Immer wieder liest man, wie Fans sich bei kleineren Änderungen darüber aufregen, dass das Spiel nun nicht mehr Diablo sei. Ob es nun die fehlenden Stadtportale, die Grafik oder sonstige Dinge sind: Man liest oft Vergleiche mit World of Warcraft oder Beschwerden, dass das Spiel bis zur Lächerlichkeit vereinfacht wird. Meist fällt in diesem Zusammenhang der Satz „Das ist nicht mehr Diablo“.
Doch was macht eigentlich Diablo aus? Was sind die Kernelemente des Spiels? Wenn man darüber nachdenkt, kommt man auf ein paar Punkte, die das Spiel definieren, die es zu dem machen was es ist. Es sind diese Dinge, die man einem Freund, der noch nie von Diablo gehört hat nennen würde, um ihm zu erklären worum es geht. Niemand würde dabei Dinge wie Stadtportale, die Grafik oder die ausgeklügelten Trademechaniken der bisherigen Spiele erwähnen. Im Prinzip geht es doch um ganz andere Dinge.
Viele Monster töten – und das möglichst schnell
95% der Zeit verbringt man damit, stupide agierende Monster zu töten, von denen vielleicht jedes Tausendste eine Gefahr darstellt. Auf der Jagd nach immer mehr Items und Erfahrung muss das ein oder andere Monster das Zeitliche Segnen. Besonders intelligent verhalten sie sich dabei nicht und schwer zu besiegen sind sie eigentlich auch fast nie, doch dazu später mehr.
Der Kampf ist ein integraler Bestandteil eines jeden Diablo-Spiels, denn egal was man vorhat, sei es nun Items finden, den eigenen Charakter optimieren oder das nächste Level erreichen, für alles muss man Monster bekämpfen. Man darf den Kampf sicher als eines der wichtigsten Elemente des Spiels ansehen.
Items sammeln – Oder: Wo verstaue ich nur den ganzen Kram…
Jeder kennt es: Man hat mal wieder ein Item gefunden, das man zwar wahrscheinlich niemals benutzen wird und das auch keinen besonderen Wert besitzt. Trotzdem wird man es für alle Ewigkeit auf einem der zahlreichen Mule-Accounts lagern. Diablo versteht es wie kein zweites Spiel, die Sammelleidenschaft des Spielers zu wecken und das obwohl der komfortabel zugängliche Stauraum mehr als beschränkt ist. Da man fast das ganze Inventar mit Zaubern voll belegt hat, kann man meistens nur ein oder zwei Items aufsammeln, so dass man ständig in die Stadt muss. Und wenn dann die eher kleine Truhe einmal voll ist, muss man sich auch schon wieder eine Möglichkeit zum Mulen suchen. Doch trotz aller Widrigkeiten besitzen die meisten Spieler dutzende Items, die sie einmal archivieren und danach nie wieder auch nur eines Blickes würdigen. Items sammeln, das ist definitiv eines der Kernelemente des Spiels.
Traden – Mach mich Reich!

Bild von Marco Facci
Hat man erstmal diverse Items angesammelt, so möchte man sie doch auch ab und an in virtuellen Reichtum verwandeln. Hier kommen die ausgeklügelten Trademechaniken zum tragen. Entweder man stellt sich in ein auf 8 Spieler beschränktes Tradegame und versucht seine Items in diesem doch sehr beschränkten Markt los zu werden, oder man führt penibel Buch über die vorhandenen Items und bietet sie in externen Foren an. Wenn man Glück hat findet sich ein anderer Spieler, der bereit ist einen angemessenen Preis für den eigenen Gegenstand zu bezahlen. Dann muss man nur noch einen Termin mit dem anderen Spieler ausmachen und sich im Battle.net treffen um die Items auszutauschen, was meist auch ganz gut funktioniert – solange die zu handelnden Items nicht mehr als 40 Slots einnehmen, kann man sie halbwegs komfortabel über das Tradefenster tauschen. Sollte es mal um mehr Gegenstände gehen, z.B. bei perfekten Edelsteinen, dann muss man entweder kreativ werden oder seinem Gegenüber einfach Vertrauen entgegen bringen, im Battle.net eine spannende Geschichte.
