Itemshops – Fluch oder Segen?

ItemshopItemshops spalten seit Jahren die Community. Wer den heutigen Zustand von Diablo 2 Lord of Destruction im Battle.net kennt und auf die Anfänge von Diablo 2 zurückblicken kann, erhält eine Vorstellung davon, wie sehr sie die Entwicklungen auf dem ingame-Markt verändern. Obwohl die Shops von vielen Spielern verflucht werden, ist deren Kundschaft dennoch so groß, dass sich regelrechte Wirtschaftszweige daraus entwickelten, die sogar internationale Ausmaße vorweisen. Darunter leidet nicht nur das von den Spiele-Designern entworfene Gameplay. Auch im sozialen Gefüge der Online-Communities hinterlassen Itemshops ihre Spuren und ließen in Vergangenheit ebenso wie das Nutzen von Cheats oder Hacks schon so manche ingame-Freundschaft zerbrechen.

ItemshopDer Hilflose Versuch der Spielehersteller, Itemshops oder Auktionen mit virtuellen Gegenständen zu verbieten, um ihre Spiele und Spieler zu schützen, verpufft nahezu wirkungslos. Die Nutzungsbedingungen der Online-Spiele sind rechtlich kaum durchzusetzen. Der Verkauf virtueller Güter beispielsweise in Deutschland und China wird unvermindert fortgeführt. Unter welchen Bedingungen chinesische Spieler von dieser Wirtschaftsmacht ausgebeutet werden, darüber schweigen sich die Rechtsgelehrten aus. Eine Besserung ist nicht in Sicht.

Dessen ungeachtet stehen Itemshops nach wie vor hoch im Kurs. GigaTV führte kürzlich ein Interview mit Andreas Herken, Geschäftsführer eines der Größten Itemshops der Branche. Auch wenn sich das Interview um World of Warcraft dreht, so sind die Aspekte auf Diablo 2 nahezu 1:1 übertragbar. Die durchaus interessanten Antworten und Ansichten des Itemshop-Betreibers wollen wir euch deshalb nicht vorenthalten.

Uns interessiert eure Meinung zu Itemshops. Wie sehr beeinflussen sie den ingame-Markt und welche Auswirkungen haben sie auf das Spiel an sich und auf die Community? Sind die positiven Aspekte, die Andreas Herken im Interview nannte, für euch nachvollziehbar und seid ihr selbst Kunde bei einem Itemshop? Welche Zukunft steht Diablo 3 bevor?

GigaTV: Du bist Geschäftsführer eines der größten Unternehmen, die es so gibt, die eben tatsächlich virtuelles Geld in Spielen wie z.B. World of Warcraft, aber auch anderen MMOs generieren, um es dann für echtes Geld an den Mann zu bringen. Wie kommt man dazu, wie geht das Ganze los?

Herken: Also im Grunde genommen hat’s angefangen vor vier Jahren, ganz klein. Man ist einfach auf die Idee gekommen…braucht es überhaupt jemand? Man hat’s angeboten und da war einfach eine Nachfrage da. Also im Grunde genommen, wie jedes Geschäft losgeht, gar nicht erst ganz bewusst einfach da einzusteigen, sondern der Markt war da und dann kam er.

GigaTV: Und dann hast du die ersten WoW-Goldtaler selbst erspielt und an den Mann gebracht? War das ein Ein-Mann-Unternehmen?

Herken: Also wir haben natürlich angefangen, das erstmal selber zu erspielen, klar. Das ist aber nur bis zu einem gewissen Bereich überhaupt möglich. Und ich mein, das ist ja heute wirklich Tagesthema. Also das Gold wird heute nicht mehr in Europa erspielt. Das liegt einfach an den Preisen, die wir in Deutschland haben, oder generell in Europa – es kommt aus China. In China sitzen wirklich die Spieler, die das Gold erspielen.

GigaTV: Und wo bekommt ihr das Geld dann her? Gibt’s dann andere Firmen in China, von denen ihr das dann direkt bezieht oder arbeiten tatsächlich in China Leute für euch?

Herken: Nein, wir kaufen es wirklich in China ein.

GigaTV: Das heißt, bei einem Zwischenhändler oder so?

Herken: Genau. Es geht aber noch weiter, dass wir in Grunde genommen für die Chinesen einen Vertrieb hier in Europa aufgemacht haben. Das heißt wir haben also feste Partner. Wir kaufen nicht irgendwo, wie man so schön sagt, sondern wir haben feste Partner, vertraglich gebunden. Und wenn bei uns jemand etwas kauft, dann suchen wir den Chinesen dazu passend, der es hat.

GigaTV: Das heißt, ihr seid irgendwo dann auch ein Vermittler.

Herken: Wir sind Vermittler, ja.

GigaTV: Ich hab‘ mal in die Terms of Use geschaut, bei Blizzard, bei World of Warcraft und da würde ich gerne mal einen kleinen Ausschnitt draus vorlesen. Da steht: Sie stimmen zu, dass Sie unter keinen Umständen Gold, Waffen, Rüstungen oder andere virtuelle Gegenstände, die in World of Warcraft benutzt werden, außerhalb der World of Warcraft-Plattform für echtes Geld zu kaufen oder zu verkaufen oder zu tauschen.
Das steht jetzt also in den Terms of Use und da ist ja immer die Frage, wie legal ist das eigentlich, was ihr da macht?

Herken: Also ich sag mal andersherum. Wenn es illegal wäre, dann hätte man uns schon lange verboten. Also es ist…es ist vielleicht nicht richtig und ich sag mal, manche Spieler regen sich auch darüber auf, aber es ist nicht in dem Sinne verboten. Es ist kein illegales Geschäft, wie es oft in manche Medien dargestellt wird.

