Einigen stößt es sauer auf, spricht man sie auf das Echtgeldauktionshaus in Diablo 3 an. Nicht selten hört man pickelhaubige Worte wie „Abzocke“ und liest von einer „Pay-to-Win“ Wirtschaft. Ist das korrekt? Liegt diesen Äußerungen nicht eher eine moralische – oder moralistische – Entscheidung zugrunde oder einfach nur Neid denen gegenüber, die auf Gold- und Geldbergen sitzen (oder das behaupten)?
Eine Antwort ist nicht einfach.
Seit vorgestern gewährt ein reddit-Post mit anschliessender Kommentardiskussion interessante Einblicke in die Denkweise eines erfolgreichen Traders über Diablo 3. Dieser behauptet von sich und belegt das mit Screenshots, in den ersten zwei Monaten 10.000 USD Cash mit Diablo 3 gemacht zu haben, ohne zu botten und bei 90%-iger Verteilung seiner Spielzeit auf die Auktionshäuser (Gold und Geld) von Diablo 3.
Das ist nicht so unwahrscheinlich wie es sich anhört. Mehrere User hier reklamieren für sich bereits 1.000 Euro mit Diablo 3 verdient zu haben und noch wesentlich mehr haben ihren Kaufbetrag von Diablo 3 schon längst wieder über ihre Einnahmen drin.
Nun stellt sich die Frage, ob man jegliche menschliche Betätigung monetarisieren muss … man muss nicht. Aber Menschen sind unterschiedlich. Die einen lieben es zu handeln, mit dem Ziel des langfristigen Erfolgs natürlich, die anderen wollen einfach nur das Spiel spielen, das Gameplay genießen und so weiter. Zwischen diesen beiden Extremen gibt es eine Menge Abstufungen.
Der Trader, von dem wir hier sprechen, nennt sich WishboneTheDog, ist 22 Jahre alt, Student, hauptsächlich auf den amerikanischen Servern unterwegs, hat bereits Erfahrungen am Aktienmarkt, beginnend vor der Krise 2008 und hat seine ersten Erfahrungen im Markt der Neopets gesammelt. Eine Händlernatur, was er auch gerne zugibt. Sein Idol ist Warren Buffett, Multimilliardär, drittreichster Mensch der Welt, Unternehmer und Chef einer Anlagefirma und bekannt für den Spruch: „Ich investiere in nichts, was ich nicht verstehe“. Dieses Credo – und die Abscheu vor so genannten (undurchsichtigen) Finanzderivaten aller Art haben ihn und seine Anleger vor größeren Schäden in der Finanzkrise ab 2008 bewahrt.
Hier ein paar Äußerungen in Auszügen:
Ich liebe das Gameplay von Diablo 3, selbst die Story fand ich beim siebten oder achten Mal durchspielen noch gut. Wenige Tage nach Release hatte ich meinen ersten Char auf Lvl 60. Die meiste Zeit habe ich jedoch in den Auktionshäusern verbracht, so 90 Prozent etwa. Mittlerweile bin ich nicht mehr so häufig in Diablo 3 unterwegs, weil sich die Wirtschaft abgeschwächt hat.
Mit Release des PvP-Modus erwarte ich eine neue Dynamik. PvP will ich auch selber sehr sehr gerne spielen. Diablo 3 verfügt meiner Ansicht nach noch nicht über ein ausreichendes Endgame. Für ein Endgame ist Inferno noch zu leicht und das Item-Skill-Balancing im Gegenzug nicht ausgereift. Ich gebe zu, dass das Balancing enorm schwierig, ein schweres Stück Arbeit ist. Das Spiel hat aber enormes Potential, hier kann und wird noch etwas passieren.
Im Wesentlichen handele ich im Gold-Ah, dort habe ich deutlich mehr Transaktionen als im RMAH. Das benutze ich nur wenn ich das erworbene Gold in Cash umwandeln will. Aber ich behalte immer genug zurück um im Gold-AH interessante Geschäfte tätigen zu können.
Die Preisschere zwischen sehr guten und mittelmäßigen Items wird noch weiter auseinandergehen, bis es mehr von den sehr guten Items geben wird, denn die werden ja nicht vernichtet.
Jedes Spiel mit einer Wirtschaft enthält eine Pay-to-Win-Situation: Irgendeine Währung muss man bedienen: Entweder bezahlt der Spieler mit seiner Spielzeit oder mit Cash. Ich habe kein Problem damit wenn sich Leute Items kaufen weil sie es sich leisten können. Der eine hat mehr Zeit, der andere mehr Geld. So können auch die einen realen Vorteil schöpfen die mehr Zeit haben.
Bots senken die Verkaufspreise nicht, sie erhöhen sie durch ihr Botfarming. Darunter leiden alle Spieler, die ihr Gold auf übliche Weise erfarmen, denn mit den Bots können sie nicht mithalten. Für mich sind Botuser eine Art Geldfälscher, was die Währung Gold anbetrifft und ich würde sie am liebsten verbieten.
Wenn man diese Äußerungen liest, kommt unweigerlich die Frage auf, ob und was an einem Echtgeldauktionshaus eigentlich falsch sein könnte. Wobei wir wieder bei der Ausgangsfrage sind, aber vielleicht ein Stück weiter:
Letztlich ist alles, aus der Perspektive eines Händlers gedacht, wägbar. Wo ein Wirtschaftssystem entstehen kann, wird auch eines entstehen, es benötigt nur Angebot und Nachfrage. Viele Spieler haben das erkannt und fahren zweigleisig: Sie spielen UND traden.
Obgleich das einige nicht wahrhaben wollen, ist Blizzard hier nicht zwingend auf das große Geld aus: An jeder Transaktion im RMAH verdient Blizzard selbst nur einen Dollar, mehr nicht, gleich ob ein Item 5 Euro kostet oder 250. Im Gold-Ah sind es 15%, aber dem steht ja kein realer Gegenwert gegenüber, sondern es dient vor allem der Reduzierung der Goldmenge.
Wer es genauer wissen will, liest bitte den reddit-Post und die zahlreichen Kommentare, die Äußerungen von WishboneTheDog hier zusammengefasst. (Englischkenntnisse erforderlich)