Diablo ist einfach – meistens
Es ist sogar so einfach, dass manche Spieler sich bildlich gesprochen eine Hand beim Spielen auf den Rücken binden, wenn sie z.B. versuchen Übertristram mit nackten Charakteren zu bezwingen, weil das Spiel sie sonst nicht fordert. Es dürfte wohl kaum jemanden geben, der bestreiten wird, dass der überwiegende Großteil der Monster einfaches Fallobst ist. Nach maximal ein bis zwei Attacken fällt fast jeder Gegner um und überlässt dem Spieler bereitwillig die Drops. Daran ist nichts verkehrt, lebt Diablo doch von einem schnellen Kampfsystem und dem töten vieler Monster. An manchen Stellen wird es dennoch schwer, teilweise absurd schwer. Wenn man wieder einmal irgendwo gestorben ist, ohne den Gegner überhaupt gesehen zu haben, oder dank Immunitäten stundenlang auf ein Monster einhaut, fragt man sich teilweise schon, was da denn schief gelaufen sein könnte. Denn statt einem regelmäßig fordernde Gegner mit angemessenem Schwierigkeitsgrad in den Weg zu stellen schafft Diablo es, den Spieler einzulullen um ihm dann alle 100 Spiele einen Gegner in den Weg zu stellen, der fast jeden Charakter mit einem einzigen Schlag töten könnte, von verbuggten Gegnern wie stygischen Puppen, Souls oder den Vipern bei Nilhatak mal ganz zu schweigen. Hinzu kamen früher Herausforderungen der eher seltsamen Art wie Iron Maiden zaubernde Monster, die das Spiel für viele Nahkampfcharaktere in den beliebtesten Gebieten nahezu unspielbar machten. Auch wenn das Spiel meist ziemlich einfach ist, gab es doch unvorhersehbare Situationen, die viele Spieler mit Sicherheit schon einmal an den Rande des Wahnsinns getrieben haben.
Schnelle Fortschritte – Auch für Leute mit wenig Zeit
Natürlich wird man das beste Equipment nicht ohne ordentlichen Zeitaufwand erreichen, zumindest nicht auf legalem Wege. Doch auch für Leute mit weniger Zeit war es immer möglich, Diablo zu spielen. Es gab stets ein Gebiet, dass man mal eben besuchen konnte in der Hoffnung, das ein oder andere Item abgreifen zu können oder ein wenig Erfahrung zu sammeln. Die meisten Aufgaben sind in 5 Minuten erledigt, wenn man also nur wenig Zeit hat, kann man mal eben schnell eine Runde spielen und hat nachher trotzdem das Gefühl, etwas geschafft zu haben und wenn es nur die Höhle des Bösen war.
Doch auch wer mehr Zeit investieren konnte, hatte seinen Spaß, da man für bestimmte Ziele auch Stunden, Wochen oder Monate spielen konnte und immer noch weitere Ziele vor Augen behielt.
Charakterfortschritt – Es gibt immer etwas zu verbessern
Es gibt kaum ein Spiel, in dem es so schwierig ist, einen perfekt ausgerüsteten Charakter zu besitzen wie in Diablo. Eigentlich gibt es fast immer noch ein Item, das ein wenig besser wäre, als das eigene. Und auch wenn die Chance verschwindend gering ist, so ein Item jemals zu finden, ganz gibt man die Suche als Spieler wohl nie wirklich auf. Oder wer hofft nicht mehr darauf, die ein oder andere hohe Rune oder ein perfektes Greifenauge zu finden? Perfektion hat natürlich ihren Preis, so dass perfekte Items meist sehr begehrt und damit auch teuer sind. Auch wenn dieser Perfektionsdrang eigentlich unsinnig ist, da fast alle Charaktere auch mit mittelmäßigem Equipment sehr gut spielbar sind, hält er doch viele Spieler bei der Stange und sorgt für die nötige Langzeitmotivation, frei nach dem Motto Gier ist geil.
Und was soll das alles?
Sehen wir uns einmal an, was Blizzard für Diablo 3 an diesen Kernelementen des Spiels verändert hat.
