Wer immer noch vom „richtigen Leben“ (Real Life) und vom „Virtual Life“, z.B. bei Diablo 3 spricht, outet sich umgehend als Ewiggestriger. Nicht erst seit Facebook, Prism und Co wissen wir, dass der Datenfluss direkte Auswirkungen auf unser Leben haben kann.
Die schwedische Regierung hat nun eine Klarstellung ihrer Umsatzsteuerrichtlinien veranlaßt, wonach es sinngemäß etwa heißt:
Dieser Standpunkt ersetzt jene vom 07.12.2009, Nr. 131 868097-09/111. (…) Das Zur-Verfügung-Stellen von virtuellen Waren (…) wird als elektronische Dienstleistung betrachtet und unterliegt somit der Umsatzsteuerpflicht. (…) Steuerpflichtig sind demnach alle (virtuellen) Umsätze, die grundsätzlich in Geld gewandelt werden können und bei denen ein in Schweden ansässiger Steuerpflichtiger eine elektronische Dienstleistung gegen eine virtuelle oder tatsächliche Währung verkauft oder eine solche entgegennimmt. Gleiches soll für Ausländer gelten, welche eine solche Dienstleistung einem Schweden gegenüber erbringen oder wenn die Dienstleistung in Schweden erbracht wird.
Die Schweden stellen klar, dass es nicht nur um Umsätze aus dem RMAH geht, die sind verständlicherweise schon immer steuerpflichtig gewesen, nicht nur in Schweden. Es geht grundsätzlich um alle Umsätze, die in irgendeiner Weise nicht nur zu Gold, sondern auch zu Geld gemacht werden können. Eu-Bürger und andere Ausländer, die in ihrem Land selbst umsatzsteuerpflichtig sind, sind davon überwiegend nicht betroffen, die müssen gegebenenfalls selbst in ihrem Land versteuern.
Auswirkungen auf Diablo 3
Betroffen ist davon nicht nur der einzelne Spieler, sondern möglicherweise auch Blizzard, die ja eine Provision auf jeden Verkauf/Kauf im Diablo 3 (RM)-Auktionshaus erheben und durch das Auktionshaus selbst eine elektronische Dienstleistung (Handelsplattform) erbringen. Jedenfalls die EU-Server von Blizzard stehen ja in Schweden. Das dürfte evtl. auch die hauptsächliche Stoßrichtung dieser Klarstellung sein.
Der einzelne ausländische Spieler ist davon unter Umständen auch betroffen und zwar dann, wenn er einem im Schweden ansässigen „Steuerpflichtigen“ etwas verkauft, wobei die Schweden hier einen Unterschied machen zwischen einer in Schweden ansässigen Privatperson (keine Umsatzsteuererklärung des Umsatzes) und einem Steuerpflichtigen (damit sind wohl Unternehmen gemeint). Dem nicht in Schweden ansässigen Spieler wird ein „vereinfachtes“ Formular geboten, mit dem er diese Umsätze anzeigen kann und sich dann besteuern lassen kann.
Andererseits hat auch Schweden Freibeträge für den einzelnen Steuerpflichtigen, die bei hobbymäßig agierenden Spielern wohl niemals erreicht werden dürften. Setzen wir den jährlichen Freibetrag bei 5.000 Euro an (geschätzt) und nehmen an, dass das Paket von 1 Milliarde Gold bei derzeit rund 20 Euro liegt, muss man schon sehr, sehr viel handeln und verkaufen um auch nur in die Nähe der Steuerpflichtigkeit zu kommen. Der normale Spieler kommt da niemals hin. Andererseits wäre er grundsätzlich umsatzsteuerpflichtig, auch bei geringeren Umsätzen und bekäme gegebenenfalls die Nachricht, dass er nichts zu zahlen habe.
Ob und wie diese Umsatzbesteuerung jemals sinnvoll umgesetzt werden kann, steht in den Sternen. Woher soll denn der einzelne Spieler wissen, aus welchem Land der Käufer eines Items aus Diablo 3 kommt? Blizzard bietet hier keine Orientierung, Ein-und Verkauf im AH erfolgt anonym.
In der Praxis dürfte es wohl darum gehen, die virtuellen und echten Umsätze von Blizzard und anderen Unternehmen, die virtuelle Währungssysteme unterhalten und entsprechende Dienstleistungen in Schweden erbringen, zu besteuern. Was haltet Ihr davon? Schuss vor den Bug? Schuss in den Ofen? Unfug oder gerechtfertigt?
Quelle: Skatteverket (schwedisch, mit Hilfe von Software übersetzt)