halb in einem Traum wähnte, hörte Gesang. Er starrte in das ziehende Weiß. Es war das fremdartigste Singen, das er je vernommen hatte. Und mit ihm lösten sich Gestalten aus dem Nebel.
Zügig, aber ohne Hast kamen sie herangeschritten, erst wenige, schattenhafte Umrisse, die sich bald zu einer Menge verdichteten. Das Auge konnte kaum mehr erkennen als Körper, Stäbe, hochgehaltene dünne Banner, einen singenden Geisterzug.
Die Verbündeten. Sie sind gekommen.
Unter erstauntem, leise aufkommendem Reden des Kriegszuges trafen die beiden Gruppen aufeinander. Jetzt, wo sie bei ihnen angelangt waren, konnte man die ungefähre Zahl der Hinzugekommenen schätzen. Es mochten an die fünfhundert sein – mehr, als der alte Zug Köpfe zählte.
Sprachlos sah der Paladin zu, wie sich eine kleine Gruppe aus der Menge löste, die immer noch hier und dort beschwörend mit ihren Instrumenten rasselte. Es sind so viele. Er erkannte Hadan unter der kleinen Gruppe, einige Schritte dahinter den schwarzen Haarschopf der jungen Assassine, und zwischen diesen Männer sehr unterschiedlichen Aussehens.
Nur zwei von ihnen neigten die Köpfe vor dem Pundarfürsten, der den Verbündeten entgegenschritt. Der Nekromant indes kniete nieder.
Die neblige Luft trug die Stimmen mühelos auf nahe Distanz. Menrad vermochte zu verstehen, was gesprochen wurde. Mit steifen Beinen verließ er den Hügel und näherte sich dem Ort der seltsamen Begegnung.
„Du hast Wort gehalten“, hörte man soeben den Fürsten, der auf den sich aufrichtenden Nekromanten blickte.
Menrad fiel es wie Schuppen von den Augen. Er selbst wurde mit der Höflichkeitsform angeredet – während man zu Hadan sprach wie zu einem niederen Mann, einem Mann der Straße. ’Du’. Und hier bedeutete es keine Vertrautheit.
„Wir sind seit Mitternacht marschiert, um rechtzeitig hier einzutreffen, Hoheit“, antwortete der Angesprochene. Keine Müdigkeit umgab ihn – vielmehr die zwingende Aura einer Unbeugsamkeit, die sich vorbereitet. „Hier seht Ihr die Anführer derer, die aus den Wäldern, von Mandjab und aus der Wüste Sibha gekommen sind, um uns beizustehen.“
Während die Oberen aller Gruppen sich begrüßten – eine Unterredung beträchtlicher Dauer, in welcher zum Ausdruck kam, dass die verschiedenen Menschen sich nur mit Mühe verständigen konnten, auch wenn sie alle dem Osten entstammten – hingen Menrads Augen an den neuen Verbündeten.
Vom Gürtel an aufwärts nackt, nackt bis auf Umhänge oder Schmuck aus Steinen, Federn und anderem, war eine große Menge hochgewachsener, knochiger Männer da. Ihre Haut war das erstaunlichste Kupfer. Weiße Streifen, wirre Muster, bildeten darauf eine Bemalung, eine nicht zu entziffernde Bildschrift. Sie hatten das teils hüftlange Haar in unzähligen Zöpfen eigentümlich hochgesteckt, standen lässig, stolz, mit dem Habitus von Menschen, die sich nie innerhalb beengender Mauern bewegt haben, und stützten sich auf Speere. Was an kürzeren Waffen um ihre Gürtel hing, ließ sich nur erahnen. Ohne diese Männer je auch nur beschrieben gehört zu haben. ahnte Menrad, dass es Bewohner der Sibhawüste waren, dem östlichen, viel kleineren Gegenstück des großen Sandmeers im Westen.
Eine zweite Menge war zahlreicher, aber von sehr niedrig gewachsener Statur: Krieger, die Menrad allesamt nur bis an die Schulter reichen mochten, dunkel, mit ungewöhnlichen, platten Gesichtern unter strähnigem Haar. Einige trugen blassgoldenen Schmuck und riesige Pflöcke in den Ohrläppchen. Man sah auch Frauen unter ihnen. Macheten und Schilde aus lederbespanntem Holz waren ihre Ausrüstung.
Vor Jahren hatte es eine Reise paladinischer Missionare zur Insel Mandjab gegeben, und dieses kleine, doch für seine Unerschrockenheit im Kampf berüchtigte Volk war Menrad aus den Berichten bekannt, Berichten, die erzählten, dass man die Ordensbrüder zwar ohne Gewalt, aber mit unmissverständlichem Nachdruck wieder von der Insel herunterkomplimentiert hatte.
Als letzte zog eine dritte Gruppe die Blicke auf sich, die sich zwischen Haufen halbwegs gut ausgerüsteter Landbewohner mischte. Überwiegend ältere und alte Männer waren es. Man sah sämtliche Haar- und Hautfarben des Ostens bei ihnen, Bemalungen, Amulette, Knochen, Bänder. Viele waren barfuss – abgerissene, abenteuerliche Gestalten, die dennoch etwas verband. Vielleicht würde das Auge ewig suchen und meinen, dass es nicht der fiebrige Blick dieser Männer war, nicht ihre sparsame Bewaffnung, die sie unter Kriegern als Magiekundige auswies, und auch nicht ihr wunderliches Gehabe. Vielleicht war es eine unsichtbare Zusammengehörigkeit.
Die Nekromanten des Ostens waren dem Ruf des Pakhrajüngers gefolgt.
Menrad erreicht seine Gefährten, die sich inmitten der Heere wiedergefunden hatten.
Hadan wandte ihm die stechenden Augen zu, hinter sich die Assassine und die Magierin, die sich in die Arme schlossen.
„Paladin.“ Er deutete eine leichte Verbeugung an. Ironie war darin nicht zu erkennen.
Nach einem Lidschlag des Zurückzuckens, inmitten der überwältigenden Gerüche fremder Körper, erwiderte Menrad die Begrüßung.
„Ihr habt viel Unterstützung aufbringen können“, sagte er in einem halben Versuch, Anerkennung zum Ausdruck zu bringen.
„Sie sind verwendbarere Krieger, als es den Anschein haben kann“, entgegnete der Nekromant mit Blicken auf die langsam zusammenfließenden Heere. „Wenn Kurast obsiegt, wird es sich ihrer Lebensräume bemächtigen. Das wissen sie. Sie haben ihre eigenen Kriege bestanden und werden geben, was sie können. Aber ich weiß nicht, wie sie sich gegen eine bewaffneten Stadt bewähren.“
„Ihr habt Skrupel.“ Menrad sah fest in das bleiche Antlitz. Er war so erstaunt von der Besorgnis im Tonfall seines Gegenübers, dass er es laut aussprach.
Für einen Atemzug gefror die Miene des Nekromanten. Dann löste sie sich. Ein Stück mehr begreifend, erkannte Menrad hinter dem dunklen Magier einen verhärteten, in seinem Stolz gefangenen Mann, den jüngere Ereignisse zwangen, aus seiner Form auszubrechen und der in Bereichen des Lebens blind umhertappte, die ihm nie jemand gezeigt und die er stets gemieden hatte.
„Die habe ich“, kam es zurück. Dass er seine Stimme senkte, war dem Nekromanten vielleicht selbst nicht bewusst, doch Menrad bemerkte es. „Was auch immer ich anfasse, endet im Sterben.“
Die Magierin und die Assassine, die vom Wortwechsel der Männer nichts mitbekommen hatten, beendet dazwischenplatzend die seltsame Situation, zwei Frauen, die einfach froh waren, sich wiederzusehen – selbst im Angesicht des Krieges. Bevor Hadan zurücktrat, sichtlich erleichtert, wurde Menrad Zeuge zweier Blicke.
Einer hing kurz an ihm, frei von Hass, in Verwirrung darüber vielleicht, was man sich unabsichtlich anvertraut hatte. Der andere streifte die junge Assassine, verborgen, gleitend wie eine Schlange, und voller Schuldbewusstsein.
Viel Zeit für das Wiedersehen blieb ihnen nicht.
Die Hauptleute und Einzelkämpfer um sich scharend, erklärte ein Begleiter des Pundarfürsten den Plan für die kommende Schlacht.
Das Heer würde in breiter Front vorrücken und in die Stadt zu gelangen versuchen, wie es schon in Shanghar getan worden war. An den Tempeln, den Stützpfeilern der neuen kurastischen Ordnung, erwartete man den größten Widerstand. Sie überwindend, sollte sich das Heer langsam um Travincal, das Herz der Stadt, zusammenziehen, doch erst, nachdem jede andere Gefahr gebannt war.
Der Nebel begann sich zu lichten.
Es mochte die sechste Stunde des Tages sein.
Von einer Erhebung aus richtete der Fürst letzte Worte an die Männer des nun fast tausendköpfigen Kriegszuges. Seine Worte wurden weitergegeben, wo die hinten Stehenden sie nicht mehr hören konnten.
Denn der Fürst sprach rasch und tastend. Auch er konnte nicht wissen, was sich in Travincal verbarg, welche Macht sich dem Aufstand letztlich entgegenstellte. Er musste anspornen, wo es in Wahrheit Anlass zu ernster Sorge gab.
Zäh war der Marsch über den Kontinent gewesen, mühsam, aber fast zu leicht, was Widerstand betraf. Die Taktik Kurasts, besetzte Städte vorerst wieder aufzugeben, bedeutete keine Schwäche – solch ein Narr war er nicht. Sie bedeutete, dass sich die ganze Schlagkraft der Alten Stadt nun in ihr gesammelt hatte, wartend auf eigenem Boden.
Die Angst mied er.
Wenn er Kraft verleihen konnte, indem er aufhetzte – untere Kasten gegen obere, lange nicht Gefragte gegen Regierende, Arm gegen Reich – dann tat er es. Dieser Krieg bediente sich der vergessenen Völker. In einem von finsteren Ahnungen und von Furcht gelähmten, in sich selbst verstrickten Land waren sie Jene, die aufbegehrten. Und der Fürst, von seinem uralten Geschlecht verwöhnt, hochmütig und eigen, aber nicht dumm, stieg von seiner Erhebung hinunter, unter das sich langsam in Bewegung setzende Heer, und ließ sich von einem seiner Diener seine Kriegslanze reichen.
Mit der Bewegung eines riesigen Schwarms formierte sich ein Heereskopf, verteilte sich die bunte Menge in große Farbflecken, schlug ihre Trommeln, und durch den schwindenden Dunst traten sie das letzte Stück Wegs nach Kurast an.




„Eya!“
Zwischen dem leisen Anruf von hinten, der die Assassine verharren und sich fragenden Blicks umwenden ließ, und dem Moment ihres Aufeinandertreffens lief die Welt langsamer.
Arglos, dunkel und klar, ohne mehr darin als mit Sorge gemischte Konzentration, schauten ihre Augen.
Hadan beschleunigte seinen Schritt. Ringsum strebte das Heer vorwärts, Dutzende um Dutzende bewaffneter Menschen, und es war kein Leichtes, hier Gedanken zu ordnen.
Aber es ist die letzte Gelegenheit. Er ballte unwillkürlich die Rechte. Diesmal mag es sein, dass wir den Kampf nicht lebend überstehen. Nein, verbesserte er sich, jeder Kampf trug das mögliche Ende in sich, den drohenden Verlust. Nur haben wir immer Glück gehabt.
Nicht wahr, Shatryindjah? Glück, wenn man es in all dem Irrsinn so hat nennen können.