GigaTV: Das heißt, diese Nutzerbedingungen, die die Publisher und Spielehersteller so ausgeben sind ja meistens nicht rechtlich verbindlich, sondern das sind erstmal deren Ansagen, das heißt…

Herken: Das ist das, was sie gerne hätten, aber es hat keine rechtliche Bindung.

GigaTV: Das heißt, es hat noch nie ein Anwalt bei euch angeklopft, der sagt, lasst das sein, sonst gibt’s Ärger?

Herken: Nein, ist nie passiert.

GigaTV: Ist noch nie passiert. Das ist also die rechtliche Seite. da gibt’s natürlich jetzt auch ein paar moralische Aspekte, was das Spiel an sich angeht. Viele Leute sagen, das verwässert das, das Währungssystem wird da so ein bisschen aufgebrochen, wenn jetzt Leute plötzlich mit Rüstungsteilen rumlaufen, die sie sich nicht erspielt haben, die machen das Spiel kaputt. Was sagst du dazu?

Herken: Gut, man muss sich einfach mal jetzt unsere Kundenstruktur anschauen. Wir wissen jetzt ja auch, wer bei uns kauft. Man muss wirklich sagen, unsere Kundenstruktur fängt im Grunde genommen beim 25jährigen an, geht heute bis weit in den 30er Bereich, fast in den 40er Bereich. Also die Spieler werden älter. Und jetzt muss man einfach mal sich fragen: können diese Spieler, die jetzt wahrscheinlich den ganzen Tag arbeiten, Familie haben, überhaupt in diesem Spiel mithalten – zeitlich – also einfach das, was sie leisten können und spielen können, oder müssen sie nicht im Grunde genommen, wenn sie mitspielen wollen in ihrer Gilde auch darauf zurückgreifen, sich ab und an mal 1000 Gold zu kaufen?

GigaTV: Das heißt, was ihr eigentlich anbietet ist, den nervigen Teil des Spiels, dieses Farming, was ja doch recht monoton ist bei vielen Spielen, dieses Geld sich erarbeiten, das fällt dadurch weg und man kann sich mehr dem eigentlichen Spiel widmen und hat dadurch mehr Spaß.

Herken: Genau. Ich finde eigentlich schön, dass du das auch sagst, weil dieses Gold Farming, also das, was du selber brauchst, ist ja wirklich der nervige Teil von diesem Spiel. Und es ist ja auch der Teil, der fürchterlich Zeit frisst. Ich sag mal, ein Familienvater oder jemand der mit 30 Jahren voll im Berufsleben steht, der möchte nicht den ganzen Sonntag dann da sitzen und im Grunde genommen, sich sein Gold erspielen, wobei es ja fast gar kein Erspielen ist, es ist ja fürchterlich monoton.

GigaTV: Das ist ja jetzt ein Argument. Was kostet denn jetzt so 1000 Gold bei World of Warcraft?

Herken: Also wir liegen im Moment bei Randy Run ungefähr bei 6,99 für 1000 Gold, wobei das natürlich server-abhängig ist. Das sind wirklich Marktpreise. Stell es dir so vor, du willst mitten zu Weihnachten Tomaten haben, dann sind sie teurer, als jetzt im Sommer. Also es sind wirklich Marktpreise, so wie die Goldvorräte grad in China halt sind. Es wechselt täglich.

GigaTV: Das heißt, es gibt wie an der Börse tatsächlich einen Tagespreis?

Herken: Es gibt einen Tagespreis. Es geht sogar noch weiter, dass wir im Drei-Stunden-Rhythmus ein Preis-Update fahren, je nachdem, wie die Lagerbestände in China gerade sind.

GigaTV: Und wie schnell wird das Geld dann geliefert, wenn es einmal bestellt ist?

Herken: Also die Normalbestellung – und dazu muss man auch mal sagen, die Normalbestellung sind bei uns 2000 Gold, also diese 15.000er Bestellungen und was da immer gesagt wird, die, die kaufen, kaufen gleich riesige Mengen, – das ist eigentlich gar nicht unser Tagesgeschäft. Ich sag mal, so eine 2000er Bestellung ist innerhalb von 24 Stunden durch.

GigaTV: Das ist schneller, als bei der Deutschen Post, auf jeden Fall.

Herken: Das ist wieder der Vorteil von Online.

GigaTV: Das ist richtig. Eine Sache, die man immer mal wieder von so Core Gamern hört, von Leuten die World of Warcraft wirklich exzessiv spielen, ist die Frage: Diese Top Gilden, diese wirklich großen professionellen Gilden, die eigentlich den ganzen Tag nichts anderes machen, außer raiden, die haben eigentlich gar nicht die Zeit, um an Geld zu kommen. Und diese großen Gilden sagen dann wiederum, sie würden nie im Leben Geld kaufen. Nun steht aber bei dir auf der Website in der Beschreibung, dass du beste Beziehungen auch zu Profi-Gamern hast. Kannst du uns verraten, wie ist denn das da im World of Warcraft-Spitzensport? Kaufen die Leute bei dir auch Geld?

Herken: Auch da wird Geld gekauft. Vielleicht nicht so oft, wie bei den mittelmäßigen Spielern, aber auch da wird ab und an, ich sag mal, nachgeholfen.

GigaTV: Also ein bisschen wie Doping im Radsport. Man redet nicht drüber aber man tut es.

Herken: Schönes Beispiel, aber ja, kann man wirklich so sagen.