Blizzard und Netease trennen sich im Streit

Blizzard Netease Trennung 2023

Activision Blizzard und der zweitgrösste chinesische Publisher Netease gehen ab sofort getrennte Wege. Seit gestern sind daher Blizzards Spiele nicht mehr in China abrufbar oder spielbar.

Hintergrund

Ausländische (Spiele-)Firmen dürfen auf dem chinesischen Markt nicht vollkommen frei agieren. Wie in vielen anderen Bereichen auch müssen ausländische Firmen eine Art von Joint-Venture mit chinesischen Firmen eingehen.

Dies gibt den Organen der chinesischen kommunistischen Partei über andere Mechanismen die Möglichkeit, sämtliche Aspekte des Geschäftsbetriebs- und insbesondere die Kommunikation der Kunden untereinander wie bei vielen Spielen üblich – zu überwachen. Blizzard benötigt also einen anderen chinesischen Partner will es seine Spiele weiter in China vertreiben.

Blizzard und Netease haben 14 Jahre lang zusammengearbeitet. Für eine weitere Zusammenarbeit hatten sich die beiden Partner zusammengesetzt, sind aber offenbar zu keiner Einigung gekommen. Woran es jetzt genau lag liegt im Verborgenen.

Jedenfalls hatte Blizzard das bisherige Vertragsverhältnis nicht verlängern wollen.
Nachdem aber kein neuer Vertragspartner gefunden war, wollte Blizzard sehr kurzfristig eine sechsmonatige Verlängerung des auslaufenden Vertrags.

Das lehnte Netease ab. In der Begründung von Netease – im Wege einer Presseerklärung veröffentlicht – heisst es:

Aus unbekannten Gründen hat Blizzard letzte Woche NetEase erneut mit einem Angebot aufgesucht, um eine sogenannte 6-Monats-Verlängerung der Spiel-Dienste und anderer Bedingungen zu erreichen und machte dabei klar, dass sie in der Zeit nicht aufhören würden, nach anderen potenziellen Partnern zu suchen. Soweit wir wissen, basieren alle anderen Verhandlungen von Blizzard mit anderen Partnern auf einem 3-Jahres-Vertrag. Wenn man die Nicht-Gegenseitigkeit, Unfairness und andere Bedingungen in Verbindung mit dem Unternehmen bedenkt, konnten die Parteien am Ende keine Übereinkunft finden.

Aus unserer Sicht ist Blizzards Vorschlag – und die heutige überraschende Ankündigung – Schrott, ungehörig und kommerziell unlogisch. [Blizzards] Selbstüberschätzung zieht nicht in Betracht, wie Spieler und NetEase in dieser Sache dastehen, mit ihrem „Wir wollen alles, reiten einen Esel, während wir ein Pferd suchen und ‘Wir scheiden uns, aber leben weiter zusammen’-Benehmen.

Hinzu kommt, dass Blizzard kurz vorher bei einer Partnerfirma von Netease seine dortigen Angestellten teilweise abgewickelt oder versetzt hatte und kurz vor Auslaufen des Vertrags den chinesischen Kunden eine „Accountstatusspeicher-Funktion“ anbot mit dem immanenten Versprechen dass man nach Wiederaufnahme des Spielbetriebs in China die Accounts reaktivieren (können) würde. Das hat die Firma Netease bzw. die dortigen Verantwortlichen wohl äusserst erzürnt.

Neben dieser Pressemitteilung wurde auf TikTok ein Video veröffentlicht, wie eine riesige Ork-Axt von Blizzard, welche bei Netease auf dem Gelände stand, anscheinend von mehreren Angestellten der Firma zerstört wurde. Das Video kann bei wowhead.com angesehen werden.

Das sieht nicht nach einer baldigen Wiederaufnahme freundlicher Beziehungen aus.

Blizzard hat damit auf unabsehbare Zeit keinen Zugang zum chinesischen Markt was vermutlich zu erheblichen finanziellen Verlusten führen wird. Andererseits dürfte genau hierin ein Hebel seitens der chinesischen Partner gesehen worden sein, wodurch Blizzard zu einigen erheblichen Kompromissen im Rahmen einer Vertragsverlängerung bereit, kurz, vergleichsweise leicht erpressbar sein würde. Wer hier genau den Bogen überspannt hat wissen wir nicht.

Das Benehmen von Netease ist sicherlich kalkuliert, andererseits aber auch aus der asiatischen Kultur des „Gesicht wahrens“ zu verstehen. Nun, niemand verliert nirgendwo gerne sein Gesicht, aber die Anfrage um eine kurzfristige Vertragsverlängurung bei laufenden Verhandlungen mit anderen Firmen muss wohl als ein Schlag in eben jenes Gesicht empfunden worden sein, sonst hätte Netease nicht so reagiert.

Ob dann freilich die Presseerklärung sowie das Video die angemessene Reaktion sind, darf in Zweifel gezogen werden. Jedenfalls hat Blizzard zur Zeit keinen Zugang zum grössten Spielemarkt der Welt.