Sie stand da und sah ihm entgegen.
Klein und schmal wirkte ihre lederumschlossene Gestalt inmitten einer großen Menge. Unbegreiflich war es eigentlich, dass sie bis hierher überlebt hatte, immer dicht an des Feindes zahllosen Waffen, ohne Schild, ohne Magie, geschützt nur durch ihre Schnelligkeit und ihr Geschick. In jeden Schrecken musste sie sich unmittelbar hineinbohren, um ihm schaden zu können, und war doch noch da.
Ich bin der Liebe dieser Frau vielleicht gar nicht würdig. In diesen Schritten, unbewegten Gesichts weitergehend, bedachte Hadan sein Alter. Seine Unzugänglichkeit. Seine oftmalige Härte und all das, was für eine Gefährtin eine Last sein musste. Ich sollte anfangen, sie mir zu verdienen.
Vor dem drohenden Kampf wollte er die Assassine wenigstens wissen lassen, dass er zu begreifen begann. Ihrer beider Schicksal, Wege vormaliger Einzelgänger, hatte sich miteinander verschränkt, und nicht jeder Antrieb, dessentwegen ausgerechnet sie beide einander liebten und sie nach allem Zurückliegenden bei ihm blieb, musste gut sein oder gesund. Es mochte auch kränkliche, heimliche Gründe geben. Hier endete das Begreifen und ließ nur die Einsicht zurück, dass die kurze Zeit der Nähe all dem Unbekannten im Anderen noch lange nicht gerecht geworden war.
„Was gibt es?“ fragte Eya, als er zu ihr aufgeschlossen hatte.
Flüchtig hätten die glatten Züge, die sich aufsehend ihm zukehrten, haargenau das Antlitz derselben Eya sein können, die im Tal der Magier zum ersten Mal am Lagerfeuer gesessen hatte. In Wahrheit aber hatte sie sich verändert. Eine nachdenklichere, allmählich festere Persönlichkeit trat hinter dem scheuen Wesen hervor, das zuviel erduldete und ihn immer aufs Neue die Angst kennen lernen ließ, sie beuge sich lieber der Qual eines unguten Verhältnisses, als allein zu sein. Da er dies von ihrer ersten Begegnung an geahnt hatte, war die Wahl, vor die er sie gestellt hatte, doppelt grausam gewesen.
„Die Wochen der Reise, diese letzten“, begann er endlich mit halb erstickter Stimme, „waren sicher die besten meines Lebens.“ Spürend, dass er ihr etwas Besonderes zu sagen versuchte, stand sie jetzt mit halb geöffneten Lippen angespannt vor ihm. „Bevor wir weitergehen, sollst du noch Eines wissen, Shatryindjah – dass ich dich nicht genug um Verzeihung bitten kann für das, was ich am Fluss zu dir sagte. Ich habe dir sehr weh getan.“
Das immer so zarte, oft etwas erstaunt blickende Gesicht wurde ernst.
„Ja, das hast du.“
Innerlich zusammenzuckend, aber zufrieden gewahrte er ihre Antwort, den Vorwurf ohne Bitterkeit. Dies bewies, dass sie nicht urteilslos hingenommen hatte, was geschehen war.
„Ich bitte dich nochmals um Vergebung“, fuhr er fort. „Ich möchte dir sagen, wie sehr ich dich liebe. Dazu gehört auch die Einsicht, dass nicht unantastbar sein darf, was ich bin, nur... weil es ein Relikt aus einer Zeit vor dir ist und lange alles war, was es gab.“
Sie schwieg eine Weile und sah an ihm vorbei auf die Reihen marschierender Männer.
„Du kennst meine Geschichte nicht... noch nicht“, kam es dann leise von ihr. „Das Schlimmste daran sind nicht die Einzelheiten meiner Ausbildung, sondern es ist die Einsamkeit.“ Mit einer eigentümlichen Klarheit darin, durchdringend und vertraulich zugleich, fanden die schwarzen Augen zu seinen zurück. „Aber du kannst dir sicher sein, dass ich nicht nur deshalb bei dir geblieben bin, Nâkyshat. Und ich werde auch weiter bei dir bleiben, wenn... „ Sie stockte kurz. „Du bist ein besserer Mann als dieser am Fluss, vor Wochen. Und ich werde auf meine Freiheit achten, immer zu bewachen, dass du das nie wieder vergisst.“
Hadan wollte erwidern, ich werde es nicht vergessen, aber ihm war, als habe er eine Handvoll Sand geschluckt.
Mit einem Lächeln, bei dem ihre Augen ernst blieben, langte Eya nach seiner Hand, stärker, fordernder als früher.
Keine innigere Geste, keine Vertraulichkeit gab es sonst mehr innerhalb des Heeres zwischen ihnen.
Dann gingen sie weiter, die Assassine dem Nekromanten nur bis an die Schulter reichend, eine noch nicht befestigte Großkralle an den Schnallen in einer Hand, der Nekromant mit einem Gesicht, in dem hundert Gedankenströme nur allmählich kühler Entschlossenheit wichen.





Das Heer hatte die kleine Ebene vor Kurast beinahe überquert.
Schräg und dunstverhangen blickte die Sonne auf den eigenartigen Kriegszug.
Einige hundert Schritte vor den ersten Häusern hielt er an. Dort rannten schon Wachen – man hatte sie längst bemerkt, es gab keine Heimlichkeit mehr und nur noch kurzen Aufschub. Rufend ordneten die Führer ihre Einheiten ein letztes Mal, über Dickichte sich erhebender Speere blickend, über Greise, die beschwörend in die Hände klatschten, Götter anriefen, einen heiseren Singsang ausstoßend. Gebete schwangen über das Heer hin – uneinheitlich wie die Abstammung seiner Mitglieder, vermischten sie sich zu einem chaotischen Lied ohne Anfang und Ende.
Durch ein Pandämonium fremden Glaubens schritt Menrad die Reihe seiner Männer ab, verließ sie dann kurz, um sich der Gruppen an ihren Flanken zu versichern. Sein Kopf war leer, aber er fühlte keine Leere in der Brust.
Die Paladine standen weit links im Heer, fast an dessen Rand. Dort, hinter einem ungeordneten Haufen der kleinen Menschen von Mandjab, unter einem alleinstehenden Baum, gewahrte er eine kniende, mattgoldene Gestalt.
Ifrah. Sie kehrte ihm den Rücken zu und war so versunken, dass sie ihn nicht bemerkte, als er näher heranging.
Von einem eigentümlichen Antrieb bestärkt, hielt er weiter auf sie zu. Deutlich, trotz ihrer Rüstung, zeichnete sich ihre Körperform vor seinen Augen ab: das ausladende Becken und Gesäß unter einer schmalen Taille, die in schmalen Fesseln endenden kräftigen Beine, der Schwung ihrer Nackenlinie. An ihr waren die Ideale uralter Göttinnen verlorengegangen, aber er sah es, wie er ein schönes Standbild betrachtet hätte, und jetzt ganz ohne Verlangen.
Sie betete.
Es offenbarte sich ihm nicht erst, als er ihre murmelnde Stimme vernahm und sie das erste Mal Worte in ihrer eigenen Sprache gebrauchen hörte, dem kehligen Djaddh, das er selber nur schlecht beherrschte.
“...Badr, du Leuchtender, und Junah, die du alles und auch die Elemente gebierst, Element, meine Dienerin und meine Herrin, meine Kraft und meine Verpflichtung, steht mir alle bei. Lasst mich zu ihr zurückkehren, die ohne mich allein und schuldlos bestraft sein wird. Lasst mich zurückkehren...“
Eigenartig berührt, kaum noch von einem alten Anflug des Ärgers beim Miterleben fremder – frevlerischer – Gebetshandlungen gestreift, verhielt Menrad. Eine unerklärliche Scheu hatte ihn heimgesucht. Vor Monaten noch hätte er sie absichtlich und rüde unterbrochen, ganz gleich auf welchem Boden.
Jetzt stand er betreten. Sie sprach von ihrem Kind, begriff er. Nicht ihrer eigenen Unversehrtheit wegen war sie besorgt, sondern um des kleinen Mädchens willen, das tief unten im Süden in einem Tempel auf sie wartete.
Leise zurücktretend, wandte er sich ab.
Das Heer glich von hier aus einer sonderlichen Volksmenge, die sämtlich in eine Richtung sah. Spitze, lange Gegenstände überragten sie, und Rauch drehte sich an zwei Stellen aus dem Meer der Köpfe.
Es war eine bittere Übung, sich vorzustellen, wie viele diesen Tag nicht überleben würden.
Sie konnten nur ihre Waffen umkrallen, auf die Linie der Bebauung starrend, und in sich genug Feindseligkeit und Angriffslust suchen, um der riesigen Stadt entgegenzutreten.
„Menrad“, ließ ihn eine Stimme zusammenschrecken.
Die Magierin stand neben ihm. „Was tut Ihr hier? Solltet Ihr nicht bei Euren Brüdern sein?“
„Ich vertrat mir die Beine“, gab er ungelenk zurück.
Die ältere Frau blinzelte gegen die niedrige Sonne. „Die Ruhe vor dem Sturm“, sagte sie. „Das kann einen wahrlich ängstigen.“ Wie viel ihrer Gelassenheit echt und wie viel davon vorgetäuscht war, ließ sich nicht erraten.
Menrad spürte plötzlichen Ernst, und ehe er sich versah, hatte ihn dies über alle verbliebenen Vorbehalte weggetragen. „Hört, Ifrah, unabsichtlich fing ich ein paar Eurer Worte auf. Verzeiht, wenn ich Euer... Gebet gestört habe. Und verzeiht auch, wenn ich mir zu vermuten erlaube, dass Ihr fürchtet, Eure Tochter als Waise zurückzulassen.“
Leiser Schmerz wusch das Erstaunen in ihren seltsamen Augen weg. Dann senkte sie den Kopf. „Maysan musste ohne Vater aufwachsen. Auch ließ ich sie zu oft allein. Falle ich im Kampf, wird sie niemanden mehr haben. Früher hat mich das nicht zurückgehalten, aber jetzt ist mir der Gedanke unerträglich.“
Eine Welle des Mitgefühls überkam den Paladin, heftig genug, um ihm die Brauen zusammenzuziehen. Die Frau aus der Wüste zu berühren, wagte er nicht, wusste nicht wie, selber ungeschickt mit solchen Dingen, und sie mochte es auch unpassend finden. Daher sagte er nur, die schon halb ausgestreckte Rechte stattdessen um den Griff des Kampfhammers schließend: „Eure Tochter wird Euch nicht verlieren, Ifrah.“
Er konnte kein Versprechen abgeben – ebenso wenig wie jeder andere Sterbliche auf Erden – nur die Angst fortschieben, für einen Augenblick, mehr nicht. Ihr Lächeln, dass nur ihre Augen, nicht aber ihren Mund belebte, zeigte, dass sie es verstand.
„Ich danke Euch, Menrad.“
Bevor er etwas erwidern konnte, ging gleich einer Windböe ein Erschauern durch das Heer, und die so verschiedenartigen Kämpfer sahen alarmiert auf. Eine Trommel rollte.
Der Angriff naht. Mit einem hastigen Segenswunsch verließ Menrad die Magierin und eilte zu seiner Einheit. Sie war nur ein paar Schritte entfernt. Er würde Ifrah eine Weile im Blick behalten können.
Aus weiter hinten stehenden Reihen, die jetzt mit den Füßen scharrten, riefen, ihre Waffen aneinander schabten, kamen die Assassine und der Nekromant näher.
Das Licht steh uns bei.
Mit einem Schlag, einem Schrei aus vielen Kehlen, der einem einzigen Hornstoß folgte, brach die Attacke los. Staub aufwirbelnd, setzte die tausendköpfige Schar sich in Bewegung, rannte dann, fegte gegen die ersten Häuser der großen Stadt.
Der Angriff auf Kurast hatte begonnen.





Gleich einer Welle, die Felsen auf einem flachen Strand umspült und an ihnen vorbei weiter aufs Land vordringt, ergoss sich das Heer der Angreifer in die Alte Stadt.
Kurast war zuletzt den unmenschlichen Schrecken der Großen Übel ausgesetzt gewesen – eine in ihrem Zusammenhalt ausgehöhlte Stadt, deren Bewohner sie fluchtartig hatten aufgeben müssen, verlassen und hintergangen von ihrer Obrigkeit. Die anders gearteten Schrecken eines Krieges jedoch lagen weit länger zurück.
Zum ersten Mal seit Jahrhunderten wieder überrannte ein Heer die gepflasterten Straßen, mussten die Menschen sich verzweifelt vor in ihren Höfen und vor ihren Türen entbrennenden Kämpfen in Sicherheit bringen.
Niemand hatte Kurast verlassen dürfen. In den Tagen des Wartens auf das Heer der Verräter aus dem Süden, wie der naherückende Gegner von den Küstern bezeichnet wurde, hatten Bewaffnete jeden Ausgang der Stadt bewacht, Häuser besetzt, Posten bezogen. Travincal wollte keine leeren Straßen, die leichter einzunehmen waren.
Sicher auf seiner steinernen Insel inmitten der Stadt, stützte es sich auf Massen aus Menschen und Häusern.
Der attackierende Kriegszug quoll in ein Meer von Leben.
Zwischen den ersten Behausungen der Vorstadt blieb Hadan stehen.
Inmitten an ihm vorbeirennender Männer breitete der Nekromant, schweigend in allem Lärm, den Gefechte ringsum aufwarfen, die Arme aus. Die Straße wurde dämmerig, als er die Augen halb schloss. Vor seinem Geist erstand sie als Band voller Seelenlichter, schwärmend, hier und dort Klumpen bildend, und es galt jene zu erfassen, die der Fluch treffen sollte.
Er musste sie herauslösen aus dem schönen, entsetzlichen Gemisch arbeitenden Blutes, schlagender Herzen, und sein Inneres gegen sie aufbringen. Den Rest übernahm die Magie des Fleisches. Er brauchte sie dazu nicht einmal zu sehen. Aber sie zu hassen, ohne sie zu kennen, war schwer genug.
Lähmende Angst ließ die Bewegungen der Umstehenden ermatten, plötzlich Nachbarn eines Sogs, der mit einem fahlen Leuchten in seinem Zentrum begann und mit einem lautlosen Aufstöhnen der Luft endete. Eine düstere Wolke senkte sich über die Szenerie der Straße, bis in die Hinterhöfe – ein herabregnendes Unheil. Die Kuraster mussten sich vornüber beugen. Vielen stürzte Schweiß und Wasser aus den Gesichtern und unverständliches Gestammel, und wo die Verbündeten sich vom Schreck der Gegenwart des Fluches am schnellsten erholten, rollten Kuraster Köpfe im Sand.
Asmah manas buthaga, kavynan,
Möge dich Schwäche befallen, Gehasster,
ay sundva bhajandra,
Schwerfälligkeit dich fesseln,
ay evda siddhva,
Alter dich verzehren,
divam paura athmasta taal.
Falle vor meiner Macht.

