Eurogamer sprach mit Jay Wilson über Diablo 3

Diablo 3Eurogamer traf sich auf der Games Convention mit Jay Wilson, um über Diablo 3 zu sprechen. Aber Diablo 3 war nicht das einzige Thema des Interviews. Eurogamer interessierte sich auch für seine Vergangenheit bei anderen Spieleherstellern, bevor er schließlich für Blizzard arbeitete. Auch erfahren wir etwas über die Einflüsse aus anderen Bereichen auf den Grafikstil von Diablo 3. Das Interview haben wir für euch übersetzt und präsentieren es in voller Länge.

Eurogamer: „Du kamst kürzlich zu Blizzard, um an einem ihrer bedeutendsten Spiele mit zu arbeiten. War das für dich irgendwie furchteinflößend?“

Jay Wilson: „Ja, das war es in der Tat. Es war wirklich lustig als ich zum ersten mal dort ankam, sie hatten jemanden dort, den sie unbedingt einstellen wollten. Derjenige war sehr nervös und und fragte sich, ob er überhaupt gut genug wäre. Aber sie dachten sich: „Wenn wir ihn wollen, muss er wohl gut sein.“ Und wenn ihr die Art des Auswahlverfahrens kennen würdet, wüsstet ihr dass er gut sein musste.

Als ich das erste mal mit Blizzard sprach, habe ich nur versucht, Informationen darüber zu bekommen, wie Blizzard arbeitet. Ich versuchte eigentlich gar nicht den Job zu bekommen, da ich dachte, sie würden mich sowieso nicht nehmen. Also ja, es war furchteinflößend dort zum ersten mal bei Blizzard an meinem heißgeliebten Diablo 3 zu arbeiten. Andererseits hätte ich es gehasst, zu sehen wie jemand anderes das Spiel übernimmt und es dann nicht richtig macht, oder ich hätte es gehasst, dass es gar nicht gemacht worden wäre. Also fühlte ich schon dieses fast verrückte Gefühl der Verantwortung – dass ich das Spiel machen musste, weil es jemand anderer vielleicht nicht tun würde.“

Eurogamer: „Du bist ein Fan der Diablospiele?“

Jay Wilson: „Meine Frau scherzte immer, dass Diablo bei uns schon immer gegenwärtig gewesen wäre. Zum ersten mal habe ich Diablo auf der Rückseite meiner Warcraft II CD-Hülle gesehen und ich habe gedacht „Was ist das?“ und wollte es unbedingt spielen. Ich war ab dem ersten Tag bei Diablo, Diablo 2 und Lord of Destruction dabei und habe mir für jeden Teil davon Tagelang frei genommen. Ich habe wohl so ziemlich jede Klasse durch Hölle gebracht. Ich habe nur einen Hardcore-Charakter gespielt… und ihn verloren. Es war eine Zauberin, der Verlust war so schmerzhaft.“

Eurogamer: „Obwohl du die Spiele so mochtest, gab es etwas das du verbessern wolltest?“

Jay Wilson: „Ja, da gab es einige Dinge, ich denke einige davon werden klar, wenn man sich das ansieht, was wir auf der WWI gezeigt haben. Ich sehe die Diablo-Serie als einen interessanten Mix aus Action und RPG, und als RPG begeisterte es, und es begeisterte nochmehr als Actiongames, aber nicht so sehr, wie es möglich gewesen wäre. Was es sehr gut machte waren die Drops, das Suchtpotential.

Aber trotzdem fehlte dem Spiel als Actiongame noch etwas. Man hatte einen Charakter mit nahezu unendlich viel Leben, unendlich viel Kraft, der schneller laufen konnte als alles andere in dieser Welt. Das einzige, was man gegen solche Charaktere tun konnte, war sie zu töten. So war es in Diablo 2 – man spielte, hatte Spaß und aus dem nichts war man plötzlich tot. Das war der einzige Zeitpunkt, an dem das Spiel wirklich eine Herausforderung war. Aber mit solchen harten Momenten konnte man dem Spieler auch schnell die Lust verderben. Also war es unser Zeil, das Spiel zu einer Herausforderung zu machen, ohne den anfang des Spiels zu schwer zu machen.

Durch unser neues System, Leben zurück zu gewinnen, haben wir die Möglichkeit, das Spiel fordernd zu machen, ohne zu starke Monster – das ist gut, weil es bedeutet, dass ein Monster eine Bedrohung ist, weil es dich niederwerfen, dich verlangsamen, dich in eine Falle locken kann, aber gleichzeitig nicht so viel Schaden macht. Wir versuchten, davon weg zu kommen, dass der Schaden die einzige Bedrohung ist. Wir haben versucht, ein System zu schaffen, in dem Verlangsamung und die Art, wie man Leben zurück gewinnt dadurch beeinflusst wird, wo man gerade steht. Das eröffnet neue taktische Möglichkeiten.“

Eurogamer: „Ich denke mal, da kommen die Inspirationen beim Gegnerdesign aus WoW und Zelda ins Spiel, die du mal erwähntest…“

Jay Wilson: „Oder God of War. Solche Spiele gehören zu meinen Favoriten. Es wäre toll, wenn wir Bosse hätten, die nicht nur unglaublich viel Leben hätten und lächerlich hohen Schaden machen. Es gibt Monster, die bei einem gewissen Prozentsatz ihres Lebens eine Heilsphäre fallen lassen, oder Monster, die nur dazu da sind, Heilsphären fallen zu lassen. Wenn man also bei einem Boss hat, der einem zusetzt und ein paar kleinere Monster, die kontinuierlich Heilsphären fallen lassen, so ist das ein weitaus interessanterer Kampf als in den bisherigen Diablospielen. Und das ist nur das Minimum von dem, was wir machen können.

