3rdEye
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Porcupine Tree - Stupid Dream
Die Band läßt sich in etwa so erklären: man stecke Radiohead, die Beatles und Pink Floyd in einen Mixer und genieße das Resultat namens "Porcupine Tree". Für genau eine Stunde taucht der Hörer in eine beruhigende und atmosphärische Traumwelt ein, um danach wieder mit einem neuen Bewußtsein zu erwachen. Die 12 verschiedenen Kompositionen, zeichnen sich vor allem durch ihre schönen Ambientestimmungen aus, was nicht zu bedeuten hat, dass nicht auch gelegentlich mal fetziger Rock praktiziert wird. Überwiegend sind die Stücke jedoch rein akustischer Natur und erinnern häufig an die spährischen Pink Floyd der "Dark Side Of The Moon" und "Wish You Were Here"-Ära.
Gleich das erste Lied "Even Less" ist für "Porcpine Tree"-Verhältnisse ein relativ stürmischer Opener, doch spätestens bei dem Song "Pure Narcotic" versprüht die CD einen herrlich beschwingenden Beatles-Charme ohne ihre Vorbilder billig zu kopieren. Allgemein wirken die Lieder wesentlich kompakter, was sich stellenweise bereits auf dem Vorgängeralbum "Signify" angekündigte. Nichtsdestotrotz gibt's noch zu Haufe filigranes Gitarrenspiel und komplexe Arrangements. Besonders das über 8 Minuten lange "Don't Hate Me" überzeugt mit seinem wunderschönen Flöten- und Saxophon-Solo. "Tinto Brass" ist mit Abstand das schrägste Instrumental auf diesem Album, da es wie ein paranoider High-Tech-Alptraum mit abgedrehten Samples klingt. Als Abrundung findet dieses grandiose Album mit "Stop Swimming" einen sehr psychedelischen und entspannenden Abschluss.
Auffallend ist vor allem, dass durchaus vorhandene Talent, gute Musik auf technisch hohem Niveau zu spielen. Steven Wilson hat sich sehr stark von der raffinierten Gitarrenarbeit des Mythos David Gilmour inspirieren lassen, was der Band sehr gut zu Gesicht steht. Traditionelle Instrumentalisierung wie die Hammond Orgel und das Mellotron werden zudem durch Pianos, moderne Samples und analoge Synthesizer ergänzt. Viele Fans dieser Gruppe kommen daher aus dem Prog-Rock Lager, wobei übermäßiges Gefrickel in den eingängigen Liedern keinen Platz findet. Die Musik paßt trotz angestaubt wirkender Instrumente sehr gut in unsere Zeit.
Die Grundstimmung auf "Stupid Dream" ist überwiegend dunkel gehalten (liegt wohl an den Einflüßen von "Radiohead" und "Pink Floyd") als die meisten Artrock-Projekte aus den 70'ern, trotzdem eignet sich die Scheibe auch gerade für einen schwülen Sommerabend oder einen sonnigen Tag am Strand, und verkommt nicht gleich zur "Kopfplatte".
Wunderschön spacige Prog Rock Platte ...
9,5/10
And You Will Know Us By The Trail Of Dead - Source Tags & Codes
Es gibt Filme, die sollte man auf der großen Leinwand sehen, Romane, die man besser im Original liest, Bier, das vor allem frisch gezapft schmeckt und Bands, die man live erleben sollte. Als "And You Will Know Us By The Trail Of Dead" vor etwa drei Jahren ihr zweites Album "Madonna" herausbrachten, fehlte in kaum einer Rezension der Hinweis auf die Live-Qualitäten von "Trail Of Dead" (der Einfachheit halber kürzt man den Bandnamen lieber ab). Man sprach von der "besten Live-Band dieser Tage" und ging auch nicht geizig mit Superlativen um, wenn dann etwas über die (Studio-)Platte geschrieben wurde. Und nicht selten wurden ein Dutzend Bands genannt, an die die Texaner aus Austin erinnern sollen (es fielen immer wieder die Namen "Motorpsycho", "Butthole Surfers", "Pixies", "Fugazi", "At The Drive-In" und vor allem: "The Who" und "Sonic Youth"). Die Namen sprechen für sich ... und doch klingen "Trail Of Dead" völlig anders. Einzigartig.
Ich hatte das Glück, "Trail Of Dead" vor knapp zwei Jahren in Berlin zu sehen. Und ein Konzert von eben diesen Chaoten ist tatsächlich eine Ansammlung von Aggression und Energie, die man vor der Kernspaltung nicht für möglich gehalten hätte.
"Source Tags & Codes", das dritte Studioalbum der Kapelle, beginnt entspannt. Ein kurzes Piano-Intro lullt einen ein, im Hintergrund rauscht und fiept es, als wenn jemand nach dem richtigen Radiosender sucht (man denkt an "The Wall" und "Wish You Were Here" von Pink Floyd, das Intro vom Vorgängeralbum Madonna ist kurz zu vernehmen, "Stairways" verweisen auf Led Zeppelin). Dann nimmt die Ruhe vor dem Sturm ein rohes Ende, wenn Bass, Gitarre und Gesang einsetzen; ob es der Refrain oder die Strophe sein soll, interessiert da nicht wirklich ... die Wucht tötet jeden Willen zur Reflexion. Wenn dann auch noch der Drummer in einem wahnsinnigen Uptempo auf sein Geräte eindrischt, als wolle er den Einmarsch von zehntausend heulenden Höllenhunden vertonen, und die ganze Energie dann wieder zurückgenommen wird, nur um kurze Zeit später das Tempo wiederaufzunehmen, glaubt man Zeuge zu sein, bei der Wiedergeburt der von vielen schon totgesagten Indie-Rock-Kultur.
Was "Trail Of Dead" können, können momentan nur wenige Bands. ("Dredg" und "The Mars Volta" seien da noch genannt). Sie haben majestätische Melodien, verschachtelte Songstrukturen und grobe Punk-Roots. Manchmal bringen sie all das in einen Song ein, manche Elemente werden bei bestimmten Tracks besonders hervorgehoben. "Homage" und vor allem "Days Of Being Wild" sind straighte Punknummern, "How Near How Far" und "Monsoon" epische Rockarien mit der richtigen Portion Pathos. Weil "Trail Of Dead" ihre Stärken ganz gekonnt dosieren, lässt die Spannung auf diesem grossartigen Album niemals nach. Kurze, kranke Noise-Attacken wechseln sich ab mit sphärischen Klängen, Akkordeon, Geigen und Trompeten, Sample-Collagen leiten so manche Songs ein oder unterlegen sie, und dann donnert immer wieder dieses Schlagzeug los, um die nächste Energieentladung einzuleiten. "Trail Of Dead" entlassen den Hörer mit dem sehr entspannten Titelsong, der am Ende noch mal kurz abhebt, bevor dann Streicher das Ende einläuten.
Ein verflucht großes Indie Rock Noise Inferno. Köpfchenmusik die aber auch zum Tanzen anregt ... Meisterwerk!
10/10