Der Kampf ist mit Sicherheit nicht schlechter geworden, durch die Cooldowns bei Heiltränken kann man sich nun nicht mehr jederzeit heilen wie man gerade lustig ist, sondern muss tatsächlich auch bei normalen Gegnern darauf achten, nicht mit einem Fernkämpfer auf einmal mitten in der Gegnerhorde zu landen. Das Castdelay des Stone of Recalls sorgt dafür, dass man nicht einfach fliehen kann, wenn man in Bedrängnis gerät. Außerdem agieren auch die Monster intelligenter und schlurfen nicht einfach stumpf auf den Charakter zu oder bleiben an jeder Ecke hängen, die im Weg steht. Wenn man dies mal mit dem Kampf gegen Mephisto vergleicht, kann man nur sagen, dass der Kampf in Diablo 3 wohl deutlich anspruchsvoller und interessanter sein wird als noch in Diablo 2.
Das Itemsystem wurde auch grundlegend überarbeitet. Während man in Diablo 2 noch haufenweise Items einlagerte, obwohl ihr Nutzen ungewiss war, kann man nun nicht benötigte Items in nützliche Craftingmaterialien umwandeln um sich so neue Items beim Schmied herstellen zu lassen. Alternativ kann man die vorhandenen Items verzaubern oder sockeln lassen. Die Zauber wurden abgeschafft, damit Spieler nicht mehr ihr ganzes Inventar belegen müssen um den Charakter zu verbessern. Auch die Runenwörter gibt es nicht mehr. Durchaus verständlich, wenn man sich die neuen Runen ansieht. Diese verändern nun die Skills und bringen somit eine ganz neue Itemdynamik ins Spiel. Durch die Aufwertung der Rare-Items werden wir wohl auch viel mehr individuell ausgerüstete Charaktere sehen als bisher. Das Itemsystem ist definitiv breiter angelegt als in Diablo 2 und dürfte für wesentlich mehr Individualisierungsmöglichkeiten sorgen.
Und wenn man dennoch überschüssige Items besitzt, kann man diese ganz bequem über das Auktionshaus verkaufen, statt wie zuvor in Foren zu traden oder ewig im Battle.net auf mögliche Tradepartner zu warten, die einen dann womöglich noch bei jeder Gelegenheit zu bescheißen versuchen. Das Echtgeld-Auktionshaus sorgte für eine große Kontroverse, doch seien wir mal ehrlich: Bisher ist niemandem eine andere Methode eingefallen, den Itemverkauf durch Drittanbieter zu verhindern, die dubiose Gegenstände aus unbekannten Quellen anboten und dafür massiv mit Bots arbeiteten, die Spieler im Battle.net vollspammten oder sogar Dupes verkauften. Fakt ist, dass es den Handel von Gegenständen gegen echtes Geld auch weiterhin geben wird, ob nun durch Blizzard oder durch Drittanbieter. Mit dem Echtgeld-Auktionshaus ist es aber wenigstens möglich, kontrollierte Rahmenbedingungen zu schaffen, während rechtliches Vorgehen gegen externe Händler sich bisher mehr als schwierig gestaltet hat.
Am Kampfsystem wurde auch gedreht, so dass Nahkämpfer nun zum Beispiel versuchen, Fernkämpfern Deckung zu geben und Monster deutlich aggressiver und intelligenter vorgehen können. Hier kommt ein in Diablo 3 neues System zum tragen, das die Monster mit steigendem Level immer besser agieren lässt. Während die Monster auf den niedrigen Leveln, wie wir sie aus der Beta kennen, noch teilweise sehr langsam auf den Spieler reagieren und auch nicht so viele Attacken ausführen, sollen sie bei weiterem Spielfortschritt immer besser werden. Dies geschieht nicht ausschließlich durch die Anpassung ihrer Statuswerte, sondern auch durch die Verbesserung ihres Verhaltens, so dass Gegner versuchen werden den Charakter zu umzingeln, das Tempo wechseln und so eine deutlich größere Herausforderung darstellen.
Im Gegenzug wurden die Immunitäten entfernt. Es wird also nicht mehr vorkommen, einen Gegner mit seinem Charakter überhaupt nicht töten zu können. Resistenzen gibt es natürlich immer noch, so dass unterschiedliche Angriffe immer noch unterschiedlich effektiv sein können. Ob Zufalls-Monster noch in der Lage sind, den Charakter mit einem Schlag zu töten ist bisher nicht bekannt, in der Beta haben sich vor allem Bosse mit Arkan-Verzauberung hervorgetan, die zum Teil wirklich enormen Schaden austeilen.