Die farblosen Augen öffnend, setzte sich der Nekromant wieder in Bewegung, eben noch rechtzeitig, um am Ende dieser ersten Straße, die in die Stadt hineinstieß, die Begegnung des Heeres mit den dortigen Feinden zu sehen.
Orange und Rot sprangen aufeinander los, dazwischen Braunes, Halbnacktes, und das Geschrei aus den umkämpften Ecken stieg hoch über die Dächer. Es waren die Stimmen vieler Gruppen, einander fremd, obgleich geboren im selben Land, die hier gegen die Angst vor Unterwerfung fochten.
Er hatte auf sie vertraut. Sie jetzt durch Straßenschatten hasten und in den Kampf stürzen zu sehen, lieber für ein Fortdauern jetziger Ungerechtigkeiten sterbend, als noch tiefer zu fallen, presste ihm das störrische Herz zusammen. Ihnen fehlte es nicht an Mut, aber hinter den Gegnern stand das Versprechen eines aufstrebenden neuen Reiches, das Feuer des Fanatismus – Dinge, die den federnd laufenden Sibhakriegern, den geschwinden Männern von Mandjab unbekannt waren. Vor den Augen des Nekromanten, der hastig seine Kraft sammelte und in den Moloch des Kampfes schritt, fielen die ersten.
Die Stadt wimmelte vor starken kurastischen Einheiten, und je tiefer man drang, desto erbitterter verteidigt würde sie sein.
Hadan riss das Crismesser und einen kleineren Dolch aus dem Gürtel.
In einem zur Straße halb offenen Hof, rechts von ihm, wehrte sich ein Pundarkrieger verzweifelt gegen zwei Kuraster. Bevor der Nekromant die Beschwörungsworte für einen Knochengeist auf den Lippen hatte, schwemmte eine Schar Mandjabmänner hinter ihm vorbei an den Ort des Geschehens. Eile und Zorn hatte ihre Gesichter, um die ihr glattes schwarzes Haar flog, blass und feucht überstrichen. Dennoch verzogen sie im Kampf kaum eine Miene. Ihre Münder klafften auf, als sie die Kuraster überrannten, gegen Mauern drängten und nieder hackten, aber noch im hochspritzenden Blut der Überwältigten rührten sich die flächigen Gesichter kaum.
Wenn ihr weit nach unten auf die südliche Insel geht, Wanderer, so wisset: Die dort leben, haben kein Wort für Furcht.
Um ihn herum, öliges Rot auf ihren Macheten, schwemmte ihre kleine Schar wieder zurück auf die Straße. Er roch ihre schwitzenden Leiber. Den geretteten Pundarkrieger und ihn selbst rissen sie mit. In allem Gerenne aber achteten sie sorgfältig darauf, ihn nicht zu streifen, um sich nicht mit seiner Magie zu vergiften. Weder Hass noch Verachtung steckten dahinter, und in dieser Sekunde geschah es, dass im einfachen Aberglauben der Mandjabmänner, in ihrer eigenen Weisheit, der Nekromant sich selber erkannte.
Deutlicher als in den ungezählten Versen heiliger Texte, die seine Kaste beschrieben.
Deutlicher als in der Abneigung der Menschen anderer Weltgegenden, und sogar deutlicher noch als in der Angst seiner Geliebten.
Helligkeit, Klarheit, sprang kurz und so heftig in ihm auf, dass er um ein Haar strauchelte.
Unter anderen, durchgebrochenen Gruppen kam die kleine Schar, und er mit ihnen, auf einem Platz aus. Hier, auf der sandigen Fläche inmitten noch flacher Bebauung, bohrten sich die Angreifer wie Arme in die ihnen entgegenrennende Masse Kuraster.
Ein Markt. Sie waren inmitten der neuen, südlichen Stadt.
Das Heer der Angreifer, hätten sie mit den Augen eines Vogels sehen können, zersplitterte sich in den Vororten, gelangte in Flecken mit den Schnellsten und Stärksten unter die Feinde, die sich hier und dort sammelten oder ihnen in lockerer Flut entgegenkamen. Erst hinter diesen Flecken drängte der Hauptteil des Heeres nach. Und immer noch waren Einheiten außerhalb der Stadt. Es gab nicht genug Platz. Einige, von geschickteren Anführern zusammengesammelte, rannten außen herum, um weiter östlich oder westlich andere Eingänge in die Stadt zu suchen als das halbe Dutzend umkämpfter Straßen.
Vielleicht fünfzig Schritte links von ihm gewahrte Hadan plötzlich Eya.
Das schwache Glühen, das sich ihm genähert hatte, war also doch das Licht ihrer Seele gewesen – kaum noch herauszugreifen unter der schieren Masse pulsierenden Lebens. Die wogenden Scharen schreiender, verwundeter Geister ringsum betäubten ihn fast, schlechter zu ertragen, seitdem er an Macht gewonnen hatte. Seitdem etwas in dir mit den Ohren zuckt und alles Bedrängende nieder rennen will, und Schweiß brach ihm aus wie Wasser.
Vor Harrogath noch hatte er von seinen Söldnerjahren gezehrt, abgestumpft gegen Schlachten und ihren Wahnsinn. Diese Schlacht aber beutelte ihn, und zum ersten Mal wünschte er nicht nur, dass sie ende, sondern auch, dass sie die letzte sei.
Vielleicht ist es, weil wir gegen Menschen kämpfen.
Aber Eya war in seiner Nähe.
Um sie zu unterstützen, die leichtfüßig zwischen den Pundarkriegern lief, sandte er gegen einen leisen Widerstand einen Fluch über eine Fläche, groß wie ein ganzer Acker.
Ihre pechschwarze Gestalt tauchte durch den herabsinkenden, feurigen Hauch. Er konnte gar nicht anders als ihr zusehen. Selbst auf die Gefahr hin, dass eine Waffe oder sonst ein Angriff ihn traf, wollte er sich ihr Bild noch einmal einprägen, und in diesem Augenblick begann sie zu tanzen.
In zwei Umdrehungen, mitten darin ein blitzendes, genau messendes Auge, das die Fehlgriffe und Fehltritte gewöhnlicher Menschen kaum noch kannte und für das die Welt ein geordnetes Labyrinth der Entfernungen und das Hindurchgehen fast ein Spiel sein musste, streckte die junge Frau zwei Gegner nieder. Ohne einen Stoß oder einen Ruck, nur durch eine sachte Berührung.
Staubwolken verdeckten ihre Stiefel, aber Hadan wusste, dass ihre Füße kaum den Boden aufrissen.
Eine Reihe Verbündeter, eingekesselt zwischen Marktständen, war ihr im Weg und trennte sie von den nächsten ausgesuchten Opfern. Mit einem Wechselschritt aus dem Rennen heraus nahm sie Anlauf, und abgestützt mit nur einer Hand, die ihre Waffe blitzschnell in eine Beinschiene gestoßen hatte, setzte sie über den Holztresen des Hindernisses hinweg. Sie sprang nicht, sie flog. Mit unbegreiflicher Leichtigkeit, scheinbar unbeladen durch die alles Lebende nach unten reißende Kraft der Erde.
Ihr schlanker Leib war ein Bogen ohne Knochen und dennoch starr im Sprung, eine Feder, eine perfekt ausbalancierte Klinge aus Fleisch und Blut. Artisten hätten jeden ihrer Sprünge in Gold aufgewogen. In einem Wirrwarr durcheinandergeworfener Bretter, Leinwände und Rahmen, Kästen und Zäune, war sie dreimal so schnell wie alle Menschen auf diesem Platz.
Als er sich losreißen konnte, mochte sie eben mit ausgefahrenen Klingen unter den überraschten Kurastern landen.
Ihr Anblick war Antrieb genug – seine Zähne knirschten unter dem Druck seines Leibes und der Quelle der Macht darin, die gewaltsam Energie heranzerrte, ein heranbrandendes Meer davon, das den Mahlstrom der Kämpfenden durchraste und die Krieger zusammenschrecken ließ.
Das Ausatmen, das Loslassen der Macht senkte einen weiteren Fluch über alle nahen Gegner.
Schwertkämpfer im Rot Kurasts taumelten in einer Giftwolke. Das aufplatzende Seidensäckchen, von der hohen schwarzen Gestalt in ihrer Nähe zu ihnen geschleudert, hatte einen von ihnen direkt im Gesicht getroffen. Satyarparthma, ein Bann, bewirkte, dass Verbündeten das Gift kaum Schlimmeres brachte als Schreck und ein Brennen der Atemwege, aber er, der Getroffene, gellte mit sich auflösendem Antlitz. Das Kreischen verstummte im Grün des Todes, als das Gift seine Stimme zerfraß.
Der Markt verwandelte sich mehr und mehr in ein makabres Zerrbild des Ortes, der sonst von Leben und Lachen übergeschäumt hatte.
An seinem anderen Rand trafen die Gefährten zusammen, zufällig durch die Gruppen, die sie jeweils begleiteten, in dieselbe Richtung gespült. In der Luft tobte der Lärm der kämpfenden Stadt. Ruhe würde es bis auf kurze Momente in geschützten Buchten des Schlachtenmeers nicht wieder geben.
Sie atmeten schwer und tauschten rasche, versichernde Blicke.
„Folgt uns!“ Einer der Hauptleute des Pundarfürsten eilte an ihnen vorbei, aufscheuchend, winkend. „Wir stoßen weiter vor!“ Seinem Wink leisteten bereits über hundert Krieger Folge, Pundarkrieger und einige Paladine, doch auch eigenständige Einheiten aus bewaffneten Zivilisten, Mandjabmänner und noch unverletzte Asketen, ein bunter Haufen, zusammengewürfelt vom Schicksal.
Das Auge konnte die Bilder gar nicht mehr fassen.
Bewaffnete aus dem Süden und Lichtkrieger riefen einander Wichtiges zu, genötigt zu hastigen Gesten und Berührungen, wo ihre Herkunft Verständigung erschwerte.
Knorrige Stöcke in hageren, klauenartigen Händen ragten über die voranflutenden Häupter, dazwischen blinkten hochgehaltene Säbel.
Ein Pundarkrieger warf einem blutenden Paladin seine eigene Wasserflasche zu.
Eya war auf eine umgestürzte Marktbude geklettert und spähte über die Menge. „Einen Straßenzug weiter“, rief sie, hinabspringend, während Menrad nach einem Segenswunsch mit seinen Brüdern schon weitereilte, „sieht man den ersten Tempel und die innere Stadt.“
„Das ist unsere Richtung.“ Ifrah fiel wieder in Trab, sich umsehend, dann in Rennenden untertauchend. Einen Herzschlag später folgten die beiden Anderen.
Der Tross des Vorstoßes bohrte sich in eine breite Straße. Die zweistöckige, schönen grauen Häuser Kurasts mit ihren Säulengängen, Balustraden und Höfen fassten sie ein. Doch genau wie die Hütten der langsam zurückfallenden Vorstadt, wo jetzt das nachrückende Heer den Markt erreichte, durchdrang diese Bauten der Krieg. Im Vorbeihasten sah man angstverzerrte Gesichter in den oberen Fenstern. Die Bevölkerung, angehalten, sich den Gegnern des Kindgottes entgegenzustellen, geriet zwischen die streitenden Fronten.
Man musste sich zum Geschrei in den unsichtbaren Höfen, zu dem Aufheulen von Frauen und dem Gepolter des Mobiliars, zu den schlecht bewaffneten, furchtsamen Männern, die den Kriegszug nur halbherzig attackierten, nicht viel hinzudenken. Viele warfen ihre Waffen fort und stellten sich lieber vor ihre Familien, weder der einen noch der anderen Seite wirklich feind, aber auch von ihnen wurden nicht wenige niedergemacht, oft vor den Augen ihrer Familien. Es gab in Eile und Irrsinn niemanden, der auf Gerechtigkeit achtete.
„Achtung!“ Hadan wandte sich nach der Stimme um.
Neben sich gewahrte er den Paladin, halb verdeckt von seinem Schild. Blut hatte die Oberfläche des Schildes verunziert, und Blut stäubte über den Boden, wo er seinen Kampfhammer hielt, aber das schmale Gesicht war straff, wach, ungetrübt die Augen.
Sichtbar ragte jetzt der erste Tempel auf – der Platz um ihn herum war ihr nächstes Ziel.
Menrad war über die Wahrscheinlichkeit, dort auf noch stärkere Gegenwehr, auf Küster oder auf besondere Attacken zu stoßen, so gut unterrichtet wie alle.
„Was meint Ihr?“ Ausspuckend hielt Hadan neben dem Lichtkrieger inne. Kein Blut. Kein Schmerz in der linke Brustseite, und sein Inneres hielt der Magie stand, anders als früher.
„In Shanghar wurden wir in einen Hinterhalt gelockt“, rief Menrad über den Kampfeslärm. Obwohl sie dicht beieinander standen, mussten sie fast schreien, um sich zu verständigen. „Ifrah mag noch keine Gelegenheit gehabt haben, davon zu berichten.“ Der Paladin wies mit dem besudelten Hammer zum Platz, der am Ende der Straße seiner Eroberung harrte. „Was, wenn es dort wieder so ist?“
„Lasst uns wachsam sein.“ Hadan rief zwei Pundarhauptleuten in Jabrah zu, was Menrad geäußert hatte. Er vertraute der Einschätzung des Westmarscheners. Die jahrelange Ausbildung, die jeden höheren Lichtkrieger notfalls dazu befähigte, ein ganzes Heer zu führen, trug auch Menrad im Blut.
Für die Assassine genügten ein Zeichen und ein Blick. Sie fegte auf der anderen Straßenseite wie ein Derwisch durch säbelstarrende Feinde, sah das Zeichen und nickte.
Ifrah konnten sie nicht erreichen. Sie mussten auf den Instinkt der Magierin vertrauen, und für Sorge blieb nur wenig Zeit.
Lass sie alle leben, Pakrah, bat der Nekromant, weiterhastend. Die Eile würde das Unverblümte des Stoßgebets als Not entschuldigen. Übermächtig, ungesehen, pulsierte die Welt um ihn herum, warf zurück, dass das Band zu seinem Gott noch existierte. Lass sie den Kampf überstehen, damit diese Länder sich mit dem Leben füllen, das diese Frauen und Männer hüten und hervorbringen können.
Dunkel und wuchtig überragte der Tempel den Platz, auf den sich der Vorstoß hinauskämpfte.
Die Angreifer rechneten mit dem Schlimmsten. Doch der Widerstand war weniger grausam als befürchtet.
Überschaubar, wenn auch vielköpfig und stark bewaffnet, jagten die Gegner auf sie zu, und auf den Tempelstufen wartete ein Küster, wie es aussah. Rotgewandete verbargen sich in Gruppen hinter dem Bauwerk, das auf einem Erdhügel errichtet war, den man mit Treppen und Platten aus Stein gefestigt hatte. Der Platz war nicht groß. Überwanden sie die Gegenwehr und die Feinde am Tempel, so konnte er in ihre Hände fallen.
Während aber die Verbündeten sich schon über den Platz verteilten, hielt etwas den Nekromanten fest. Es mochte Menrads Warnung oder ein anderer Verdacht sein. Oder die flüchtige Beobachtung, dass der Bereich um den Tempel seltsam frei blieb. Nur ihre Mitstreiter überquerten ihn, um auf die Gegner loszugehen.
Ein merkwürdiger Ort, flüsterte sein Instinkt. Merkwürdig – aber warum? Die Zahl der Gegner, ihre Verteilung? Ein Missklang im Geschrei, ein Hinweis auf eine verborgene Magie?
In diesem Augenblick war der Paladin an seiner Seite. Graue und farblose Augen trafen sich.
Ferner, bemerkte Hadan mit einem Zucken in den Gliedern, sprang Eya die Steinplatten des Tempelsockels empor, um den Küster und die auf der anderen Seite wartenden Feinde zu attackieren. Vorsicht klang in ihren Bewegungen. Noch zwei, drei Sätze, dann würde sie oben sein.
„Beim Abgrund“, knirschte der Paladin, wie Hadan selbst ein Mann zwischen Zweifeln, im Zaudern, aus dem rasch eine Entscheidung erwachsen musste. Es war das erste Mal, dass der Nekromant den Anderen fluchen hörte.
Ein Herzschlag. Vorbeirennende Männer. Hunderte Gesichter, Gewandfarben, festgefroren in einem Hinsehen.
„Hier stimmt etwas nicht.“ In den grauen Augen funkelte es. „Riecht Ihr das?“
Angewurzelt standen sie da, reglos inmitten des Kessels aus Häusern und Menschen.
Und Hadan roch es. „Pulver.“
Mitten in einer Stadt. Es war ein sehr neuer Geruch auf Sanktuario, vielleicht wenige Jahre alt, und schwer zu erkennen.
Hinter dem Küster, im Dunkel des Tempels, leuchtete es auf.
Eisig fasste das Entsetzen nach dem Nekromanten. Vielleicht hatte der Ort und wie sie empfangen wurden, die Verbündeten in allem Rausch doch stutzig zu machen begonnen. Vielleicht brüllte jemand anderes, der zum selben Schluss gekommen war wie er, Befehle.
Doch das Letzte, was Hadan sah, bevor es finster wurde und er in der Finsternis noch nach Eya schrie, war nur die Menge. Ein Mahlstrom. Ihre Bewegung, die einer Viehherde glich.
Über dem Entsetzen ein Zischen, lauter als die Schlacht.
Und alles ringsum zerbarst in Stücke.
 