Auf der Rollenspielseite haben wir uns dann mehr auf die Story konzentriert. wir wollen, dass die Leute die Story ignorieren können, wenn sie denn wollen. Dennoch wollen wir eine fesselnde Story, die mit vielen gescripteten Events vorangetrieben wird, die besser geformt und interessanter ist. Außerdem wollen wir ein paar Elemente, die dem Spieler das Gefühl geben, in einem echten Rollenspiel zu sein. Der Unterschied zwischen dem ehemaligen Blizzard North und dem, was wir manchmal Blizzard South nennen,ist, dass wir bei Blizzard South mit unserem Creative Director Chris Metzen ein wenig mehr auf die Story achten. Das ist eines der Dinge, auf die ich viel Wert lege.

Eurogamer: „Ich muss dich auch noch über den Grafikstil befragen – ich weiss, ihr werdet ihn nicht ändern – aber bist du überrascht, dass 50000 Leute in einer Petition dagegen waren?“

Jay Wilson: „Ja, aber das ist eine anonyme Petition, ich traue der Zahl nicht wirklich. Ich glaube es ist eine Minderheit, die den Grafikstil nicht mag. Und ich glaube wenn sie später das Spiel sehen, werden sie einsehen, dass sie sich getäuscht haben. Es war bei Diablo 2 genau so, die Leute haben eine viel zu selektive Erinnerung. Als Diablo 2 kam, wurde auch gesagt, es sei zu bunt und hell im Vergleich zum ersten Teil.

Wir haben ja einen dunkleren Look ausprobiert und das Spiel war einfach langweilig, es war schwer, Gegner auseinander zu halten, es fühlte sich einfach nicht spaßig an. Wir waren nicht überrascht, dass es eine solche Reaktion gab, da wir ja selber lange mit dem Grafikstil gerungen haben, wir hatten regelrechte Kämpfe im Team. Heutzutage sind alle damit zufrieden, weil wir durch diesen Prozess gegangen sind. Wenn alle unsere Fans diesen Weg mitgegangen wären, würden sie auch sagen „Ich verstehe warum ihr das gemacht habt.“

Eurogamer: „Gab es Zeitpunkte, an denen ihr zu viele Inovationen eingebracht hattet und Diablo einfach nicht mehr Diablo war, die ihr dann rückgängig machen musstet?“

Jay Wilson: „Nicht wirklich. Wir waren sehr vorsichtig und ich glaube das sollten wir manchmal nicht. Ich weiss, manche Leute mögen es nicht, wenn ich diese Serie als Vergleich heranziehe, weil es halt Zelda ist und Zelda auch diesen Comiclook hat. Aber manchmal hat es ihn eben nicht, manchmal wirkt es sehr realistisch. Es hängt bei jeder Version des Spiels davon ab, wie der Grafikstil ist und in welche Richtung sie gehen wollen.

Ein anderes Beispiel ist das neue Battlestar Galactica, welches sich sehr von den alten Versionen unterscheidet, aber niemand würde sagen, dass es deswegen schlechter ist. Sie nehmen viel von früher, dass es zu Battlestar Galactica macht, aber sie machen genug neues, dass es zu etwas Eigenem macht. Das ist etwas, dass auch wir vorhaben.

Eurogamer: „Warum glaubst du, haben so wenige RPGs die isometrische Perspektive gewählt und warum haltet ihr daran fest?“

Jay Wilson: „Ich denke, Leute verwechseln die Kameraposition mit Technologie. Viele Leute sagen – auch ein paar v
on uns sagten das – warum wir überhaupt eine 3D-Engine nutzen, wenn wir doch sowieso die Isometrische Perspektive nutzen? Das macht für mich keinen Sinn. Viele Leute sahen das als eine technische Entscheidung, wir sahen es als eine Gameplay-Entscheidung.

Da unsere Industrie eine sehr technische ist, sie auf Inovationen aus ist, ist da dieser Druck sich immer weiter zu entwickeln. Ja, wir wollten uns auch weiterentwickeln, aber die Kameraposition hat doch damit nichts zu tun. Die Kameraposition ist eine Frage des Gameplays und in Bezug auf RPGs eine recht unerforschte Frage. Sie ist so unerforscht, aber so wichtig.

Das ist der Fehler den meiner Meinung nach viele Entwickler machen. Sie kümmern sich nicht zuerst um das Spiel, sondern um die Technik. Sie entwickeln ein Spiel über die Technik, die Engine oder die Cutscenes die sie haben wollen. Andere fragten uns, ob das nicht unsere Ausmaße und Bandbreite bei Diablo 3 beschränken würde. Dafür haben wir die Cutscenes, dafür machen wir sie, so dass das Spiel sein kann, wie es sein soll.

Also nein, es gab nie Zweifel. Es gab nie einen Zweifel, dass wir die isometrische Perspektive beibehalten, es wurde nichtmal in betracht gezogen, weil es ja immer noch Diablo sein musste. Das war für mich eines der Dinge – Leute kommen, sehen die Grafik und sagen „Oh, das ist aber nichtmehr Diablo!“ – wäre die Perspektive nicht mehr isometrisch, würde ich ihnen recht geben.“