hört sich schön und gut an garfi, aber sehe das nicht ganz so.
- gebe dir recht mit den kleinen erfolgserlebnissen/belohnungen. aber das problem ist doch, dass es IMMER solche gibt, die mehr glück haben als andere, und ein grossteil derjenigen, die übers ah, lootsystem und grundsätzlich d3 (wie auch früher in d2 die, die sich über bots aufgeregt haben, nicht weil sie es an sich schlecht fanden, sondern weil sie es nicht schafften, selbst zu botten) motzen, sind nunmal die, welche einfach weniger erfolg hatten. auch nach abschaffung des ahs und loot2.0 werden immer noch leute da sein, die sich beklagen, dass andere mit besseren items rumlaufen. die richtige balance zwischen belohnung für geleistete arbeit (zeit) und erfolgserlebnissen ist imho unmöglich zu finden (kommt jetzt bitte nicht mit d2, als ob ein shako mitte/ende ladder noch belohnung gewesen wäre).
- das mit den tradeforen mag so sein. ein problem mit der enttransparentisierung des marktes zu lösen ist allerdings fragwürdig.
- ich habe das ah immer wie einen katalog verstanden. ich suche mir das item mit meinen wunschstats und sehe, was es ungefähr kostet. nun habe ich einen anhaltspunkt. selbst wenn ich tage/wochen brauche, um das gold zu beschaffen, ist die chance, dass ein item mit ähnlichen stats existiert gross. versuch das mal in foren. entweder man hat, oder man wartet wieder ne weile...das ziel ist dabei der goldbetrag
Natürlich gibt es immer solche, die mehr oder weniger Glück haben. Das ist in jedem System mit Zufallselementen so. Nun kann man in D3 aber zwei Wege gehen, die beide zum selben Ziel führen: den über das eigentliche Spiel und den über das AH. Einer der beiden Wege ist lang und beschwerlich. Den anderen könnte man auch als Abkürzung oder Schnellstraße bezeichnen. Das Ziel in beiden Fällen ist dasselbe: der eigene Charakter soll groß und stark werden.
Die Leute auf dem beschwerlichen Weg motzen nun, weil sie keine Lust auf AH-Tycoon haben. Schließlich stand auf der Verpackung nichts von einer Wirtschaftssimulation. Die Leute haben ein Hack'n'Slay gekauft und wollen ihr Ziel, welches sich vom Ziel der AH-Tycoone in nichts unterscheidet, genauso erreichen. Wenn diese Leute zehnmal soviel Zeit investieren müssen, um ihrem Ziel auch nur halb so nahe zu kommen, kann ich den Frust vollkommen nachvollziehen. Wenn dann auch noch die Dropraten so lausig sind, eben weil das AH existiert, umso mehr.
Nun hört man oft den Satz, "ja aber wenn die Leute das AH nicht mögen, müssen sie es ja nicht benutzen!" Tatsächlich scheint es ja eine ganze Menge Spieler zu geben, die freiwillig auf das AH verzichten und komplett selffound spielen. Aber wer freiwillig darauf verzichtet, nimmt am großen Wettbewerb nicht teil.
Der große Wettbewerb, so nenne ich das Phänomen jetzt einfach mal, ist so eine Art sportlicher Ehrgeiz, der bewusst oder unbewusst jeden von uns ergreift, wann immer es etwas gemeinsam oder gleichzeitig mit anderen zu erreichen gilt. Man könnte es auch kumpelhafte Rivalität nennen. Neid wird in diesem Zusammenhang auch häufig erwähnt und ist - von der negativen Konnotation abgesehen - keinesfalls etwas Schlimmes. Neid ist ein grundmenschliches Empfinden, welches wir bewusst weder ein- noch ausschalten können. Natürlich beeinflusst es unsere Wahrnehmung. Aber Neid ist nicht gleich Missgunst. Sagen wir lieber Wertschätzung oder Bewunderung dazu.
Viel wichtiger ist aber eines: was man wertschätzt und bewundert, das will man haben. Es kurbelt die eigene Motivation an. Man legt sich ins Zeug, um das, was man haben will, zu bekommen. Wenn möglich noch vor den anderen. Die anderen können hier die eigenen Onlinebuddies sein oder gleich die engsten Konkurrenten im Kampf um die DiabloProgress-DPS-Ladder. Gier ist ebenso wie Neid und Stolz einer der wesentlichen Faktoren, die uns Menschen den Spaß am Spielen erleben lässt. Dabei bleiben diese Empfindungen immer auch im sportlichen Rahmen eines Spiels (aufgesetzt und nicht ernstzunehmend, aber insgeheim brodeln sie unter der Oberfläche
).