Bleibt wohl nicht mehr viel zu sagen als, DANKE, für dieses grandiose Update.
Alleine die Beschreibung der Schlacht lässt einem das Blut in den Adern gefrieren. Zu Hadan und Eya bleibt wohl nur noch zu sagen, hoffentlich finden sie zusammen ihr Glück.
Wie sich Menrad verändert ist auch schön mit an zu schauen. :top:

mfg holy
 
Wah, ich hasse diese offenen Enden :\
Ob die jez den halben Platz in die Luft jagen?
Bitte, Bitte, Bitte und mit Zucker oben drauf, Reeba, bitte spring jez nich zu Urel :P
*begierdig auf das nächste Update wart*
 
Oha! Dieser Cliffhanger ist ja wohl die Oberfrechheit! :motz:

Sehr schön waren die leisen Veränderung von Menrads innerer Einstellung, dennoch bleibt er sich selber treu. Wäre auch zu viel, wenn er Hadan freudig begrüßt hätte :)

Farbenfroh die Beschreibung der fremden Völker. Obgleich immer nur wenige Sätze lang, kann man sich die gut vorstellen!

Und wieder Eya und Hadan *seufz*. Sie macht sich langsam. Bei der Verabschiedung der beiden kam es mir schon sehr komisch vor... Du wirst doch nicht einen der beiden sterben lassen, oder? So herzlos kannst Du unmöglich sein!
Wo wir grad beim Thema herzlos sind: Auch auf die Gefahr hin meinen Vorredner zu zitieren:

Bitte, Bitte, Bitte und mit Zucker oben drauf, Reeba, bitte spring jez nich zu Urel :cry:

:hy: Insidias
 
Sehr schön.
Ich spekuliere, dass zuerst Eyas Leiche geborgen wird, bevor zu Urel geschwenkt wird.
Menrad wird immer mehr begreifen, dass Mission und Verständnis sich ausschließen.
 
ich kann mich nur meinen vorrednern (stalker mal weggelassen)anschließen und mich einerseits für das lang ersehnte update bedanken. andererseits möchte ich ebenfalls darum bitten, dass das nächste update sich mit eya und co beschäftigt, bevor du zu urel abschwenkst.

Gruß, Helldog

p.s.: bevor ichs vergesse: das up ist dir (euch) super gelungen.
 
Im Ernst, um Eya wäre es viel zu schade. Andererseits wir haben hier Schlachten, und Waffen unterscheiden nicht zwischen Gut und Böse, lieb gehabt und gleichgültig gewesen.
Das reichlich ungeordnete Vorgehen der Angreifer wird plastisch, doch wichtiger erscheint mir das Zwischenmenschliche. Menrad fängt an, die Menschen an sich und weniger ihren Glauben zu sehen. Eya wäre fast darüber gestolpert, sich zu viel gefallen zu lassen, was ihr langfristig Verachtung gebracht hätte. Hadan hat gemerkt, was er getan hatte. Von einer normalen Beziehung sind beide noch entfernt, aber sie kommen dem langsam näher.
 
:D hihi :D
Update-Bitten, Spekulationen, so gefällt mir das.
Ich muss euch aber leider noch ein wenig Geduld abfordern - hier steht ein Städteumzug an, dazu haufenweise Arbeit, weiterschreiben kann ich erst am Wochenende.
Bis dann und euch noch eine gute Woche ;)
Gruß, Reeba
 
Du willst eine ganze Stadt umziehen? :eek: :D

Städte und Orte können warten, aber diese Schlacht nicht.
Wa-wa-wann gehts weiter?

Noch vor Weihnachten ein kleines Up?
Nur so 20 Seiten lang?


Im Ernst: Vor allem die äußeren und inneren Geschehnisse vor der Schlacht sind grandios beschrieben. ( Der Angriff natürlich auch)

Wer schon mal eine grosse Prüfung zu gegenwärtigen hatte, - und das ist eine Schlacht immer - kann das sehr gut nachvollziehen.

Was dieses Pulverlager zu bedeuten hat - klar, die eigentliche Macht ist gegangen oder ist woanders in Kurast. Wir werden sehen.

Eya ist bestimmt nicht ... nein, das kann nicht sein - ich will nicht :D

Urel? HIER spielt die Musik :) und die Band ist noch nicht müde.


:hy:

DV
 
Hi Reeba!

Wünsche dir frohe Weihnachten mit viel freude!

Freu mich schon auf das nächste update!!

LG Atera
 
Liebe Leser, euch allen ebenfalls ein Frohes Fest und/oder einfach schöne freie Tage. :)
Leider habe ich das Up RL-bedingt nicht mehr geschafft. Weiteres von Saqqara dann im neuen Jahr.
Falls man sich vorher nicht mehr liest, auch allen gleich noch einen guten Rutsch :hy:
Reeba

P.S.: Das soll keine Aufforderung zum Posten sein :) Nur, ein Sry war ich euch schuldig.
 
Juhu :kiss:

Tja, so nun bin ich nach 3 Monaten pause in diesem Forum
mal wieder in Deutschland... und hab hoffentlich Zeit
alles nachzuholen... muesste ne ganze menge sein.

So liebe ich das... alles in einem Rutsch durchlesen...

Frohe Weihnachten, besonders dir Reeba.

I'm back! :)

Schoenen Gruss,
saty_
 
Also das geht jawohl garnicht an hier!*g*
Wie Update erst im neuen Jahr!?!?!?!?!?!

*Ganz Böse Reeba anguck* Das kannste einem doch nich antun.....Bin über Insidias Story zu deiner gekommen und hab natürlich schön brav die Anfangsstory verschlungen und dann erst auf Saggara umgeschwenkt[is schon nen bissel her]-----Und dann erkürt man diese beiden Geschichten zu dem : Is das Beste was ich je gelesen habe und ich hab schon viel gelesen: Und dann kommt da kein Update*zwinker*


Mfg ChaosTheRogue
 
So ich schaue auf meinen Kalender... Es ist 2005, wo ist das Update? ;)

Naja, erstmal ein freundliches Hallo an alle! Ich bin von Insidias' Lagerfeuer-Story hierher gekommen und habe entsprechend ihrer Empfehlung zuerst noch den GdW durchgelesen. Dann habe ich mich übergangslos bis auf Seite 28 in diesem Thread hier vorgearbeitet... Und stehe vor dem Abgrund... ;( Das unaufhörliche Weiterlesen ist vorbei und ich verstehe jetzt alle die Posts die auf früheren Seiten nach dem nächsten UP gebettelt haben! :rolleyes:
In diesem Sinne ein grosses Lob an Reeba für diese Geschichte (und für den Gipfel der Welt). Auch wenn du manchmal (ganz selten) für meinen Geschmack etwas zu lange beschreibende Abschnitte in deinen Kapiteln hast, ist deine Geschichte unglaublich mitreissend.
Und weil du Kritik erwünscht hast (nicht das ich was zu kritisieren hätte, aber so kann ich noch ein bisschen mehr Lob in den Post verstecken):
Inhaltlich: Ich konnte keine Fehler entdecken, deine Schlüsse sind logisch und nachvollziehbar und die Veränderungen der Welt nach der Zerstörung des Weltensteins einleuchtend (Woher nimmst du nur die Ideen? :confused:)
Sprachlich: Kaum Rechtschreibefehler und eine überwältigende Abwechslung in der Wortwahl (du hast nicht zufällig den Thesaurus geschrieben, oder? :D)


PS: Wenn dir mal wegen zu wenigen Rückmeldungen etwas Motivation fehlt, denke an die armen Nachzügler die sich nicht melden können und denen bei jeder Andeutung, dass die Geschichte nicht weitergehen könnte, das Herz in die Hose rutscht! ;)
 
Immer ist an der spannensten Stelle Schluss :(
(Wobei es eigentlich immer spannend ist...)
Ich hoffe es gibt bald ein Update
 
Ich entschuldige mich für die lange Pause - hier geht es weiter:








