Mit Öffnung der Büchse der Pandora kam alles Unheil in die Welt. Die Welt ward ein trostloser Ort, bis Pandora ihre Büchse nochmals öffnete und auch die Hoffnung in die Welt entließ. So geht die Sage.
Man gewinnt den Eindruck, dass all dies gerade auch den Fans von Diablo 3 widerfährt. Die ewigen Verzögerungen, die U-Turns, die wir dauernd erleben, die scheinbare Unentschlossenheit seitens Blizzard, das Spiel Diablo 3 auf die eine oder doch besser andere Weise herauszubringen. Hat Blizzard nun eine neuzeitliche Büchse der Pandora geöffnet?
Blizzard hat mit Diablo 3 einen neuen Weg beschritten, nämlich, bereits mit Bekanntgabe der Entwicklung (nicht: Beginn) eine begleitende Berichterstattung einzuführen. Hier ein neuer Charakter, dort ein neues Wallpaper, rechts ein bisschen Story, links ein neuer Ausblick auf Kommendes. Und morgen ein neuer Trailer. Das haben sie bisher gut gemacht und zumindest mir macht es immer noch großen Spaß, die gefühlt zu spärlichen Infos aufzusaugen, zu bewerten und einzuordnen. Das gilt selbst für die einzelnen Patches.
Wenn ich mich so zurückerinnere, gab es derlei nicht bei den vorherigen Spielen der Diablo-Reihe, selbst bei WoW nicht, was mich persönlich auch nicht interessiert hat. Blizzard hat hier mit der vergleichsweise direkten Kommunikation über Blogs, Webseite, Facebook und Twitter Neuland betreten und sammelt Erfahrungen. Zum Beispiel diese, dass es nicht gut ist, die Fangemeinde nach Ankündigung des Spiels ein ums andere Mal vertrösten zu müssen.
Ja, wie war es denn früher? Es gab Spielemagazine, Gerüchte, vielleicht einen Freund, der schon einen Internetzugang hatte. Die mediale Präsenz fand fast ausschließlich in den Printmedien statt. Es gab schlicht kaum anderes. Die Informationskanäle waren somit sehr einseitig und vergleichsweise langsam. Wir haben von dem Release eines Spiels erst dann erfahren, wenn es (fast) soweit war und die ersten Werbemittel die Runde machten. Spieleentwicklung war damals eine Black Box. Wir sahen nie wie es funktionierte, welcher Input erforderlich war. Wir sahen immer nur das Ergebnis: Das Spiel out-of-the-box.
Heute gibt es Feedback in zwei Minuten und Infos wo man nur hinschaut.
Das aber erfordert eine neue Kommunikationskultur. Wir haben uns mittlerweile an eine gewisse Durchschaubarkeit, also Transparenz, derartiger Prozesse gewöhnt und damit ist auch unsere Erwartungshaltung gestiegen. Die Spielentwicklung ist im Fall von Diablo 3 keine „Black Box„, sondern ein – mehr oder weniger – transparenter Prozeß, an dem wir teilnehmen und den wir beeinflussen wollen.
Sascha Lobo, der mit den roten Irokesenhaaren, hat es kürzlich bei S.P.O.N. auf den Punkt gebracht:
Heute will man nicht mehr nur wissen, dass etwas passiert, man will wissen, warum und wie es passiert. Geheimnisse sind nur in Ausnahmen erlaubt, Transparenz ist die Regel – und wird längst eingefordert.
Die hohen Kosten früherer Jahre und der Zeitaufwand der Informationsverbreitung sind auf ein Minimum gesunken. Also heißt die Devise: Alles muss raus – so denken jedenfalls die Konsumenten.
Was Blizzard bei dieser Entscheidung -vielleicht- nicht einschätzen konnte und jetzt über die diversen Foren- und Blogbeiträge zu kommunizieren versucht, ist, dass es nicht so einfach ist die Entwicklung eines komplexen Spiels wie Diablo 3 zu betreiben und richtig darzustellen. Es ist, neben allen technischen Bedingungen, ein kreativer Schaffensprozeß, der Zeit und Mühe erfordert und ein ständiges Fortschreiten, auch unter Preisgabe des bisher Erreichten. Wenn sich die Dinge, aus welchem Grund auch immer, verzögern, entsteht – wegen der recht offenen Kommunikation – Unruhe. Dabei sind Verzögerungen nichts Ungewöhnliches. Kein Hahn würde danach krähen, wenn die Infos deutlich spärlicher wären, etwa wie bei vielen anderen Spieleherstellern.
Hat Blizzard also seine eigene Büchse der Pandora geöffnet und wird mit dem Input aus der Fangemeinde und dem Erwartungsdruck nicht fertig? Ist das der Grund, warum Community Manager wie Regierungssprecher klingen und die Entwickler jede Änderung lobpreisen obwohl die vorherige Änderung auch schon gepriesen wurde? Nein. Was jetzt in Patch Zehn eingeführt wurde, war schon früh in der Beta angestoßen. So etwas setzt man nicht in zwei Codernächten um.
Viele Spieler sehen jetzt trotzdem schon wieder oder immer noch Unheil über sich kommen, wobei mit „Unheil“ natürlich eine Releaseverschiebung gemeint ist und eine Schwächung der Spielinhalte. Und erst die Streichungen! Aber gerade Letzteres zündet den Funken Hoffnung, der zur Büchse der Pandora auch gehört: Sie streichen raus, weil es nicht ins Spiel reinpasst und eine Änderung zur Zeit nicht drin ist. Blizzard will den Release ebenso wie wir.
Das sagt natürlich nicht viel darüber aus, wann das Spiel nun endlich rauskommt. Aber es sagt etwas über uns aus: Mit etwas mehr Gelassenheit sollten wir diesen Spruch genießen: „It’s done when it’s done.“