Wer die Beta gespielt hat dürfte es bemerkt haben, auch in Diablo 3 kann man mit relativ wenig Zeiteinsatz einen Fortschritt im Spiel erreichen. Erfahrung sammelt man in einer ähnlichen Geschwindigkeit wie in Diablo 2 und die meisten Quests lassen sich mit vergleichbarem Zeiteinsatz lösen. Nach einer kurzen Runde Diablo 3 zwischendurch dürfte man also immer noch das Gefühl haben, etwas erreicht zu haben. Doch die Itemdropraten zeigen schon, dass man wohl auch Monate spielen könnte, ohne das gewünschte Item selbst zu finden, so dass auch für ausreichend Langzeitmotivation gesorgt sein dürfte.
Dem gegenüber steht der Charakterfortschritt und die Individualisierung. Auf den ersten Blick wirken die automatisch verteilten Status- und Skillpunkte wie eine starke Einschränkung. Wenn man sich an Diablo 2 erinnert, waren jedoch neun von zehn Charakteren exakt gleich geskillt und gestattet. Ob man nun selbst die immer exakt gleiche Punkteverteilung vornimmt oder dies automatisch geschieht, dürfte also keine Rolle spielen. Da man nur sechs Skills gleichzeitig auswählen kann, wird sich auch an der Vielfalt der Charakterbuilds nicht viel ändern, man muss weiterhin sorgfältig auswählen, welche Fertigkeiten man benutzen will. Im Prinzip ist die automatische Vergabe von Fertigkeitspunkten also nur eine leicht veränderte Respecc-Funktion. Die Individualisierung des Charakters wird über die Items ablaufen, so dass man für jeden noch so exotischen Charakterbuild passende Items sammeln muss, wenn man ihn spielen will. Die große Frage ist, wie die Langzeitmotivation aufrecht erhalten werden soll. Wenn das Spiel nicht kontinuierlich weiterentwickelt wird und neuer Content hinzu kommt, dürfte es vielen Spielern irgendwann langweilig werden. Es gibt keinen Grund mehr als 5 Charaktere zu spielen, da jeder Charakter sich immer gleich entwickelt. Im Prinzip bleibt in späteren Stadien des Spiels nur die Itemsammelei und PvP als Motivation über – ob dies nicht ein wenig dünn ist wird sich zeigen. Ohne Ladder-Resets dürfte die Motivationskurve bei vielen Spielern jedenfalls schnell sinken, wie man aktuell in Diablo 2 sieht. In jeder Ladder sinkt irgendwann die Spielerzahl drastisch, weil jeder ein paar gut ausgerüstete Charaktere besitzt und noch bessere Ausrüstung einfach zu zeitaufwändig ist.
Fazit
Blizzard hat die Kernelemente des Spiels konsequent ausgebaut, dafür mussten hin und wieder ein paar altbekannte Features wie die jederzeit nutzbaren Stadtportale oder die unbegrenzt einsetzbaren Tränke darunter leiden. Doch niemand würde behaupten, er habe einen Teil der Diablo-Reihe gespielt, weil man dort Stadtportale nutzen oder Tränke trinken kann. Ich würde behaupten, dass fast jeden Spieler eine Mischung der oben genannten Punkte an Diablo fasziniert und bei der Stange gehalten hat. Man sollte also vorher einmal darüber nachdenken, ob kleinere Änderungen so gravierend sind wie sie von einigen Nutzern immer dargestellt werden, oder ob sie nicht sogar die wichtigsten Elemente des Spiels verbessern.
Oft entsteht nämlich der Eindruck, dass Komplexität um der Komplexität Willen eine gute Sache wäre. Viele Spieler scheinen zu glauben, dass das Spiel mehr Spaß machen würde, je komplizierter es sei. Doch niemand spielt das Spiel, weil es so herrlich kompliziert ist. Die vielen Berechnungen und Unsinnigkeiten in Diablo 2 zu beherrschen, sind höchstens instrumentale Ziele, das fundamentale Ziel dahinter ist, seinen Charakter besser zu machen und so immer schneller Monster töten zu können um immer mehr Reichtum und bessere Items anzuhäufen. Oder würde das Spiel tatsächlich weniger Spaß machen, wenn der Schaden korrekt angezeigt würde und Berechnungen wie Angriffswert und Blockchance jedem klar wären? Wahrscheinlich nicht, denn wenn man nur wegen der vielen Berechnungen spielt, wäre ein Mathebuch wahrscheinlich der bessere Zeitvertreib.