XXVIII. Schwarze Straßen





Im Dunkel, hinter dem bunten Gewand des Küsters, erschien eine Flamme.
Es war nur der Splitter eines Bildes, den sie im Sprung sah und erst nicht begriff. Aber er blieb lange hinter ihren Augen.
Ein ungeheures Krachen zerriss die Luft. Mit ihm kam eine Druckwelle, gestaltlose Faust, Atem eines Drachen, und schleuderte sie von den Füßen. Wo eben noch das sichere Oben gewesen war, brachen riesige schwarze Blöcke auseinander, durchblasen von roter, sandiger Luft. Langsam beinahe kamen sie herab, sich neigende Riesen.
Dann sah sie nichts mehr.
Instinktiv zu einer Kugel zusammengekauert, rollte sie in der zerberstenden Welt nach unten, über sich bäumenden Stein, vorwärtsgetrieben von der Druckwelle. Sie meinte zu schreien, doch irgendwann endete das Geschrei.
Wo sie liegen blieb, war es finster und still.
Ein einziger Laut existierte, hohl und pfeifend. Ihr Atem. Meine Brust schmerzt so sehr. Mit dem nächsten Atemzug musste sie ihre Lunge verlieren, aushusten, auswürgen in einem warmen Schwall – einen blutigen Lappen. Und sie, ohne ihn, ein Fisch werden. Schnappen, sich schnappend herumwerfen in eisigem Entsetzen, und dann sterben.
Zitternd lag sie auf festem Grund, und der Tod war so nah wie nie zuvor – eine Agonie des Erstickens mitten im Nichts. Doch gerade hier geschah es, dass sich das Dunkel plötzlich hob und durchlässig wurde für Licht und Geräusche.
Mit einem Mal war die unsaubere Luft wieder da, um ihr die Brust zu zerschlitzen. Eya stemmte sich hoch. Alle ihre Glieder waren noch an ihrem Platz, nicht abgerissen, wie ihr Gefühl ihr beharrlich weismachen wollte. Als sie stand, schüttelte sie den Kopf, der wie mit Watte gefüllt war. Das Brausen in ihren Ohren verging indes nicht, stattdessen ließ die Bewegung sie um ein Haar wieder hinstürzen.
Ich kann nichts hören. Gebeugt, krumm wie eine Alte, blickte sie auf.
Sie stand inmitten eines Schlachtfelds.
Der Tempel war zerstört. Während sie noch schaute, sanken Teile, die den entsetzlichen Donner überstanden hatten, ein, polternde, aschefarbene Steine, und was sie unter sich begruben, war nicht zu ahnen. Rings um den Tempel waren die Häuserfronten eingedrückt. Eine schier unvorstellbare Kraft hatte ein gewaltiges Rund erschaffen – einen tödlichen Zirkel, der schweigend dastand im Nachhall des Entsetzens.
Gleich geknickten, niedergedrückten Ähren lagen Menschenmassen im Bereich dieses Rundes.
Eya machte einen Schritt. An Gefahr, an Feinde dachte die junge Assassine nicht. Alles war wie weggewischt. Es zählte einzig, dass kein blutendes Loch in ihrem Leib klaffte, dass sie noch gehen und atmen konnte, wenn auch schwer.
Nach einer Weile aber, in der sie herumstolperte, fand das Begreifen sie wieder, und mit ihm der Blick, der einordnen konnte, was er sah, und das Entsetzen.
Pulver. Nur Gerüchte konnte man davon finden. Hier war es jetzt. Sie stieg durch die Verheerungen einer Explosion, und immer noch versagte ihr Gehör.
Vielleicht, dachte sie und presste eine zitternde und taube Hand an den Hals, vielleicht ist es besser.
Die Wucht der Entladung hatte den Platz verwüstet, und was sie am Stein angerichtet hatte, war doppelt und dreifach den Menschen widerfahren.
Nicht einmal vor Harrogath war das Entsetzen so groß. Später sollte die junge Frau diesen Satz denken, wieder und wieder, um ihn schließlich zu bewahren – nicht, weil er etwas begreiflicher machte, sondern weil er wie alle Formeln und endlos wiederholten Gebetsaussprüche Festigkeit erschuf, wo es keine gab.
Männer lagen übereinander, ganz und gar ordentlich, gleich geschichteten Ziegeln, einer auf dem Unterleib des anderen. Sie sahen aus, als schliefen sie. Dazwischen hatte die Explosion blutige Lücken in die tote Ordnung gerissen. Hier lagen zerschmetterte und zerfetzte Körper. Der Sand war nur noch ein purpurner Morast. Die Masse der Liegenden regte sich hier und da, und das war das Grausigste. Männer krochen herum, blind und taub und entsetzlich zugerichtet.
Eine schwarze Schicht bedeckte alles, doch nur auf einer Seite – der Seite, die dem Herd der Explosion zugekehrt gewesen war: Ruß, Pulver, das Männer schwarz überstrich und das Orange und Grün und Weiß ihrer Kleidung bedeckte. Denen, die sich bewegten, standen die Münder offen, und Vielen fehlten Hände, Füße, ganze Glieder.
Sie schrieen, begriff die Assassine. Sie hörte sie nur nicht.
Tränen stürzten ihr aus den Augen, ohne dass sie es bemerkte.
Unter den Toten waren auch Kuraster. Die Stadt opferte ihre eigenen Kinder.
Steif bewegte Eya sich in die Richtung zurück, aus der sie den Tempel angegriffen hatte. Am Ende der Straße tobte unvermindert, und für sie lautlos, die Schlacht. Nur auf dem Platz war der Krieg ins Stocken geraten.
Hier hatte sich inmitten der wimmelnden Stadt ein Menschenkrater gebildet und klaffte unter dem Himmel, in den aus allen Straßen Lärm aufstieg.
Unweit der nahen Häuser am Rand des Platzes fiel Eya auf die Knie. Eine unerklärliche Schwäche hatte sich wie Gift in ihr eingenistet. Mit offenem Mund sah sie auf ihre eigenen, aufgestützten, blut- und schmutzverschmierten Hände. Um sie herum taumelten Überlebende, schleppten sich voran, elend, aber nicht völlig ziellos. Nur weg vom Ort des schieren Grauens wollten sie.
Es sind die Ohren. Mühsam zwang Eya sich auf die Beine. Erstmals griff kalte Angst durch all die Taubheit und den Schock nach ihrem Herzen. Was, wenn es so bleibt?
Als sie nach rechts schaute, richtete sich eben ein Mann unter den Gefallenen auf.
Sie erkannte ihn. Es war der Paladin.
Er saß eine Weile lang einfach nur da, dann drehte er sich auf die Seite und kämpfte mit seinen widerspenstigen Beinen. Den Holzkeil, Teil eines gesplitterten Bretts vielleicht, der ihm aus der linken Schulter ragte, schien er überhaupt nicht zu bemerken.
Ich muss ihm helfen. Mit flatterndem Puls tat sie einen Schritt in seine Richtung. Aber wie? Ich kann selbst kaum laufen. Endlich spürte sie ihr eigenes, lautloses Weinen an dem warmen Salz, das ihr in die Mundwinkel lief.
In diesem Augenblick griff jemand nach ihrem Handgelenk , und ehe sie sich versah, zog es sie in das Dunkel einer Umarmung, so fest, dass es ihr Zittern erstickte.
Hadan. Finger strichen ihr durch das nasse, klebrige Gesicht. Seine farblosen Augen blickten aus einem schmutzverschmierten Antlitz. Aus einer Wunde an der Schläfe war Blut über sein rechtes Ohr und die Wange gelaufen.
Sein Mund bewegte sich. Eya schüttelte den Kopf. Ich kann dich nicht hören. Ihre Worte erzeugten für sie keinen Laut, nur ein leises Brummen in ihrer Kehle.
Keine Angst, formte der Nekromant mit den Lippen. Seine Unerschütterlichkeit übertrug sich als sachte Beruhigung auf sie, greifbar wie alle stärkeren Gefühle, die er zu ihr sandte. Vielleicht durfte sie hoffen, die entsetzliche Taubheit, durch die nur selten lautere Geräusche drangen, wieder loszuwerden. Hadan irrte sich selten über Verletzungen.
Sie wies auf das Feld blühenden Schreckens.
Menrad. Er ist verwundet. Immer noch brannte ihre Brust bei jedem Atemzug, als stoße man sie mit Nadeln.
Der Paladin erkannte sie beide nur mühsam, lasen sie aus seinem unsteten, dumpfen Blick, und auch, dass die Gewalt der Explosion ihn beinahe zerdrückt hatte, so wie sie, und dass der Druck noch auf ihm lastete. Sein Gesicht war totenbleich. Eya folgte Hadans besorgtem Blick und sah Blut in den Ohren des Lichtkriegers. Doch seinen Hammer hielt er noch fest in der Hand und nahm auch den Prunkschild wieder auf, bevor er sich von ihnen vom Platz führen ließ.
Die Überlebenden ihrer Verbündeten hatten sich in die Häuser am Rand des Platzes und längs der Straße zurückgezogen.
Hierhin schleifte man jeden, der noch atmete, hierhin humpelten die Verwundeten, während auf der Straße schon jene vorbeirannten, die ihnen gefolgt waren.
Der Sturm duldete keinen Halt, und auch die Männer in den Häusern konnten in allem Schrecken nur kurze Rast beanspruchen. Sie waren inmitten ungesicherter Stadtteile, in denen die Schlacht tobte. Sie mussten weitergehen oder sich der Gefahr aussetzen, den Schutz durch die Nähe des Kriegszuges zu verlieren.
Einen Augenblick aber mussten sie innehalten. Sie waren bis ins Mark erschüttert. Viele schienen gar nicht sicher, wo sie sich befanden, gemartert vom Grauen. Die überlebenden Männer mit Heilkräften verbanden notdürftig den zusammengedrängten, stöhnenden Haufen Menschen, die entsetzlichen Wunden. Es musste rasch gehen.
Menrad zuckte nicht einmal, als der Nekromant ihm das Holz aus der Schulter holte. Sein Blick klärte sich schnell, und er hockte, die Waffe noch in der Hand, zwischen den Gefährten und schloss alsbald die Augen zur Konzentration.
Blassgolden drängte sich eine gepanzerte Gestalt durch die dichtstehenden Menschen. Ifrah schloss Eya und Hadan hastig in die Arme.
Sie war durch einen bloßen Wall anderer Kämpfer vor herumfliegenden Steinen geschützt worden, weit genug weg vom Zentrum der Explosion, um mit einem Schrecken davongekommen zu sein. Aber das Entsetzen hatte ihr die Augen weit aufgerissen. Das Blut, das ihre Rüstung verklebte, war nicht ihr eigenes.
Worte fanden sich in der Eile und dem nachzitternden Grauen nur schwer.
„Sie sprengen die Tempel.“ Hadan wischte sich das Blut und den Ruß versuchshalber aus dem Gesicht, aber das Rot und Schwarz verteilten sich dadurch nur. „Dort, auf den Plätzen, haben sie uns alle zusammen.“ Die Anderen standen stumm, in jetzt begreifender Starre. Einzig Ifrah vernahm den Unterton der Fassungslosigkeit als hauchfeines Zittern in der Stimme des Nekromanten. „Also ist ihnen jetzt jedes Mittel recht.“
„Das ist Wahnsinn...“ Die Magierin band sich mit bebenden Händen das Haar neu zurück.
Menrad schob sich an einer Wand langsam in die Höhe. Von ihm hörten sie in dieser Stunde kein Wort, aber Zorn breitete sich unter der blassen, versteinerten Maske seines Gesichts aus, schleichend und gründlich.
„Mit Wahnsinn müssen wir rechnen.“ Hadan wandte sich Eya zu und leuchtete ihr ein weiteres Mal mit einem brennenden Scheit in die Augen. Die Anderen hatten ihn dies bei allen Verwundeten tun sehen, denen der Druck der Explosion heftig zugesetzt hatte.
Die Assassine stand wieder fester auf den Beinen. Dennoch bemerkte sie die sorgenvollen Blicke ihrer Gefährten, als sie wie sie alle dem Rufen der die Verbände sammelnden Anführer folgte.
Der Sturm erfasste die Straße und den zerstörten Platz wieder, überschwemmte ihn, und auch die Rastenden riss er mit.
Langsamer jetzt, lief Eya neben den Anderen los. Die Welt war ein dumpfes Brausen und Murmeln. Hadan war nur Schritte hinter ihr, und sie ahnte, dass er sie im Auge behalten wollte. Ifrah hatte sich wieder als goldenes Funkeln im Strom der Menge aufgelöst, doch die Assassine wusste sie um sich, niemals wirklich weit weg.
Verbissen verdrängte sie die nagende Angst, endgültig von einem Kampf zum Krüppel gemacht worden zu sein, achtete immer nur auf den nächsten Schritt und verschwand, ein Körper unter Hunderten, im Gewühl der Straße.
Die Schrecken des Platzes gingen im nachspülenden Lauf der Massen unter. Zäh fraß sich der Arm der Aufständischen in die Stadt. Ihm folgten weitere, bald parallel zu ihm, in anderen Schneisen. Unaufhaltsam hielt das Heer auf das innere Kurast zu.
Und ebenso unaufhaltsam schloss sich die Verteidigung der Stadt um die Eindringlinge.
Die Sonne stand inzwischen hoch, doch niemand bemerkte es. Kaum ein reinerer Strahl fand einen Weg durch den aufsteigenden Brodem des Krieges.





Licht, schaff mir die Leute aus dem Weg.
Das Schlimmste an Schlachten war das Gedränge, dachte Menrad.
Eine Mauer kämpfender Männer versperrte ihm den Weg. Weiter links ging sie in eine schreiende Menge über, dort, wo der eisige Schrecken vom Himmel gekommen war. Er kam nicht schnell genug an die Tempelstufen heran und an den Mann, der auf ihnen die Arme emporreckte.
Flankiert von nur einem Kuraster, stand der Küster über dem kleinen Platz und sandte seine Magie gegen sie aus.
Überall machten sie es so. Fußkämpfer griffen am Boden an, Bolzen kamen aus den Fenstern, und an Tempeln oder größeren Gebäuden warteten die Männer in den langen Gewändern.
In Berichten vom Fall Kurasts vor einem Jahr hieß es noch, die zu den Dämonen gegangenen Küster besäßen immense, verderbte Kräfte. Die jetzt wieder aufgestiegene Kaste aber besaß sie vielleicht ebenso, oder hat sie immer besessen. Sie haben sie verborgen. Heuchler, die sich vor der Erinnerung des Volkes nie gerechtfertigt haben. Täuscher.
Und dieser da ist einer von ihnen.