Diejenigen, die selffound spielen, tun das in der Regel solo oder in Gesellschaft Gleichgesinnter. Sie unterliegen dem psychologischen Effekt des großen Wettbewerbs nicht oder nur in geringem Maße. Es macht daher keinen Sinn, jemandem, der wie alle anderen am großen Wettbewerb teilnimmt, die Nutzung der Abkürzung zu untersagen, wenn er doch das gleiche Ziel vor Augen hat. Aber das nur am Rande.
Das sind aber auch nicht die einzigen (psychologischen) Faktoren, die den Spielspaß maßgeblich beeinflussen. Ich habe mit Psychologie zwar nichts am Hut, aber als hobbymäßiger (Brett-)Spielebastler interessiere ich mich für Spieldesign ganz allgemein.
Die Verfügbarkeit ist zum Beispiel auch so ein Punkt. Wer erinnert sich nicht daran, wie groß die Freude als Kind war, wenn man mal zum Einkaufen mit in die Stadt durfte oder auch nur eine Tafel Schokolade bekommen hat. Heute als Erwachsene hält sich unsere Freude über eine Tafel Schokolade in Grenzen, denn wir können sie uns ja jederzeit selbst besorgen. Wir können auch jederzeit in die Stadt fahren, wenn uns das Bedürfnis dazu überkommt. Dasselbe Prinzip greift beim AH. Wir können alles jederzeit haben, wenn wir dafür bezahlen können.
Ohne AH in Form eines reichhaltig gefüllten Warenhauses mit Festpreisen zum Sofortmitnehmen müssten wir den Gegenstand unserer Träume erst mühselig ausfindig machen und ihn dem Besitzer dann noch irgendwie abschwatzen. Es könnte sogar passieren, dass wir uns erst wochenlang eine erbitterte Bietschlacht mit einigen Mitinteressenten liefern müssen. Ein auf diese Weise erworbener Gegenstand - und ganz besonders ein selbstgefundener! -, würde einen vollkommen anderen Stellenwert einnehmen - einen höheren! Da wären wir dann auch schon wieder bei den Erfolgsmomenten.
Was die Shakos in D2 angeht: in jeder Ladder hatte man als Vielspieler irgendwann den Punkt erreicht, an dem man gefundene Shakos gleich weiterverschenkt oder gar liegen gelassen hat. In der Regel machte man aber immer jemandem eine Freude damit, wenn man sie weiterverschenkt hat - egal zu welchem Zeitpunkt der Ladder. Und die Freude beim Schenken machte man sich selbst gleich mit. In einem Diablo 2 mit AH wäre sowohl dem Schenkenden als auch dem Beschenkten diese Freude verwehrt geblieben, denn letzterer hätte sich sein Shako ja schon Wochen zuvor für Pfennigbeträge aus dem AH gekauft. Natürlich könnte man jetzt argumentieren, er hätte es sich ja genauso für Pfennigbeträge aus dem Tradechannel- oder forum kaufen können. Durchaus, aber prozentual gesehen ist der Anteil derer, die das bequeme D3-AH benutzen würden, sehr wahrscheinlich deutlich größer als der Anteil derer, die auch außerhalb des Spiels in Tradeforen aktiv sind.
Sowieso, Blizzard kannte den Einfluss des AHs auf die Droprate von Anfang an. Das geht aus Aussagen von Blizzard-Mitarbeitern hervor und sollte auch sonst klar ersichtlich sein. Zitat: "auction house is a factor in item drop rates" (Quelle: Google). Ich bin mir sogar ziemlich sicher, dass auch die anfänglich eingeschränkte Filterfunktion im AH, die zweitägige Auktionslaufzeit sowie die fehlende Möglichkeit, Auktionen vor Ablauf abzubrechen, fester Bestandteil des Gesamtkonzepts waren. Zeit- und Arbeitsaufwand wurden bewusst eingeplant, um eine gewisse Hemmschwelle für die Benutzung des AHs anzulegen.
Ich möchte damit übrigens nicht sagen, dass ich einer Zukunft ohne AH gänzlich positiv entgegensehe. Ich sehe es auch als Rückschritt an, wenn wir zum Handeln wieder auf Chats und Tradeforen angewiesen sind. Ich hege ja die Hoffnung, dass Blizzard noch mit einer Alternative zum AH um die Ecke kommt. Sei es eine Art ingame-Forum mit eingeschränkten Komfortfunktionen oder so etwas wie eine für alle Spieler einsehbare Truhe, in der ich meine Items mit Preisvorstellungen flaggen kann und die ich dann meinetwegen im Chat verlinke oder irgendwo auf einem virtuellen Marktplatz ausstelle. Da gäbe es sicherlich dutzende Möglichkeiten.
Wenn es ganz fies kommt, sind eh alle halbwegs guten Items accountbound und wir haben gar nichts mehr zum Traden. Dann sag ich aber auch Tschüssikowski.