Menrad fühlte ein Brennen in der Brust, und es war nicht allein die Nachwirkung der Explosion.
Hass.
Ihr sollt euch dem Hass nicht hingeben
, sagten die Weisungen. Aber er konnte nicht anders.
Der blaugewandete Bastard da oben machte sich schon bereit. Er würde ihnen einen zweiten Regen aus Eis schicken.
Menrad stieß rücksichtslos Männer nieder. Auch Verbündete waren dabei. Sie sahen die drohende Gefahr gar nicht, kämpften voller Not um ihr nacktes Leben vor den Säbeln der Kuraster.
Die bärtigen, aufgesprungenen Lippen des Paladins bewegten sich lautlos.
Dann schleuderte er den Hammer.
Schreck malte sich auf dem Gesicht des Kurasters, des einzigen Kämpfers, der seinem geistigen Oberhaupt zur Seite gestellt war. Und blind, wie sich auch seine Brüder vor die neu errichtete Ordnung und ihre Beherrscher stellten, warf er sich in die Bahn des großen Gegenstandes.
Der Kriegshammer traf ihn mit voller Wucht. Niedergeschleudert, riss der Fallende den Küster mit um, und über Treppe und Platz verrauchten abgebrochene magische Worte.
Endlich durch die zähe Menge gedrungen, machte Menrad einen Satz auf die Stufen. Er spürte weder Mattigkeit noch Angst mehr.
Mit bleichem Gesicht rappelte sich der Küster auf. Seine übermäßig hohe Stirn wirkte ohne die Küsterkrone, die hinuntergefallen war, lächerlich und nackt. Aber in seinen Augen glomm unvermindert die Bereitschaft, in den Tod zu reißen, wen er erreichen konnte.
Menrad sprang auf diese Augen los, und wenn es das Letzte ist, was ich tue: dich nehme ich noch mit, du feiger Hund. Der Prunkschild polterte, längst fallengelassen, die Stufen hinunter. Er hatte nur noch sein Kurzschwert.
Erst viel später sollte ihm aufgehen, dass er den feindlichen Priester angriff, wie er einen Frevler vor dem vertrauten Portal eines Gebetshauses angegriffen hätte.
Ein Schlag erschütterte den Küster. Stockend sah der Paladin seinen Gegner die Augen schließen, dann wieder aufreißen, die Hände schon gegen ihn ausgestreckt. Aus seiner Schulter ragte ein Pfeil.
Der Küster kam nicht mehr zum Spruch. Diesmal hörte Menrad das Zischen. Der zweite Pfeil traf den Küster in den Hals.
Er stürzte gegen eine Säule des Tempels, hielt sich noch einen Lidschlag lang verbissen aufrecht, und rutschte dann an dem dunklen Stein zu Boden.
Menrads Augen gingen an der Säule hinauf. Das Schreien und Schlagen der Schlacht klang plötzlich leiser von hinten. Kuhäugig schaute ihm die Gottheit entgegen, der das Bauwerk geweiht war, und er erkannte die rindsköpfige Bijoodhi, der Weisheit und Maß unterstehen sollten.
Es wurde still.
Wer bist du?
Im lautlosen Raum schlug sein Herz schwer, einmal. Zweimal.
Ich weiß nicht, wer du bist, aber dieser da hat dein Haus zu etwas gemacht, für das es sicherlich nicht gedacht war. Mit schwacher Verwirrung spürte er sich lächeln. Grimmig, zufrieden. Wenn es einen Abgrund gibt, dann schicke ihn hinein.
Er wandte sich ab, und es wurde wieder lauter um ihn. Die Welt strömte zurück in den seltsamen Augenblick, der zwischen allem gelegen hatte: ungewiss, ohne Angst, ohne die Last des Denkens.
Er spähte der Flugrichtung des Pfeils nach, doch der kleine, braune Mann, nackt bis auf seinen Lendenschurz und den blutigen Firnis der Schlacht, war schon die Stufen zu ihm empor gelaufen. Schnalzend zog er die Pfeile aus dem Toten.
„Danke“, sagte Menrad in das flächige Gesicht.
Der Krieger blinzelte, stieß dann ein Glucksen aus, das ein Lachen darstellen mochte. Ein Schwall Mandjab ergoss sich über den Paladin.
Sie verstanden Einer des Anderen Worte nicht, und verstanden sich doch.
Als Menrad am Fuße der Treppe wieder in den Kessel der Schlacht tauchte, hatte er den Mandjabmann schon aus den Augen verloren. Er war verschmolzen mit dem Gewühl oder auch unkenntlich geworden unter seinen hier und dort vorbeirennenden Mitstreitern von der fernen Insel, die sich allesamt glichen wie Brüder.
Der winzige Platz ertrank in Menschen. Das mittlere Heer rückte nach. Wollte Menrad weiter unter der Vorhut bleiben, musste er der Menge hier vorauseilen.
Erst, als das Bauwerk schon zwei Straßen hinter ihm lag, ging ihm auf, dass er sich in Gefahr befunden hatte. Der Tempel mochte ebenfalls eine Sprengladung beherbergen. Das Zittern der Hast und nackte Angst fanden ihn wieder. Denn zwei weitere Male hatte es in der tobenden Stadt gekracht, als falle ein Berg in Trümmer, und der Boden hatte gebebt – Erschütterungen, die nur von Explosionen herrühren konnten.
Sie sprengen die Tempel. Der Paladin sah kurz das blutbefleckte Gesicht des Nekromanten vor sich.
Eiliger, gehetzt, stieß er sich durch die Menge voran, rannte, sammelte mit den Augen Männer und Gruppen, die ihm die Lage zeigen konnten, hieb Gegner nieder, ohne lang innezuhalten.
Kurz hatte er es vergessen. Es gab keine Rast und keine Lösung in den Straßen dieser Stadt. Es gab nur die Flucht oder den Vorstoß auf ihr Herz. Dieses abzudrücken, diesen steinernen Muskel, ihm das Leben auszuquetschen, daran hing der Ausgang der Schlacht.
Und jeder Kämpfer auf ihrer Seite wusste das. Er sah es an der Hast, mit der die Pundarhauptleute die Krieger durch allen Widerstand ins Stadtinnere trieben, an der Wut, mit der Gegner aufeinander losgingen, als verfolge sie auch die Furcht vor dem Verweilen an einem Ort.
Gebe der Himmel, dass ihnen das Pulver ausgeht.
Noch während er die Bitte in Gedanken formte, passierte er einen weiteren Platz. Nein, es war vordem eine Straße gewesen, sah er. Seine Knöchel knirschten im Griff um das Holz des Hammerstiels. Die Entladung hatte Häuser weggedrückt und einstürzen lassen. Doch er konnte keine Tempelüberreste entdecken.
Wo Tempel fehlen, nehmen sie Wohnhäuser.
Hier hatte die Attacke ihr Ziel, größtmögliche Verheerung, offenbar verfehlt, war vielleicht zu früh losgegangen. Die Entladung hatte alle Unglücklichen in ihrer Nähe gegen die Hauswände geschmettert, aber Leichenberge fehlten.
Schwarz standen die Trümmer, schwelend in der rauchigen, klebrigen Luft. An den an erstarrte Lava erinnernden Flächen, auf dem rußbedeckten Boden, hafteten und lagen Stücke, die Menrad zuerst für Teile zertrümmerter Statuen hielt.
Dann, im Vorbeihasten, begriff er. Alles Schwarz konnte das Blut nicht völlig verdecken. Das waren keine Statuen.
Froh um die Gegner, die ihm Schritte später entgegentraten, stimmte der Paladin in das Kriegsgeheul des Ostens ein. Solange es einen Gegner gab, einen Punkt, auf den er losgehen konnte, konnte er weiterkämpfen. Zuschlagen, schreien und das Grauen ersticken.





Das Heer der Angreifer erreichte das mittlere Kurast mit äußerster Not.
In einem Halbkreis strebte das ehemalige Tausend dem Kern der Stadt zu, arbeitete sich durch die Stellungen der Verteidiger, wühlte in sich ineinanderschiebenden Massen, vorwärtsgedrückt von hinten – eine nagende Flut, die sich durch das steinerne Labyrinth der Häuser und Straßen grub.
Aber je weiter sie kamen, desto zäher wurde ihre Bewegung.
Schließlich kam sie beinahe zum Erliegen. Um jede Handbreit Bodens fochten Angreifer und Verteidiger wie besessen. Zwischen den ingrimmig Kämpfenden irrten die Kuraster Bürger, die ins Kampfgeschehen hineingetrieben worden waren. Der zähe Strom wogte hin und her, verteilte sich in die Häuser, bis es keinen Winkel mehr gab, an dem nicht Chaos herrschte, an dem nicht Kadhjal, die Göttin des Krieges, tanzte.
Wo die Explosionen die Arme des Angreiferheeres weiter außerhalb bereits zersprengt und kurzzeitig aufgehalten hatten, rissen sie hier nun Krater in die im Krieg versinkende Stadt und vernichteten ungeordnet Menschen, egal welcher Seite. Halb wahnsinnig vor Entsetzen, rannten die Krieger beider Lager auf dem schlingernden Pfad ihrer Aufgabe weiter, die einen getrieben von Treue zur neuen Obrigkeit, die anderen im bloßen Wissen, dass eine Flucht Niederlage bedeutete.
Grabenkämpfe entbrannten. Das Heer saß fest.
Ifrah kam gerade rechtzeitig, um eine der Explosionen mit eigenen Augen zu sehen.
Die Verfolgung eines Kurasters, eines einzelnen, mörderischen Bastards, hatte sie in eines der Häuser gelockt und eine Treppe hinauf.
Im Innern des Hauses, weiter über ihr, gellten Schreckensschreie. Sorge, der Krieger, der schon auf der Straße fürchterliche Verheerungen angerichtet hatte, könne den Bürgern hier im Vorbeitoben Schaden zufügen, trieb die Magierin an.
Sie keuchte und fühlte ihr Herz rasch und wuchtig hämmern, aber ihr Kopf war klar.
Schritte polterten nach oben. Eine Türöffnung wies auf einen hinteren Balkon. Dort erschien sie wie eine auf Alltagsschauplätzen verirrte Sagengestalt, hieb mit dem Stock ein Fass aus dem Weg und spähte die Außentreppe hinauf. Gleich den Häusern in ihrer Heimat besaßen manche Kuraster Bauten aufgesetzte, kleinere letzte Stockwerke, deren Flachdächer als zusätzlicher Platz genutzt wurden.
Dort hinauf floh der Kuraster. Kurz sah sie rote Gewänder aufleuchten.
Wusste er sie erst auf der Treppe, konnte er leicht die Mannshöhe des Aufbaus hinunterspringen und entkommen.
Den Stab fest in beiden Händen, teleportierte sie auf das Dach.
Halb fürchtete sie den Anfall lähmender Schwäche, der die magische Bewegung an einen nahen, aber nicht einsehbaren Ort zu begleiten pflegte – ein sehr viel schwierigerer Schritt als das Teleportieren auf offenem Gelände. Aber der feste Boden des Flachdaches empfing sie ohne Wanken.
Sie hatte keine Zeit, um sich zu wundern.
Der Kuraster stand nur Schritte entfernt. Eben hatte er springen wollen.
Mit einem hasserfüllten Schrei griff er an.
Hier oben, unter freiem Himmel, brauchte Ifrah weder auf Umstehende noch auf Begrenzungen Rücksicht zu nehmen. Ein Funkeln im Auge, in der Brust einen verwunderten Herzschlag, weil das Beschwören und Freilassen der Elementarkraft so leicht und geschmeidig kam, gebar sie ihren Angriff.
Der Blitz war dick wie ein Baumstamm. Bevor er den Säbelkämpfer verbrennen konnte, stieß die schiere Wucht der Entladung ihn rücklings vom Dach.
Ifrah, die zur Brüstung hastete, sah den rotgewandeten Körper, festgebacken an der entsetzlichen Kraft weißleuchtender Energie, in die Tiefe zwischen den Häusern fallen. Auf dem Weg nach unten musste der Blitz den Mann grausam versengen. Er schrie nicht.
Als das Krachen, das sein Aufschlagen auf Mauern und dann dem Boden eines Hofes begleitete, zu ihr tönte, stand sie oben und rührte sich nicht. Schwarze Haarsträhnen wehten in einer matten Brise, und fahles Sonnenlicht fand ihren Stab und ließ ihn schwach schimmern. Sie fühlte kein Mitleid.
Um dich ist es nicht schade. Nicht um dich und auch nicht um euer ganzes Natternnest in dieser Stadt.
Ifrah sah sich um. Die Gelegenheit zu einem Überblick wollte sie nicht ungenutzt lassen.
Kurast war ein brodelnder Kessel. Kriegslärm brandete zu ihr empor, stieg in den unerschütterlichen Himmel gleich dem unsichtbaren Rauch eines Scheiterhaufens, auf dem die Liegenden noch leben.
Eine alte Zeit geht hin. Seit einem Jahr schon. Das hier sind nur die Geleitfeuer, die am Pfad des Wechsels noch lange brennen werden.
Ihr Blick fand in einiger Entfernung Travincal, und grimmig fasste sie die steinerne Insel ins Auge. Dann sah sie nach der Bewegung des Heeres der Aufständischen in den Straßen unter ihr. Auf einem vielleicht zweihundert Schritte entfernten Platz tobte die Front gegen die Verteidiger, überschattet von einem der sechs großen Tempel des Oberen Kurast.
Und während sie noch schaute, kam die Explosion.
Zuerst war ein Knall da – ein Zerplatzen der Luft, das einem fast die Ohren zerriss. Im Zusammenzucken blieb eben noch Zeit für einen Blick auf das Gebäude. Es schien sich zu blähen. Für den Bruchteil eines Augenblicks hielten seine Steinmassen die Entladung noch in ihrem Inneren.
Dann brach gelb sprühend die mörderische Luft durch die schwarzen Mauern. Sie wurden nach außen gedrückt und zerbarsten in fliegende, polternde Blöcke. Das Dach sank ein.
Alles ging innerhalb eines Lidschlags vor sich. Ifrah sah es wie erstarrt.
Sie war auf die Knie gefallen, selbst hier oben auf dem Dach zu Boden geschleudert vom Druck. Oh Himmel, nein.
In einer höhnisch gemächlich sich ausbreitenden Wolke von Steinstaub begrub der Tempel die Menschen auf dem Platz unter sich. Im gleichmäßigen Kriegsgeschrei klang eine schrillere Klage auf.
Und aus dem Himmel, oder aus den Tiefen der Erde, antwortete etwas.
Ifrah kniete mit offenem Mund und stier auf den Platz gerichteten Augen und spürte eine zweite Erschütterung. Es war keine weitere Explosion. Es etwas von anderer Art. Aus der Luft, bis in jede Faser ihres Seins, setzte sich eine lautlose Schwingung fort, und ihr war es, als übertrage sich eine Empfindung auf ihre Seele.
Erwachender Zorn. Verwundeter Stolz. Doch älter und fremder.
Das kann nicht sein. Das ist nur der Schock.
Auf heiß und kraftlos sich anfühlenden Beinen kam sie schwankend zu stehen. Die Vorwärtsbewegung der Angreifer lag still.
So schnell sie es vermochte, eilte die Magierin durch das Haus wieder nach unten. Eine Veränderung der Lage, eine neue Taktik, neue Befehle, mussten erfolgen. Doch wichtiger und nagend ragte die Angst aus ihren wirren Gedanken heraus, ihren Gefährten könne etwas zugestoßen sein.
Sie waren einzigartige Kämpfer. Unter dem Heer aber waren sie nicht sicherer vor Tod und Verderben als jeder andere Mensch, der sich durch die im Wahnsinn untergehende Stadt voranschlug. Ein Anrecht auf einen einzelnen, hervorstechenden Tod gab es nicht. Sie konnten enden wie Viele: zermalmt unter Trümmern, tief hineingetreten in den Straßenstaub, zugrunde gegangen in einem Winkel inmitten der umkämpften Häuser.
Unten auf der Straße traf sie zu ihrer grenzenlosen Erleichterung auf Eya. Unter herumhastenden Verbündeten, die im Stocken des Angriffs zwischen ihnen versprengte Gegner töteten, nach ihren Anführern riefen, Verwundete an den Straßenrand schleiften und versuchten, den stillliegenden Kriegszug an seinen Rändern zu sichern, tauschten die beiden Frauen rasche Worte.
Die Assassine war totenblass. Ihre umschatteten Augen, die fiebrig glänzten, zeigten ihre Erschöpfung an. Diese war jetzt zum Verzweifeln nah, und dicht hinter ihr kauerte das Erlebte, Mitgelittene der Schlacht.
„Wo ist Hadan?“ fragte Ifrah.
„Vorne, nahe der Front.“ Eyas Kopf ruckte nach links, in die Richtung, in der sie ihren Gefährten wusste. „Er war eben noch hier. Es soll einen Halt geben, bis die Lage wieder übersichtlicher wird. Er sucht Berater des Fürsten.“
„Und Menrad?“ Erst jetzt fühlte die Magierin den irrsinnigen Durst, der ihr die Zunge schwer machte. Ihre Wasserflasche war noch da, jedoch fast leer.
„Noch am Leben.“ Die Worte der jungen Frau kamen abgehackter. Es war mehr als deutlich, dass sie dringend Ruhe benötigte. „Ich glaube, er sammelt seine Brüder.“
„Geh in Deckung und ruh dich etwas aus.“ Ifrah fasste nach der schmalen Schulter der Jüngeren. „Das Heer steht still. Wir müssen ohnedies abwarten, was geschieht.“
Als Hadan schließlich im Durcheinander der Straße auftauchte und sie wiederfand, lehnten die beiden Frauen unter einer Balustrade. Allerorts stützten sich Kämpfer in der unvorhergesehenen Unterbrechung der Schlacht müde auf ihre Waffen. Doch niederzulassen wagte sich niemand. Der späte Tag färbte den Himmel bereits türkis, aber die Angreifer wussten, dass die Nacht vielleicht keine Ruhepause bringen würde.
An der Front in vielen Straßen hatte man hastig behelfsmäßige Barrikaden aufgestellt. Die Anführer der Einheiten drängten sich durch das Chaos und mühten sich, alle zurückzurufen, zu unterrichten und zu ermutigen. Der Kriegslärm war ermattet, ohne dass es viel ruhiger wurde. Zaghaft spähten die Kuraster Bürger ins Freie. Unverändert barst die Stadt vor Menschen.
„Grabenkämpfe.“ Der Nekromant lehnte sich neben den beiden Frauen an die Hauswand. Er atmete schwer. Seine Rüstung war blind vor Schmutz und Blut.
Ifrah, die ihn von der Seite ansah, erschein er mehr als je zuvor wie ein Mann zwischen zwei Welten. Er hatte sich auf Lebenszeit der dunklen Magie verschrieben, doch seine Statur und sein jüngst direkteres Auftreten ließen weit eher an einen Krieger denken. Sein schwer bestimmbares Alter weckte im Betrachter Respekt und Verwirrung zugleich. Du hättest ein Anführer sein können. Aber dieser Augenblick täuscht, weil er deine Herkunft verwischt.
Hadan würde immer ein Gespaltener sein – ausgestattet mit dem Grundstoff, aus dem anderswo Könige und Hohepriester geformt wurden, aber ihm fehlte der Lebensweg, der dorthin wies.
„Wir sind angekommen, wo wir nicht ankommen wollten – bei einer Belagerung“, fuhr der Nekromant fort. Das Crismesser, das er an seiner Hose abwischte, wo sie unter den massiven Beinschützern hervorsah, hinterließ einen fetten roten Streifen. „Und das, bevor Travincal sichtbar vor uns liegt.“
„Es macht den Eindruck, als richte sich das Heer ein, über Nacht hier zu bleiben.“ Ifrah beobachtete die vor ihnen vorbeigehenden Kämpfer. Die Farben der Gruppen hatten sich vermengt. Schmutzbedeckt, glich der Pundarkrieger dem Mann aus der Sibhawüste oder dem Paladin aus dem Westen schon eher als zu Beginn.
Eine Weile noch, bloß um Atem zu schöpfen und einen Schluck zu trinken, lehnten die Gefährten an der Mauer. Dann mischten sie sich unter den Kriegszug. Es gab Verletzte zu betreuen und Stellungen zu sichern. Zumindest für einen Augenblick war Kurasts Rechnung aufgegangen. Die Angreifer saßen fest, und die Verteidigung hatte Zeit, um sich neu zu sammeln.
Wie es um die Gegner stand, war für beide Seiten kaum zu ermessen. Dunkelheit senkte sich über die Stadt, die im Krieg versunken war. Im Licht der Lampen minderte sich das Chaos kaum, und Schlaf würde es in Kurast heute schwerlich geben.





Die Nacht war hereingebrochen.
Müde, mit gelöstem Haar, schritt Ifrah durch die Straßen, die der Kriegszug hielt. Sie hatte ein Stück Brot erhalten und eine Schale mit Wasser, gleich allen Kämpfern, und es hatte sie erfrischt. Hunger fühlte sie ohnedies kaum, mitten im trügerischen Stillstand.
Kurast lag lauernd in der Dunkelheit, die keine war. Sein nächtliches gelbes Antlitz stand heute noch ruheloser unter dem Schwarz, weil nirgendwo Lampen gelöscht wurden. Nur dort, wo die Explosionen gewütet hatten, klafften finstere Löcher.
Auch ruhiger war es nicht. Es erschien einem nur so, nach dem Gebrüll der Massen in den vergangenen Stunden.
Eine breite, unregelmäßige Front zog sich durch die Stadt. Das Heer der Angreifer war nicht zahlreich genug, um einen Ring um Oberkurast zusammenzuziehen. So saßen sie nun hinter Barrikaden und Häusern ihren Gegnern gegenüber, die zahlreich das Stadtinnere besetzten und aus nördlicher Richtung jederzeit Nachschub beziehen konnten.
Die Magierin kehrte in die Straße zurück, die auf den zerstörten Tempel zulief. Sie war voller Menschen. Sie rannten nicht mehr, sondern kauerten vorne, hinter den Barrikaden, lagerten oder standen dicht an den Häusern. Wachfeuer und Lagerfeuer brannten, schwelende Lichtquellen zwischen Hunderten menschlicher Silhouetten. Die Luft stank nach Rauch. Das Stimmengewirr klang unablässig fort, eine gedämpfte Untermalung der eigentümlichen, angespannten Szenerie.
Vereinzelt vernahm man aus entfernten Straßen Kampfeslärm, wo es an den Fronten Übergriffe gab, doch der Großteil des Heeres wartete.
Ifrah vermochte nicht einzuschätzen, welchen Umfang ihre Verluste hatten. Die Anführer wussten es sicher bereits.
Sie ging langsamer und suchte ihre Gefährten.
An einem Lagerfeuer mitten unter anderen Kriegern machte sie schließlich die vertrauten Gestalten aus. Eya stand und blickte in Richtung der Barrikaden, die gute dreihundert Schritt entfernt in der halben Dunkelheit aufragten. Ihr Haar war behelfsmäßig glattgestrichen, und im Näherkommen sah Ifrah die glatte Linie ihrer Wange von hinten und den kleinen Fächer dichter Wimpern darüber.
Hadan saß mit dem Rücken gegen die nahe Hauswand gelehnt und hatte die Hände auf die aufgestellten Knie gelegt. Sein Mantel lag abseits – sonst aber war er in voller Rüstung, wie sie alle. Ifrah bemerkte eine dickliche Substanz an seinen Händen, vielleicht eine Heilpaste, die er noch nicht abgewischt hatte. Ringsum lagen viele Verwundete und starrten mit blassen Gesichtern in die Flammen.
Der Nekromant hatte die Augen, deren Farblosigkeit im Halbdunkel etwas gemindert wurde, zu Boden gerichtet. Trotz der Entbehrungen der zurückliegenden Wochen wirkte sein Gesicht voller als früher, weniger abgezehrt, selbst bei allem Schweiß und Schmutz und aller Erschöpfung.
Als Ifrah näher trat, grüßten die Gefährten sie und nötigten ihr etwas Fleisch auf.
Die Kuraster Bürger verkrochen sich zumeist in ihren Häusern, aber einige zeigten auch offen ihre Sympathie für die Aufständischen. Zwei oder drei Garküchen hatten ohne Aufforderung alles weggegeben, was sie an Vorräten besaßen, und die Führer der Verbände konnten die Lücken unter ihren Männern zumindest hier und dort mit Freiwilligen füllen.
„Wie ist die Lage?“ fragte Ifrah den Nekromanten. Sie ahnte, dass er noch nicht lange hier saß, dass er ebenso wie sie herumgegangen war, um einen Überblick zu erhalten, und ungeachtet seines niedrigen Standes als Rädelsführer stets in alle Besprechungen miteinbezogen wurde.
Sein Blick wanderte zu ihr, während er unbewegt sitzen blieb. „Sie sind noch nicht fertig damit, die Toten zu zählen. Aber uns bleibt vielleicht die Hälfte aller Männer, wenn es um solche geht, die einen weiteren Sturm überstehen könnten.“ Im ernsten Schweigen legte er den Kopf zurück an die Wand. Seine Stimme war tonlos, beinahe schleppend, und Ifrah war sich sicher, dass er fieberhaft abwog oder an etwas ganz anderes dachte, während er sprach. „Die Belagerung wird bald gesprengt werden müssen. Die Zeit ist gegen uns. Travincal muss fallen, und das rasch, wenn wir die Stadt erobern und halten wollen.“
Für eine Weile herrschte Schweigen um das kleine Feuer. Auch die Männer, die der Unterhaltung gelauscht hatten, schwiegen.
Ein Durchbruch. Ifrah starrte auf das Stück gebratenen Fleisches in ihrer Hand. Ein Schauer überlief sie. Die Verheerungen des heutigen Tages waren entsetzlich genug gewesen. Morgen würden sie schlimmer sein.
Sie sah auf. Hadan wischte sich abwesend die Hände an seinen Beinkleidern sauber. Sein grimmiger Ernst mochte Gründe des Gewissens haben, ging es Ifrah durch den Kopf. Neben den – wenn auch unsinnigen – Selbstvorwürfen, als ein Sohn des Ostens nicht wachsamer gegen die Vorgänge in Kurast gewesen zu sein, zählte der kommende Tag für ihn gewiss als Schwelle, die er überwinden musste.
Sie glaubte nicht, dass er mit voller Kraft gekämpft hatte. Und heimgesucht von alten Bildern ahnte sie, warum. Kreaturen des Abgrunds zu zerreißen, deren abscheuliche Formen sie alle außer in ihren Träumen immer schlechter erinnerten, war etwas Anderes, als gegen Menschen anzutreten.
Dann dachte sie plötzlich an die fallenden Tempel, das Opfer, das Kurast der neuen Ordnung bereitwillig brachte. Und der stumme Widerhall, der sie auf dem Dach erreicht hatte, rief sich ihr wieder ins Gedächtnis.
Aus dem Augenwinkel beobachtete sie Hadan und Eya. Die Assassine trat, nachdem sie sich lange und gründlich umgesehen hatte, neben den Nekromanten. „Du solltest etwas schlafen“, kam ihre Stimme leise, eben noch vernehmbar für die am Feuer Ruhenden, herüber. Eine schmale Hand berührte flüchtig die straffe Wange des sitzenden Mannes.
Ifrah sah ihn die Augen schließen. „Ich kann nicht, Shatryindjah.“ Er nahm und küsste die Hand der Assassine und vergrub sich dann wieder in Schweigen.
Als einige Zeit vergangen war und Eya sich ebenfalls am Feuer niedergelassen hatte, rückte Ifrah zu dem Nekromanten hinüber. Das Fleisch lag ihr mit einem Mal wie ein Stein im Magen.
„Du bist über die Attacke auf Travincal hinaus in Sorge“, sagte sie direkt in die bleichen Augen, die sich ihr zuwandten, als sie sich neben dem großen Mann niederließ. Die gemeinsamen Kämpfe hatten ein Anrecht auf Offenheit hervorgebracht, das über Zurückhaltung erhaben war, wenn es Not tat.
Nachdem er sie kurz unbewegt gemustert hatte, gab er zurück: „Worauf spielst du an?“
„Die Tempel...“, entgegnete sie und sah mit Bedauern das rasche Aufglimmen des Schmerzes unter der Oberfläche seiner Züge. Sie sprachen so leise, dass niemand sonst sie verstehen konnte. „Das ist entsetzlich und frevlerisch, und ich will dich nicht länger dazu befragen als notwendig“, fuhr sie fort. Der Feuerschein glomm auf ihren einander zugekehrten Gesichtern. „Es ist nur, dass ich zunehmend unsicher bin, und auch an unser aller Gespräche in Shanghar denke.“ Sie hielt kurz inne. „Denn heute, beim Fall des letzten Tempels, der gesprengt wurde, war mir, als... Es war eine Erschütterung da. Welche Macht steckt nur hinter all dem? Eine Machtsphäre wurde getroffen, so viel sehe ich – aber welche?“
Hadan hielt sie lange im Blick und erwiderte nichts. Dann sagte er, fast so, als wolle er auf ihre Gedanken überhaupt keinen Bezug nehmen: „Die alten Kuraster Tempel von Pradavi, Suthvaa, von Dhelvaa und von Arisadhi sind heute gefallen. Es ist ein schwarzer Tag, und ja, ein Tag des Frevels.“ Irritiert bemerkte Ifrah das Funkeln in den Augen ihres Weggefährten – halb Trauer, halb ungutes Lächeln. „Sag es mir ehrlich, Ifrah – was glaubst du, was du gespürt hast?“
Weiter sprachen sie nicht darüber. Hadan wandte sich nach einer Weile eigenen Gedanken zu, ahnte die Magierin, und auch sie wollte nicht länger rätseln, sondern alle Kraft darauf verwenden, für den Ruf zum Ansturm auf das Herz der Stadt bereit zu sein.
Die Nacht schlich vorbei.
Der Ruf erfolgte im Morgengrauen.
“Saja, saja, saja!”
Ifrah fuhr hoch.
Kaum wach, stand sie ohne Übergang auf den Beinen, band das Haar zurück, griff nach ihrem Stab.
Sie musste eingenickt sein. Um sie herum bewegte sich das Heer gegen die zur Seite geschobenen Barrikaden, und die Magierin blinzelte mit rasch erkaltendem Inneren in die Menschenmassen und den niedrigen, noch frühen grauen Tag.
Auch Eya und Hadan warteten schon auf sie, sahen sich nach ihr um, bereit, rennend im Strom unterzutauchen. Mit zwei, drei Schritten war sie bei ihnen.
Seltsam, trotz aller Sorge, trotz aller Furcht vor weiterem Grauen und Leid, fand ein Lächeln zu ihnen. Ein flüchtiges, flackerndes nur. Es begann bei Hadan.
Ifrah hatte ihn selten lächeln sehen. Aber jetzt, bevor er sich in den Sog der Kämpfer reißen ließ, zogen sich die Lippen des großen Mannes von seinen Zähnen zurück. Die Augen blieben starr und zwingend dabei. Ein Raubtierlächeln. Es setzte sich bei Eya fort, und auch sie selbst fühlte es, ohne Freude im Herzen zwar, doch auch ohne Verzweiflung.
Dann setzten sie sich rasch an die Spitze des Arms, der aus der Straße hervorstieß. Männer brüllten, und das Gebrüll griff auf das Heer über, als es über den Platz und in die Linie der Verteidiger fegte.
Ein Pundaranführer schrie Befehle über die Köpfe der Menge, auf einer Mauer stehend, die aus der Menschenflut ragte wie aus einem schnellen Gewässer.
In einem einzigen, rasenden Angriff warf sich der Kriegszug, der für diesen Tag den Kontinent überquert hatte, gegen das Obere Kurast.
Über die gegnerischen Barrikaden hinweg sprangen die Vordersten in eine waffenstarrende Wand, eine Welle, die sich gegen sie hob und überkippte und ihrerseits in die Angreifer flutete. Mit weithin hörbarem Splittern und Krachen prallten die Gegnerreihen aufeinander. Die alles verjagende Wut hatte die Vordersten schreiend in den Aufprall getrieben, aber nur die am besten gerüsteten Kämpfer überstanden ihn. Dutzende fielen, von Speeren durchbohrt und niedergetreten von den Füßen der über ihnen aufeinander Losgehenden.
Die dunkelgrauen Häuser säumten den ausbrechenden Wahnsinn.
Ifrah teleportierte mitten unter die Gegner.
Ich habe vergessen, zu beten. Sie starrte in die Fratzen brüllender Kuraster. Die Säbel der Nahkämpfer glichen silbernem, kreischendem Schilf. Dann hängte sich ihr letzter klarer Gedanke an Maysan, und begleitet von der Hitze der Angst und von statischem Summen entfaltete sie ihre Nova.
Sie hielt die Augen starr geradeaus gerichtet, hellere Enden von Straßenschluchten im Blick, Lücken im Blick, in die sie sich wagen konnte. Die zahllosen Bilder entfesselter Grausamkeit wollte sie nicht deutlich sehen, wenn sie schon das Ohr gegen das Stöhnen und Schreien der wogenden Massen nicht verschließen konnte. Wo es gellend aufschäumte, wusste sie, war Hadan. Sie brauchte ihn in der Schlacht nicht zu suchen. Blut kennzeichnete seinen Weg durch die Menge. Stellenweise war es bis über Kopfhöhe an die Häuserwände geschleudert worden, über freien Flächen, die zerstobene Leiber pflasterten.
Der Nekromant bahnte sich seinen Pfad durch die verräterische Stadt wie eine Plage, die schließlich freigesetzt ist.
Der Widerstand der Gegner, begann Ifrah Straßen weiter zu begreifen, war nicht so grausam stark wie befürchtet. Vielleicht gab es weniger Nachschub als vermutet. Vielleicht zog sich alles nach Travincal zurück, Schritt um Schritt, um sich dort zu ballen und sie in einen vernichtenden Kampf zu locken.
Sie wusste es nicht. Auch die Anführer ihrer Verbündeten wussten es nicht. Sie trieben ihre Männer vorwärts durch das Gewühl, ohne innehalten zu dürfen und ohne auf die entsetzlichen Verluste achten zu können.
Ein einziger, gerader Stoß auf das Herz der Stadt musste der Angriff sein.
Eine zweite Belagerung würde das Heer der Aufständischen nicht überstehen.
Durch den Dämmer einer letzten, verstopften Straße wühlten sich die Angreifer. Die wenigen verbliebenen Mandjabmänner sprangen auf den letzten großen Pulk Verteidiger zu. Versprengte Sibhakrieger schleuderten Speere gegen eine Gruppe von Küstern, die sich auf eine Fußplattform des linken der zwei zentralen Tempel Oberkurasts gerettet hatten. Paladine, seltener und seltener gewordenes Blau und Weiß im Farbengemisch, stellten Säbelkrieger der Front, gemeinsam mit den Pundarkriegern, wurden zu Vielen niedergemacht und überwanden die Gegner schließlich doch. In die noch stehenden und schon zurückweichenden Kuraster riss eine verheerende Macht eine Lücke, die sich nicht wieder schloss.
Ifrah trat über Leichen.
Sie sah nach unten auf verrenkt daliegende, gesichtslose Massen, in denen es noch kroch und schwach lebte. Ob die Nässe auf ihren Wangen Tränen waren oder Schweiß, wusste sie nicht. Jemand hielt ihren Fuß fest, aber sie riss sich los und kam aus der Dichte der Raserei und blickte auf.
Die Stadt öffnete sich.
Im leiser gewordenen Klang der abebbenden Schlacht standen die Angreifer, eine Reihe von Menschen, vor dem Damm nach Travincal. Riesig lag der künstliche See vor ihnen. In ihm ragte die steinerne Insel auf.
An den Rändern des quadratischen Bassins jagten die Angreifer vereinzelt Kuraster, aber ihre Anführer befahlen ihnen rasch, zurückzukommen.
Rot zog sich die verbliebene Streitmacht Kurasts an den beiden Längsseiten des Sees zurück – doch nicht, um zu fliehen. Sie würde Travincal bis zum letzten Atemzug verteidigen.
Keuchend, mit herunterhängenden Waffen, sich das Blut aus den Gesichtern wischend, wankte die Menschenkette, die jetzt von hinten dichter wurde, am Rand des letzten Bollwerks.
Nun, auf freierem Gelände, wurde es leichter, ihre Zahl zu überschlagen.
Vielleicht dreihundert waren noch übrig.
Eine Gruppe zu Ifrahs Linken zog ihre benommene Aufmerksamkeit auf sich. Sie trat näher, und auch andere Umstehende und Hadan, der einem gepanzerten, blutbespritzten Lich ähnelte, kamen heran.
Von einem Speer gepfählt, hing der Fürst der Stadt Pundar auf dem Körper eines Feindes.
Das hagere Gesicht war ruhig und passte nicht zu der grotesken Haltung, in der ihn der Tod ereilt hatte. Sie sahen, dass ihm ein Teil einer Hand fehlte, vielleicht seit Beginn dieses letzten Kampfes schon, und sein Rücken wies böse Säbelwunden auf.
Tiefes Schweigen senkte sich über die Szenerie.
Zwei Männer hoben den Pundarfürsten auf und legten ihn zurecht. Als der sehnige Körper beim Herausziehen des Speers erzitterte, wandte Ifrah den Blick ab.
Ihr seid Gast im Heer und sollt sagen, ob Ihr etwas benötigt zu Eurem Schutz. Der Fürst sagt, Ihr seid eine seltsame Erscheinung und erinnert ihn an die Standbilder von Kadhjal, und er sagt, vielleicht seid Ihr eine Gesandte aus kommenden Zeiten, in denen sich Vieles ändert. Das brummige Sandhaîn der ersten Begegnung mit dem Herrscher des tiefsten Südens klang der Magierin wieder im Ohr.
Er war als Einziger der Hochgeborenen dieses Teils der Welt den Bitten besorgter Außenseiter gefolgt. Er hatte als Einziger angetrieben, was den Lauf der Dinge verändern konnte – eine Erhebung des Ostens gegen seine eigene innere Krankheit und den seltsamen Atem der Angst. Nun lag er tot und war selbst nicht genug geschützt gewesen, und die Fremden, zu denen er sich so freundlich gezeigt hatte, hatten ihm wie Vorboten den Krieg gebracht, der auch ihn unter seine Opfer einreihte.
Auch Hadan, sah sie, wandte sich langsam ab.
Von ferner kam Menrad durch die Menge geeilt. Die Kunde vom Tod des Fürsten musste selbst in dieser winzigen Atempause die Runde gemacht haben. Betroffen hielt der Paladin inne, als er den Toten erblickte, und zuckte unter der Hand Hadans zusammen, die sich von hinten auf seine Schulter senkte.
Ifrah sah beide Männer miteinander sprechen. Und sie wusste plötzlich, wovon sie sprachen.
Die Zeit für die Erfüllung einer Bitte war gekommen. Die Unterführer der verbliebenen Pundarkrieger standen noch gelähmt, wo keine Lähmung eintreten durfte. Jemand musste zu allen Versammelten, zu der gesamten menschlichen Kette, sprechen, und Hadan konnte es nicht tun.
Schweigend stieg der Nekromant die ersten Stufen zum Damm hinauf. Das ferne Geschrei der Feinde flog über die Ufer.
Menrad betrat die Treppe ebenfalls, stockend und nur eine Stufe. Dann wandte er sich um.
„Männer!“ Ein Zucken des Erwachens ging durch die Verbündeten. „Krieger des Ostens!“ Sie sahen zu dem Paladin auf. Menrads Stimme klang unsicher, sein Jabrah schleppend zuerst, aber dann sprach er rascher und lauter. „Die wahre Bedrohung, das eigentliche Ziel, liegt noch vor uns! Die Zeit für Trauer wird kommen, aber sie ist nicht jetzt.“ Er reckte den Kriegshammer hoch in die Luft. „Jetzt ist die Zeit, zu kämpfen! Unser Gegner wartet auf der Insel aus Stein. Um ihn zu überwinden, habt ihr all dies auf euch genommen. Sammelt euch unter eure Befehlshaber.“ Zustimmendes Murmeln kam auf wie eine Windböe. „Jeder verstreichende Augenblick gibt ihnen Zeit, sich weiter zu wappnen. Lasst uns alle Kraft zusammennehmen und diese Stadt der Gerechtigkeit zurückgeben.“
Noch während der Paladin ihnen seine Worte zurief, ordnete sich die Menschenkette wieder. Sie floss zusammen zu dem kleinen Heer, das übrig geblieben war.
Ifrah sah Menrad kurz zögern. Als er seinen letzten Satz schrie, einen Kampfruf, der die Verbündeten erfasste, begriff sie, dass er sich nicht sicher gewesen war, ob er solche Worte in diesem fremden Land gebrauchen durfte. Aber er gebrauchte sie doch.
„Nieder mit Travincal und dem falschen Gott!“
Die Menge griff den Schrei auf, und losrennend, teilte sie sich. Von den längs des Sees auf die Kuraster Verteidigung Zustürmenden stieg er auf, und auch von denen, die den Damm hinaufsprangen, um mitten auf die steinerne Insel vorzustoßen.
„Nieder mit Travincal!“
 
Hach ja, der Forenbug. Wenn er mal nicht aufträte, also, mir würde glatt was fehlen.
 
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